Interdisziplinäre Zusammenarbeit für eine klimaresiliente Stadt

Mehr Platz für Begrünung, mehr kühl-blaue Ecken und eine höhere Aufenthaltsqualität – das sind Bereiche, um die sich die Erprobungsmaßnahmen drehen, die im Rahmen sogenannter Klimalabore in der Regensburger Altstadt umgesetzt wurden und werden. Diese Klimalabore sind Teilprojekte der REGENSBURG_NEXT-Maßnahme „Resiliente Stadt“.

Fotografie: Eine Frau fährt auf einem Fahrrad vorbei an Stadtmöblierung und Bäumen. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

16. Oktober 2025

Ziel der Klimalabore ist es, Mensch und Umwelt angesichts der Veränderungen durch den Klimawandel besser zu schützen – durch nachhaltig gestaltete Planungs- und Umplanungsprozesse und durch grüne und blaue Infrastrukturen, die unsere Umgebung begrünen, bewässern und verschatten.

Die Herausforderungen der steinernen Stadt

Der Klimawandel und mit ihm die zunehmenden Extremwetterereignisse, wie Starkregen oder Hitzeperioden, stellen unsere Stadt vor immer größere Herausforderungen. Im Bereich der Stadtplanung und des Stadtumbaus bedarf es vor allem im besonders betroffenen Welterbe-Gebiet innovativer und integrierter Lösungen, um unsere Stadt klimaresilient zu gestalten und gut für die Zukunft aufzustellen. Grund hierfür sind ein hoher Versiegelungsgrad, die vorhandene unterirdische Infrastruktur, hohe Anforderungen bezüglich des Status als UNESCO-Welterbe und verschiedensten Nutzungsinteressen: „Klimaresilienz ist eines der wichtigen Zukunftsthemen und im Regensburg-Plan 2040 auch als Top-Thema mit höchster Priorität benannt. Gleichzeitig ist es ein aktuell im Fokus stehendes und sehr breit diskutiertes Themenfeld. Im Rahmen des zurückliegenden Beteiligungsprozesses zur Entwicklung der Smart-City-Strategie wurde deutlich, dass sich die Bürgerinnen und Bürger deutlich mehr Aufenthaltsqualität durch Grün- und Blauräume insbesondere in der Altstadt wünschen. Deshalb haben wir diese Maßnahme in unser Förderprojekt R_NEXT aufgenommen“, erklärt Franziska Meier, Koordinatorin in der Stabsstelle Smart City.

Klimalabore als Erprobungsräume im Stadtgebiet

Wichtiger Bestandteil der Maßnahme „Resiliente Stadt“ sind die sogenannten Klimalabore. Mit ihrer Hilfe soll eine umfassende Informations- und Datengrundlage für klimaresiliente Stadtplanung und künftige Umbaumaßnahmen geschaffen werden: „Bei R_NEXT verfolgen wir immer den Ansatz, verschiedene Lösungsansätze vor einer langfristigen Umsetzung erstmal auszuprobieren. Ziel der Maßnahme ist es, positive klimatische Effekte im Stadtraum, insbesondere in der historischen Altstadt, erlebbar zu machen und negative Effekte abzumildern. Deshalb erproben wir in Klimalaboren verschiedene Klimaanpassungsmaßnahmen, die wir dann datenbasiert auswerten. So können wir feststellen, ob die Maßnahmen an diesem Ort tatsächlich wirken und in den eigentlichen Umbauprozess integrierbar sind. Sollte dem nicht so sein, haben wir nichts gebaut, was nicht den gewünschten Effekt erzielt“, so Meier. „Diese Erprobungen ermöglichen es unseren Fachämtern, Erfahrungen dahingehend zu sammeln, welche Veränderungen nachhaltig den größten Mehrwert für die Menschen in Regensburg bringen. Dadurch können an den richtigen Stellen effektive Maßnahmen umgesetzt werden.“ Großer Vorteil der Klimalabore sei es außerdem, dass die Ergebnisse nach intensiven Beteiligungsphasen, die die Stadtumbauprozesse begleiten, innerhalb einer relativ kurzen Zeit im öffentlichen Raum sichtbar sind: „Für die Bürgerinnen und Bürger werden die Ergebnisse der eigenen Beteiligung durch die prototypische Umsetzung im öffentlichen Raum relativ schnell erlebbar. Die temporären Maßnahmen können dann im Stadtraum erprobt und gegebenenfalls nochmals verbessert werden.“

