Sie bringt Müllberge zum Schrumpfen

Sabine Obermeier koordiniert das Projekt „Zero Waste“ bei der Stadt Regensburg. Ziel ist, den Abfall langfristig um stolze 80 Prozent zu verringern.

Fotografie: Sabine Obermeier mit einem Dampfbügeleisen in der Hand Geräte wegwerfen, nur weil sie schon älter sind? Sabine Obermeier möchte dazu beitragen, dass das in Regensburg künftig seltener vorkommt. © Stadt Regensburg, Bilddokumentation

6. August 2025

„Ich habe das, was mich interessiert, zum Beruf gemacht“, sagt Sabine Obermeier. Umwelt und Naturschutz sind ihre Steckenpferde. Zuhause in Straubing pflegt sie einen großen Garten, baut Obst und Gemüse selbst an, aber auch Rosen blühen in ihren Beeten. Dass sie sich beruflich einmal mit Natur und Nachhaltigkeit beschäftigen würde, war zunächst alles andere als offensichtlich. Nach ihrem Realschulabschluss absolvierte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau. „Mir war aber schnell klar, dass es nicht das ist, was ich mein Leben lang machen möchte.“ Auf der Suche nach einem Job, der mehr mit ihren Interessen zu tun hat, holte sie das Abitur nach und studierte an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf Umweltsicherung. „Der Studiengang beinhaltet sowohl ökologische als auch technische Fächer“, erklärt die Umweltingenieurin. Vor allem die Letzteren faszinierten sie. „Im Hauptstudium habe ich deshalb meinen Schwerpunkt auf Abfallwirtschaft gesetzt.“ Für ihre Bachelorarbeit untersuchte sie bei einem großen, in Regensburg ansässigen Industriebetrieb den Umgang mit Kunststoffabfällen. „Das Unternehmen hatte sich an den Workshops beteiligt, die die Stadt Regensburg damals zum Thema Müllvermeidung durchgeführt hat, und wollte sich der Frage wissenschaftlich nähern“, erklärt Obermeier. Nach dem Bachelorabschluss begann sie ein Masterstudium der Wirtschaftswissenschaften. „Parallel habe ich aber schon einmal nach Stellenangeboten Ausschau gehalten, die mich interessieren würden.“ Die Ausschreibung der Stadt Regensburg für die Projektkoordination „Zero Waste“ traf genau ins Schwarze. Die heute 27-Jährige bewarb sich und bekam die Stelle. Ihr Masterstudium führt sie seitdem berufsbegleitend weiter.       

Weiterverwenden statt wegwerfen

Fotografie: Sabine Obermeier vor den absperrbaren Fächern der Annahmestelle für gebrauchte Laptops auf dem RecyclinghofDie Annahmestelle für gebrauchte Laptops auf dem Recyclinghof wurde bereits neu gestaltet. © Stadt Regensburg, Bilddokumentation

Nach der letzten Erhebung im Jahr 2021 erzeugt jeder Regensburger und jede Regensburgerin im Schnitt 578 Kilo Abfall im Jahr. 266 Kilo davon sind Restmüll und 312 Kilo Wertstoffe. Im Rahmen des Projekts „Zero Waste“ hat die Stadt sich vorgenommen, diese Mengen deutlich zu reduzieren, als Fernziel steht eine Abfallmenge von 50 Kilo pro Person und Jahr im Raum. Um sich diesem ehrgeizigen Ziel zu nähern, brauche es ein Umdenken, ist sich Obermeier sicher. „Wir müssen unser Konsumverhalten hinterfragen. Schmeiße ich zum Beispiel ein Elektrogerät weg, nur weil es schon älter ist, oder nutze ich es weiter? Es ist wichtig, dass wir uns über solche Fragen überhaupt erst einmal Gedanken machen.“ Vordringlich sei deshalb, das Thema Abfall und Abfallvermeidung in die Öffentlichkeit zu bringen, Alternativen zum Wegwerfen aufzuzeigen und es den Menschen so einfach wie möglich zu machen, diese Alternativen auch zu nutzen. Zum Beispiel am Recyclinghof in der Markomannenstraße: Gut erhaltene Gegenstände wandern dort in die Flohmarkthalle, um für kleines Geld neue Besitzer zu finden und noch möglichst lange weiterverwendet zu werden. „Dieses Angebot wollen wir künftig noch bekannter und attraktiver machen“, betont Obermeier. Gerade wird der Verkaufsraum so umgebaut, dass die Waren besser präsentiert werden können. „Dabei verwenden wir Regale, die in der Stadtbücherei ausgemustert worden sind und die auf diesem Wege ein zweites Leben erhalten.“ Bereits fertig ist die neu gestaltete Annahmestelle für Laptops im Recyclinghof. In Zusammenarbeit mit dem Verein Computerspende e.V. sammelt die Stadt hier gebrauchte, funktionsfähige Laptops und Zubehör. Der Verein bereitet die Geräte auf und gibt sie an Menschen mit geringem Einkommen und gemeinnützige Organisationen weiter. „Eine tolle Möglichkeit, Ressourcen zu sparen und gleichzeitig etwas Gutes zu tun“, so Obermeier. Auf lange Sicht ist geplant, die Flohmarkthalle zu einer Kreislaufwirtschaftshalle umzubauen, mit mehr Platz für den Flohmarkt, für Partnerschaften mit gemeinnützigen Organisationen und für Veranstaltungen rund um die Themen Recycling und Upcycling.

