„Wenn Sport, dann für alle!“
Viele Jahre lang engagierte sich Christian Stache ehrenamtlich für den Behindertensport in Regensburg – bis ihn ein Schicksalsschlag aus der Bahn warf. Doch er kämpfte sich zurück ins Leben, machte sein Hobby zum Beruf und unterstützt nun im Amt für Sport und Freizeit für den Inklusionssport.
Christian Stache
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Bilddokumentation Stadt Regensburg27. November 2025
Umtriebig war Christian Stache schon immer. Nach seiner Ausbildung zum Hotelkaufmann arbeitete er in Hotels und Restaurants, als Nachtportier und in der Verkehrsgastronomie, nebenbei war er als Behindertenassistenz tätig. In seiner Freizeit war er sportlich unterwegs und spielte leidenschaftlich Fußball. „Eines Tages beobachtete ich Frank Reinel, den heutigen Inklusionsbeauftragten der Stadt Regensburg, wie er als Schiedsrichter im Rollstuhl ein Fußballspiel pfiff und dabei unglaublich flink und geschickt über das Spielfeld flitzte. Das hat mich zutiefst beeindruckt“, erzählt Stache.
Dank Christian Stache fanden bereits mehrere internationale Turniere im Blindenfußball in Regensburg statt.
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Bilddokumentation Stadt RegensburgAus dieser Faszination heraus gründete Christian Stache den Verein FC Inter 09 Regensburg e. V., der sich neben dem Fußball in einer Freizeitliga auch dem Inklusionssport verschrieben hat. Inzwischen fungiert der Verein als reiner Inklusionssportverein und bietet unter anderem inklusive Radtouren, Wanderungen, Boccia und Blindenbaseball. Um das Thema Inklusion und Sport für alle sichtbar zu machen, organisierte Stache 2011 in Zusammenarbeit mit Armin Wolf ein Fußballturnier, bei dem behinderte und nichtbehinderte Sportler gemeinsam spielten.
2013 gelang es dem FC Inter 09, den Stadtspieltag der Blindenfußball-Bundesliga nach Regensburg zu holen. „Wir sind bislang der einzige Verein, dem das gelungen ist – normalerweise läuft das über die Kommunen. Dazu bauten wir mitten auf dem Neupfarrplatz einen Fußballplatz auf und konnten uns so über unzählige Zuschauer freuen“, berichtet Stache. Zudem wurde durch sein Zutun die bisher einzige Mannschaft im Blindenbaseball in Deutschland in Regensburg angesiedelt, da hier bei den Regensburger Legionären und deren Liegenschaften die idealen Voraussetzungen gegeben waren. 2018 organisierte er zusammen mit dem FC Inter 09 ehrenamtlich die erste inoffizielle Blindenbaseball-Europameisterschaft mit den Mannschaften aus Italien, Frankreich und Deutschland in der Armin-Wolf-Arena.
Schicksalsschlag mit Folgen
Ein Schicksalsschlag veränderte Christian Staches Leben grundlegend.
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Bilddokumentation Stadt RegensburgDoch 2020 wurde Christian Stache jäh ausgebremst, als ihm ein Schicksalsschlag den Boden unter den Füßen wegzog: „Ich war wegen meiner chronischen Migräne für ein paar Tests im Krankenhaus, als ich mich plötzlich unwohl fühlte. Ich blieb daher über Nacht dort – und als ich wieder aufwachte, konnte ich weder mein linkes Bein noch den linken Arm heben“, erzählt Stache. „Wie sich herausstellte, hatte ich im Schlaf einen Schlaganfall mit Hemiparese (halbseitige Lähmung) sowie einen Kleinhirninfarkt erlitten.“
Darauf folgte eine unfassbar schwere Zeit – zunächst auf der Schlaganfallstation (Stroke Unit), dann in mehreren Krankenhäusern und schließlich eineinhalb Jahren Reha, in der Stache sich unermüdlich Schritt für Schritt zurück ins Leben kämpfte. „Irgendwann realisierte ich, dass ich ein neues Ziel brauche, das mir hilft, das was passiert war, zu vergessen und neu anzufangen. Und da kam schnell der Wunsch auf, meine Leidenschaft für den Behindertensport wieder aufleben zu lassen“, sagt Stache.