Fotografie: Klimalabor „PlayFountain“: Für die sensorgestützte Erfassung des Mikroklimas wurde im Sommer 2024 auf dem Nordturm der Neupfarrkirche eine Wärmebildkamera angebracht.Klimalabor „PlayFountain“: Für die sensorgestützte Erfassung des Mikroklimas wurde im Sommer 2024 auf dem Nordturm der Neupfarrkirche eine Wärmebildkamera angebracht. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Die Erprobungszeit für die verschiedenen Klimalabore sei dabei ganz unterschiedlich: „Unser erstes Klimalabor, der Wasserspielbrunnen „PlayFountain“ auf dem Neupfarrplatz, verfolgte im Sommer 2024 eine sensorgestützte Erfassung des Mikroklimas über einen Zeitraum von zwei Monaten.“ Längerfristig angesetzt seien hingegen die „Begrünten Stadtmöbel“, die im Sommer dieses Jahres bereits im Brixner Hof, auf dem Alten Kornmarkt und insbesondere im Obermünsterviertel aufgestellt wurden: „Als Vorgriff auf die ab 2028 geplante Sanierung der Obermünsterstraße und des Obermünsterplatzes sind die Möbel gleichzeitig Teil des Reallabors unseres Stadtplanungsamtes. Neben den Änderungen im Bereich des ruhenden und fahrenden Verkehrs stand dabei auch eine kurzfristige grüne Umgestaltung des Quartiers im Mittelpunkt“, berichtet Meier. Diese Sofortmaßnahmen zur Begrünung des Viertels durch mobile Pflanztröge, neue Sitzgelegenheiten und die „Neue Grüne Oase“ konnten durch das Gartenamt und das Stadtplanungsamt kurzfristig umgesetzt werden. Sie wurden ebenso wie die gesamte ko-kreative Begleitung des Beteiligungsprozesses durch das Labor der kreativen Köpfe im Rahmen des Förderprojekts R_NEXT finanziert und sollen jetzt im Stadtraum erprobt werden: „Im Rahmen dieser Erprobungsphase messen wir sensorbasiert und mittels Befragung, ob die Lösungsansätze funktionieren. Sollte es Probleme geben, können die Möbel flexibel umgestellt und die finale Umgestaltung umgeplant werden.“ Ganz besonders spannend sei dabei auch eine neue Form der Kooperation mit den Menschen im Viertel, denn diese übernehmen mittels sogenannter „Gießpatenschaften“ die Bewässerung und Pflege der neuen Grünräume.