Von der Abfall- zur Zero-Waste-App

Grafik: Drei Piktogramme zeigen, was in die Restmülltonne, in die Papiertonne und in die Biotonne geworfen werden darf. Piktogramme zeigen, was in die Restmülltonne, in die Papiertonne und in die Biotonne geworfen werden darf. © Stadt Regensburg

Auch die Abfall-App soll perspektivisch erweitert und zu einer Zero-Waste-App werden. Die bisherigen Funktionen – Entsorgungsterminkalender, Containerstandorte und Abfall-ABC – werden dabei um Auskünfte zu verpackungsfreien Läden und weiteren Zero-Waste-Orten im Stadtgebiet ergänzt. Angedachte Rubriken sind etwa „gebraucht Kaufen“, „Reparieren“, „Tauschen und Leihen“ sowie „Essen und Trinken“. Bereits im Einsatz sind Piktogramm-Aufkleber für Restmüll-, Papier- und Biotonnen, die zeigen, was wo eingeworfen werden darf. Informationen zur Mülltrennung und -vermeidung wurden auch in der Integreat-App ergänzt. Diese App richtet sich an Menschen, die neu nach Deutschland gekommen sind, und stellt alle wichtigen Infos zum Start in Regensburg in 16 Sprachen zur Verfügung. „Es ist wichtig, die Menschen mitzunehmen und sie dort zu erreichen, wo sie unterwegs sind“, sagt Obermeier. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit Vereinen und Institutionen. So hat der Umweltausschuss des Stadtrats im Juli 2025 beschlossen, eine Motivationserklärung mit dem Verein foodsharing e.V. zu unterzeichnen, der sich gegen Lebensmittelverschwendung einsetzt. Ebenfalls in Arbeit ist eine Ausweitung der Biomüllsammlung. Ein zusätzliches Fahrzeug zur Entleerung der entsprechenden Tonnen ist bereits bestellt und soll bis Jahresende geliefert werden.

Zero Waste ist ein Gemeinschaftsprojekt

Fotografie: Eine braune Biotonnen steht vor einer HeckeDie Biomüllsammlung soll ausgeweitet werden. © Stadt Regensburg, Bilddokumentation

Sabine Obermeier ist als Projektkoordinatorin eine Team-Playerin. „Die Maßnahmen lassen sich nur zusammen mit den jeweils zuständigen Stellen umsetzen. Dabei erfahre ich zum Glück sehr viel Unterstützung“, betont sie, „und das nicht nur im Amt für Kreislaufwirtschaft, Stadtreinigung und Flottenmanagement, dem mein Projekt zugeordnet ist.“ Eine enge Zusammenarbeit besteht mit der Abfallberatung des Umweltamts, je nach Thema sind aber auch Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ämtern und Dienststellen beteiligt. Aktuell arbeitet Obermeier zum Beispiel mit dem Vergabeamt daran, den städtischen Leitfaden „Nachhaltige Beschaffung“ um Zero-Waste-Kriterien zu erweitern. „Zero-Waste lebt davon, dass die Bürgerinnen und Bürger mitmachen – aber wir müssen als Stadt schon auch mit gutem Beispiel vorangehen“, ist sie überzeugt. Wichtig sei darüber hinaus der Erfahrungsaustausch mit anderen Kommunen, „weil wir alle vor ähnlichen Herausforderungen stehen“.
Müllvermeidung ist ein sprichwörtlich weites Feld. Es gibt unzählige Ansatzpunkte und es braucht eine Vielzahl unterschiedlichster Maßnahmen, um am Ende einen Erfolg zu sehen. Sabine Obermeier lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Ich nehme mir Stück für Stück vor, was zu tun ist.“ Auf die Frage, was sie motiviert, hat sie eine klare Antwort: „Die Möglichkeit, etwas anstoßen und verändern zu können! Ich muss mich bei meiner Arbeit nicht auf ein bestimmtes Produkt fokussieren, sondern ich darf das Gemeinwohl im Blick haben. Und ich arbeite an Themen, die mich auch persönlich interessieren und beschäftigen.“  

Text: Katrin Butz

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