Eine ungewöhnliche Lösung
Früh war jedoch klar, dass er durch die Folgen seines Schlaganfalls zu stark eingeschränkt war, um auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Im Austausch mit seinem Therapeuten kam so während der Reha die Idee auf, ein Praktikum im Amt für Sport und Freizeit zu absolvieren, wo er durch sein ehrenamtliches Engagement bereits gut bekannt war. „Ich durfte zunächst ein einwöchiges Praktikum dort machen und wusste sofort – hier bin ich richtig“, so Stache.
Im Austausch mit der Amts- und Abteilungsleitung sowie Frank Reinel kam schließlich die Idee zu einer ungewöhnlichen Lösung auf: Im Rahmen der beruflichen Qualifizierung sollte Stache an einem Außenarbeitsplatz arbeiten und so zwar bei einer Werkstatt für behinderte Menschen angestellt sein, faktisch jedoch im Sportamt arbeiten. „So etwas gab es bisher noch nie. Aber da alle Beteiligten an einem Strang zogen, konnte nach intensiven Diskussionen und Abstimmungen erreicht werden, dass ich zunächst ein zweijähriges Betriebspraktikum absolvierte und seit Juni 2025 nun fest an drei Tagen pro Woche im Sportamt und an zwei Tagen in der Werkstatt der Katholischen Jugendfürsorge im EDV-Bereich arbeite. Ich bin sozusagen der Schneepflug, der dieses Modell erstmalig lebt – und dabei vielleicht sogar den Weg für andere Menschen ebnet“, schmunzelt Stache. „Gleichzeitig bin ich allen Beteiligten, die mir als Mensch mit Behinderung diese Anstellung ermöglicht haben, für das entgegengebrachte Vertrauen, die Unterstützung und die Chance, diesen Weg gehen zu dürfen, unendlich dankbar.“
Durch das Projekt Schichtwechsel entstand eine bis heute andauernde Kooperation.
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Bilddokumentation Stadt RegensburgSchichtwechsel bringt neue Perspektiven
Die Synergien, die sich aus diesem ungewöhnlichen Arbeitsmodell ergeben, wusste der engagierte Mitarbeiter direkt zu nutzen und schlug 2023 das Sportamt als Partner für das Projekt „Schichtwechsel“ vor, bei dem behinderte und nichtbehinderte Menschen für einen Tag den Arbeitsplatz tauschen. Durch den Kontakt entstand eine bis heute laufende Kooperation, bei der die jeweiligen FSJ-Mitarbeitenden des Sportamts einmal pro Woche Boccia in der KJF anbieten – mit so großem Erfolg, dass das Team inzwischen die Teilnahme an den Bayerischen Landesspielen der Special Olympics anstrebt.
Auch die zahlreichen Kontakte aus dem ehrenamtlichen Engagement helfen Christian Stache bei seiner neuen Tätigkeit. Mit leuchtenden Augen und großem Ehrgeiz geht er nun seinen neuen Aufgaben nach, um den Sport für Menschen mit Behinderung in der Stadt Regensburg voranzutreiben und Vereine auf ihrem Weg zur Gründung von Abteilungen für Sport für Menschen mit und ohne Behinderung zu beraten. Zudem arbeitet er unermüdlich daran, weitere sportliche Highlights im Bereich des Behindertensports nach Regensburg zu holen und bei der Durchführung zu unterstützen – so zuletzt geschehen beim 3-Länder-Cup im Blindenfußball 2025, der nur durch seine Fürsprache nach Regensburg kam.
„Ich habe noch viele Träume – aber mein größter ist es, dass der Behindertensport eines Tages die gleiche Aufmerksamkeit erfährt wie der Leistungssport. Es ist so ein einzigartiger Sport und ich ziehe meinen Hut vor der Leistung vieler Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung. Doch als wir damals die Blindenbaseball-EM abhielten, hatten wir rund 200 Zuschauer im Stadion – allerdings nur, weil am gleichen Tag das Halbfinale der Baseball Bundesliga war. Als das gleiche Event im Jahr darauf in Rom stattfand, waren es dort gerade einmal 50 Zuschauer“, klagt Stache. „Das macht mich traurig, da ich einen kleinen Gerechtigkeitsfimmel habe. Ich finde: Wenn Sport, dann für alle!“
Text: Kristina Kraus
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