Fotografie: Bepflanzte Sitzgelegenheiten, sogenannte CityDecks, sorgen seit Mai 2025 entlang der Obermünsterstraße oder wie hier am Obermünsterplatz für mehr Grün und laden zum Verweilen ein.   Bepflanzte Sitzgelegenheiten, sogenannte CityDecks, sorgen seit Mai 2025 entlang der Obermünsterstraße oder wie hier am Obermünsterplatz für mehr Grün und laden zum Verweilen ein. © Bilddokumentation Stadt Regensburg
Fotografie: „Von der Idee in die Umsetzung“ – Unter diesem Motto fand Ende März eine Ideenwerkstatt im Rahmen des KlaR-Projekts statt. Sie bildete den Abschluss eines Ideenfindungsprozesses zu Klimaanpassungsmaßnahmen für den Augustinerplatz und den Alten Kornmarkt.„Von der Idee in die Umsetzung“ – Unter diesem Motto fand Ende März eine Ideenwerkstatt im Rahmen des KlaR-Projekts statt. Sie bildete den Abschluss eines Ideenfindungsprozesses zu Klimaanpassungsmaßnahmen für den Augustinerplatz und den Alten Kornmarkt. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Ebenfalls längerfristig angesetzt ist die Umsetzung von Lösungen aus dem Projekt „Klimaanpassung in Regensburg (KlaR)“, das bereits im August 2023 gestartet ist und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gefördert wird. Ziel des Projekts, welches vom Stadtplanungsamt und der Stabsstelle für Klimaschutz und Klimaresilienz betreut wird, ist es, bei der Stadtgesellschaft Vorstellungen und Wünsche für die „klimaresiliente Stadt“ insbesondere über die Ebene der Sinne zu erkunden, sichtbar und für die Stadtplanung nutzbar zu machen: „Zentraler Bestandteil ist der mehrstufige Beteiligungsprozess mit lokalen Akteuren aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und der Öffentlichkeit. Unter Einbezug der so gewonnenen Erkenntnisse sollen neue Lösungen für ein klimaresilientes Regensburg entwickelt und pilothaft umgesetzt werden. Die Fördergelder von R_NEXT werden dann im kommenden Jahr für den Aufbau temporärer Maßnahmen auf dem Alten Kornmarkt und Augustinerplatz genutzt.“

Visualisierung: Urban Canopees bei der langen Bank am NeupfarrplatzDie lange Bank auf dem Neupfarrplatz soll ab Herbst 2025 mithilfe von drei sogenannten Urban Canopees beschattet werden. © 3D-Rendering UC © Urban Canopee Ersteller: Chris Maier | Art Direction, Motion Design & Editing

Weitere Klimalabore, die zeitnah umgesetzt werden sollen, sind die Beschattung der langen Bank am Neupfarrplatz und eine Sprühnebelanlage ebenfalls in unmittelbarer Nähe des Karavan-Denkmals: „Ziel der Labore ist es, die Aufenthaltsqualität auf dem Platz zu verbessern. Dieser ist im Sommer durch die Kombination aus starker Sonneneinstrahlung und fehlender Vegetation besonders von Hitze belastet. Auch hier stehen wir vor der Herausforderung, dass eine dauerhafte Begrünung des Platzes aufgrund unterirdischer Leitungen, des Denkmalschutzes und der Flächenkonkurrenz nicht möglich ist“, so Meier weiter. Das Gartenamt wird hier  sogenannte Urban Canopees installieren, die Schatten spenden, die Umgebung kühlen und so das Mikroklima verbessern. Die modularen, baumähnlichen Strukturen aus Fiberglas werden mit Kletterpflanzen begrünt und können flexibel aufgestellt werden. Ein integriertes, solarbetriebenes Bewässerungssystem ermöglicht es zudem, dass die Pflanzen weitgehend automatisch versorgt werden können. Grün wird es auch im Rennweg, hier werden derzeit zwei Fassaden des städtischen Gartenamts begrünt: „In einem zweiten Schritt werden dort und an weiteren Standorten im Stadtgebiet Bodenfeuchtesensoren angebracht, damit unser Gartenamt die Pflegeprozesse bestehender und neuer Pflanzen datenbasiert planen und ressourceneffizient durchführen kann.“ 

Bewusstseinsbildung für die Themen Klimaschutz, Klimaresilienz und Klimaanpassung

