Der Regensburger Haidplatz – Wo Italien grüßen lässt
Der Haidplatz mit seinen mehr als 1.500 Quadratmetern gilt als der Regensburger Platz mit dem meisten Italien-Flair – und das liegt nicht nur daran, dass man hier gemütlich Kaffee trinken und Pizza und Pasta essen kann.

21. Oktober 2025
Er ist steinern wie Plätze in Siena oder Pisa, auf ihm wird sommers wie winters gerne gefeiert und er ist umrahmt von prächtigen, denkmalgeschützten Gebäuden aus mehreren Epochen. Wo heute beliebte Stadtfeste stattfinden und Millennials ihr Eis schlecken, kämpften früher Ritter bei großen Turnieren, trieben Gaukler ihre Späße und Marktleute verkauften lautstark ihre Waren.
Hier soll sich auch das berühmte Turnier zwischen Hans Dollinger und dem auswärtigen Ritter Craco zugetragen haben. Diese mehr als 1.000 Jahre alte Sage erzählt, dass der inhaftierte Bürger Dollinger den Kampf gegen den heidnischen Ritter gewinnen konnte, nachdem ihm König Heinrich geküsst haben soll. Der Wahrheitsgehalt darf jedoch heute angezweifelt werden.

Fest steht hingegen: Musiker, Gaukler und andere Schausteller zeigten hier über viele Jahrhunderte hinweg gerne, was sie draufhaben. Überliefert ist etwa dieses Spektakel aus dem Jahr 1673: Der Seiltänzer und Augenarzt Charles Bernovin wollte – umrahmt von Feuerwerk, das an ihm selbst befestigt war – den Platz vom Goldenen Kreuz zur Neuen Waag überqueren. Leider misslang die Show gründlich: Bernovin starb dabei.
Im Mittelalter dagegen lag der heute zentrale Platz noch jenseits der eigentlichen Stadt und war nicht viel mehr als eine bewachsene Heide – daher stammt auch sein Name. Erstmalig erwähnt wurde der Begriff „in der Haid“ 1147. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit kamen die meisten Gebäude am Platzrand hinzu.

Wo Regensburgerinnen und Regensburg sowie Touristen aus aller Welt gerne ihren Kaffee trinken, treffen sich Menschen schon seit dem 13. Jahrhundert. Die 1250 erbaute Patrizierburg Goldenes Kreuz, die heute u. a. ein Hotel und Café beherbergt, ist historisch besonders bedeutsam. Könige und Kaiser gaben sich in dem angesehenen Haus früher die Klinke in die Hand, auch wichtige Ministerkonferenzen wurden hier abgehalten. Im 16. Jahrhundert schliefen und feierten hier Diplomaten des Reichstages. Der prominenteste Gast des Goldenen Kreuzes, Kaiser Karl V., soll hier mit Barbara Blomberg seinen unehelichen Sohn Don Juan d´ Austria gezeugt haben: Dieser hat später die Seeschlacht von Lepanto gewonnen und ging als „Bezwinger“ der Türken in die europäische Militärgeschichte ein.
Seine heutige Gestalt erhielt das Goldenen Kreuz im 19. Jahrhundert. Auch Bayernkönig Ludwig I. war hier übrigens mehrfach Gast – etwa 1842, zur Eröffnung der Walhalla, die er erbauen ließ. Auch große gesellschaftliche Ereignisse im späten 19. Jahrhundert wie die sogenannten Kreuzbälle spielten sich hier im Festsaal im 1. Stock ab.

Neben dem Goldenen Kreuz befindet sich das klassizistische Thon-Dittmer-Palais. Dieses Gebäude entstand in zwei Abschnitten zwischen 1781 und 1785 sowie 1808/1809 aus zwei mittelalterlichen Hausburgen. 1856 von der Kaufmannsfamilie Dittmer in den Besitz der Stadt übergegangen, war es erst das Zuhause von Schulen und bis 1975 einer Feuerwache im Innenhof. Heute sind dort u. a. die Stadtbücherei, die Volkshochschule und das Theater am Haidplatz untergebracht. Im Renaissance-Arkadenhof finden regelmäßig Konzerte oder Theateraufführungen statt.

Wo heute das Verwaltungsgericht mit dem vielleicht schönsten Gerichtssaal tagt, ging früher die bekannte und reiche Patrizierfamilie Gumprecht ein und aus. Sie gelten als die Erbauer der neuen Waag. Ab 1441 beherbergte sie die Stadtwaage und die „Herrentrinkstube“. 1541 fand hier außerdem das berühmte Religionsgespräch zwischen Philipp Melanchthon und Johannes Eck statt. 1782 wurde der klassizistische, über zwei Geschosse reichende Napoleonsaal eingebaut, bis 1873 war hier die reichsstädtische Bibliothek untergebracht. Im Krieg wurde die Neue Waag durch Bomben schwer geschädigt. Seit 1960 ist das Gebäude wieder nutzbar.

Im Süden des Platzes steht die Arch, eine gotische Hausburg. Ihren Namen trägt sie vermutlich daher, dass hier früher eine Uferbefestigung, eine „Arch“, am damals noch vorbeifließenden Vitusbach war. Auch die Form des Gebäudes erinnert von Westen an ein Boot. Als früheste Besitzer sind Otto Woller († 1377) und Stephan Notangst († 1427) bekannt. Daneben schließt sich das sogenannte Bruderhaus an. Dieses Gebäude stellt Notangst zwölf alten Handwerkern als Wohnort zur Verfügung – quasi die Vorstufe der heutigen evangelischen Bruderhausstiftung. Später gehörte auch dieses Gebäude der Patrizierfamilie Gumprecht.
Wichtiger Handelsplatz

Für den Handel spielte der Haidplatz seit dem 9. Jahrhundert eine große Rolle, weil er an der Hauptverbindungstraße nach Westen lag. Fest steht: Im 14. Jahrhundert war er Marktplatz für Gemüsegroßhändler. Später wurde er auch von Anliegern genutzt. Von 1825 bis ins 20. Jahrhundert fand hier der städtische Getreidemarkt statt. Auch ein Nebenarm des Vitusbachs verlief hier, was sich günstig auf die Ansiedlung von Märkten ausgewirkt haben soll. Den Justiziabrunnen in der Mitte des Platzes gibt es seit der Mitte des 17. Jahrhundert. Er wurde damals von Leoprand Hilmer im Zuge Erneuerung der Wasserversorgung der Stadt errichtet. Er zeigt Justizia mit ihren Attributen Schwert und Waage. Wasser führt er schon lange nicht mehr.

Bis ins 20. Jahrhundert fuhren hier noch Autos, Busse und die Straßenbahn. Bis in die frühen 1980er-Jahre diente der schöne Platz außerdem als Parkplatz, bis er im Zuge der Verkehrsberuhigung der Altstadt umgestaltet wurde. Seitdem ist der Haidplatz wieder ein zentraler Ort für Feste, Konzerte oder öffentliche Veranstaltungen.
Text: Claudia Biermann
Die Reihe Regensburger Plätze entstand in Kooperation Janina Rummel von der Abteilung Welterbekoordination. Weitere spannende Einblicke in das baukulturelle Erbe von Regensburg Sie unter www.regensburg.de/welterbe.