Eine zweite, wichtige Initiative der Maßnahme „Resiliente Stadt“ ist die digital interaktive Ausrichtung des Hitzeaktionsplans, der ab Herbst von der Stabsstelle für Klimaschutz und Klimaresilienz als eine gesamtstädtische Strategie erarbeitet wird. Hierfür leisten unter anderem die Klimalabore und die daraus gewonnenen Daten und Informationen Vorarbeit: „Natürlich ist es wichtig, die Bürgerinnen und Bürger auch durch gezielte Informations- und Kommunikationsmaßnahmen, die – neben vielen anderen kurz- und mittelfristigen Maßnahmen – im Rahmen des geplanten Hitzeaktionsplans vorgesehen sind, für Hitzeschutz zu sensibilisieren“, berichtet Meier. Daher wurden vom Klimaresilienzmanagement bereits ein Flyer und eine Postkarte mit akuten Tipps gegen Hitze entworfen, weitere Informationsmaterialen folgen im Zuge der Bearbeitung des Hitzeaktionsplans. Gemeinsam mit dem Geodatenservice im Amt für Stadtentwicklung erstellt die Klimaresilienzmanagerin gerade eine Karte der kühlen, öffentlich zugänglichen Orte im Regensburger Stadtgebiet, an denen man sich an heißen Tagen auf unterschiedliche Art und Weise abkühlen kann. Neben Grünanlagen, Brunnen, Bademöglichkeiten und kühlen Gebäuden sollen hier auch die kostenlosen Trinkwasserbrunnen in Regensburg verortet werden. Die seitens der Stadt bereitgestellte Grundkarte soll durch einen interaktiven Beteiligungsprozess auf mein.regensburg.de von den Bürgerinnen und Bürgern erweitert werden, um künftig dabei zu helfen, kühle Orte zu finden, an denen man der Hitze entfliehen und verweilen kann.

„Der Handlungsbedarf ist groß, doch der Handlungsspielraum oftmals begrenzt“

Um den vielfältigen Aufgaben im Bereich der urbanen Klimaresilienz gerecht werden zu können, braucht es eine verlässliche Datenbasis und innovative Lösungen, die nur gemeinsam mit Stadtgesellschaft und Verwaltung entwickelt werden können. Deshalb handelt es sich bei der R_NEXT-Maßnahme „Resiliente Stadt“, die von der Stabsstelle Smart City koordiniert und von der Stabsstelle Klimaschutz und Klimaresilienz federführend betreut wird, um ein sehr interdisziplinäres Projekt, an dem verschiedene Fachstellen der Verwaltung intensiv mitarbeiten, so zum Beispiel das Stadtplanungsamt, die Stadtentwicklung, das Gartenamt, das Amt für Gebäudeservice, die Wirtschaftsförderung oder die städtische Kreativbehörde mit dem Labor der kreativen Köpfe: „Doch es braucht noch viel mehr als die genannten Dienststellen. Es braucht auch den gemeinsamen Willen von Stadtverwaltung, Stadtpolitik und Stadtgesellgesellschaft, um partizipativ geplante Maßnahmen dann auch wirklich schnell umsetzen zu können. Das funktioniert bis jetzt ganz wunderbar und für diese tolle Zusammenarbeit sind wir sehr dankbar!“

Text: Verena Danner

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Über REGENSBURG_NEXT

Die Maßnahme „Resiliente Stadt“ mit ihren zahlreichen Klimalaboren und dem interaktiven Hitzeaktionsplan sind Teil des Projektes „REGENSBURG_NEXT“. Mit diesem Projekt, das vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen gefördert wird, entwickelt die Stadt Regensburg seit 2022 innovative Lösungen und Ansätze der integrierten Stadtentwicklung. In unserer Serie stellen wir die einzelnen Leuchtturmprojekte von REGENSBURG_NEXT vor.

Der Fokus der Maßnahme „Resiliente Stadt“ liegt auf dem Aufbau einer umfassenden Informations- und Datengrundlage für klimaresiliente Stadtplanung und Umbaumaßnahmen. Die Klimalabore bieten die Möglichkeit, Maßnahmen unter anderem zur Reduktion der Hitzeproblematik im Stadtraum zu erproben und datengeschützt zu evaluieren. Dort werden klimatische Effekte insbesondere in der historischen Altstadt durch temporäre Prototypen, wie Wasserelemente, mobile Begrünung oder Beschattung, entwickelt, getestet und datenbasiert ausgewertet. Durch die öffentlichkeitswirksamen Klimalabore und sensibilisierende Informations- und Kommunikationsmaßnahmen soll die Stadtgesellschaft für die Themen Klimaschutz und Klimaresilienz sensibilisiert werden.    

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