Topographie und Grundriss (Flächengliederung, Ränder, Freiflächen)
Die topographische Situation der Stadt (vgl. Kap. 3.1.1) wird entscheidend durch drei naturräumliche Merkmale geprägt: Die Flüsse/ Uferauen von Donau und Regen in West-Ost-Richtung, sowie von Norden mit der Mündung im Stadtzentrum; das Donaurandgebirge mit seinen steil abfallenden Rändern im Norden; das tertiäre Hügelland mit seinen sanften Erhebungen und Ausläufern in den Gäuboden im Süden und Südosten.
Die mit Blick auf den Grundriss prägnantesten Siedlungsquartiere sind die Altstadt und die Inseln in der Donau. Als jeweils sehr kompakte Flächen sind sie eindeutig begrenzt durch den Alleen- und Parkgürtel bzw. die verschiedenen Donauarme. Allerdings wird die Detailgestaltung der Ränder zur Donau dieser für Regensburg charakteristischen Situation als ”Stadt am Fluss” noch nicht überall gerecht. Die aktive Einbeziehung der Fluss-Situation in die Gestalt der Stadt hat trotz der seit über 850 Jahren bestehenden Steinernen Brücke und trotz der unmittelbar vor der Altstadt liegenden Inseln im Fluss erst begonnen (z.B. Unterer Wöhrd).
Viele der übrigen Siedlungsquartiere bilden ebenfalls jeweils charakteristische Grundrisse aus und nutzen die Topographie. Dabei haben die topographisch bewegten Bereiche (wie z.B. Konradsiedlung, Ganghofer-Siedlung, Königswiesen-Süd, Neuprüll) wie auch die einem sehr detaillierten Planungskonzept folgenden Siedlungen (z.B. Margaretenau, Burgweinting-Südwest, Rennplatz) die eindeutiger gestalteten Ränder und quartiersinternen Freiflächen. Verbesserungen dieser Aspekte der Stadtgestalt sind insbesondere nötig und möglich:
- an den Siedlungsrändern zu den Flüssen,
- an den ”Eingängen in die Stadt” (z.B. Ernst-Reuter-Platz/ Maximilianstraße, Prüfeninger Straße/Platz der Einheit, Adolf-Schmetzer-Straße, Landshuter Straße),
- an den Randausbildungen im Stadtosten sowie
- in den Gewerbegebieten.
Raumbildung und Silhouette (öffentlicher Raum, Hauptstraßen)
Die Prinzipien der Raumbildung und der Höhenentwicklung von Gebäuden sind innerhalb der Siedlungsquartiere relativ einheitlich, sie ändern sich jedoch mit der Zeitstellung bzw. aufgrund besonderer Nutzungen:
- Von der sehr ausgeprägten, differenzierten Raumstruktur der Altstadt mit unregelmäßigen Straßen, Gassen und Plätzen sowie einer akzentuierten Silhouette ändert sich die Raumbildung über
- die regelmäßigen, halboffenen und geschlossenen Straßenräume der im Raster angelegten Wohngebiete der Gründerzeit und Jahrhundertwende (z.B. um die Reichsstraße oder am Eisbuckel) und über
- die Wohnsiedlungen der 30er Jahre, deren halboffene Straßenräume organisch in die Topographie eingepasst wurden (z.B. Ganghofer-Siedlung, Konradsiedlung) bis hin zu
- den städtebaulichen Solitärgebieten und ”Streusiedlungen” der 60er Jahre, die von einem Raumkontinuum ausgehen und auf die Ausbildung von Straßen- und Platzräumen verzichtet haben (z.B. Innerer und Äußerer Westen, Königswiesen-Nord, Isarstraße) oder aber
- eigenständige Sonderformen bilden, wie z.B. die Universität.
- Die Wohnsiedlungsbereiche, die seit Ende der 70er Jahre errichtet wurden, enthalten wieder stärker halboffene und geschlossene Straßenräume, deren Verlauf auch von der Topographie abhängig ist (z.B. Königswiesen-Süd, Rennplatz, Burgweinting, Neuprüll).
- Die nach dem 2. Weltkrieg entwickelten Gewerbegebiete stellen in ihrer Raumwirkung fast eine eigene Kategorie dar, mit niedrigen Baukörpern und funktionalen Erschließungsstraßen (z.B. Gewerbepark, Haslbach, BMW-Werk).
Als Sonderformen des öffentlichen Raums unterlagen eine Reihe von Hauptstraßen - oft hervorgegangen aus alten Wegen und Chausseen - in jüngerer Zeit einem starken funktionalen Wandel und haben deutliche Einbußen ihrer Gestaltqualität erfahren, bis hin zum Verlust der gestalterischen Identität. Diese Verluste wirken bis in die Gestalt der angrenzenden Siedlungsquartiere. Hier sind Verbesserungen bzw. gestalterische Neuformulierungen dringend nötig (z.B. Straubinger Straße, Frankenstraße, Nordgaustraße, Prüfeninger Straße).
Gebäude (Gestaltung und Material)
In den einzelnen (Wohn-) Siedlungsquartieren folgt die Baugestaltung (Höhe, Proportion, Dachformen, Farbe) und Materialverwendung in der Regel einheitlichen, oft durch Bauleitplanung festgelegten Prinzipien. Traditionell ist in Regensburg der verputzte Massivbau mit geneigtem Dach üblich.
Diese einheitlichen Gestaltungsregeln erzeugen in den verschiedenen Siedlungsquartieren eine jeweils unterschiedliche ”Körnung” und ermöglichen die Ausbildung von Individualität und Identität der einzelnen Siedlungsquartiere. Kontrastierend dazu sind die Gewerbegebiete eher durch eine Vielfalt an Materialien und Baugestaltung gekennzeichnet.
Profilbildende Gebäude
Die Altstadt verfügt über eine hohe Zahl von profilbildenden Gebäuden - sakraler wie profaner Art - und wird in ihrem historischen Erscheinungsbild geradezu charakterisiert durch das Zusammenwirken von einheitlicher Blockbebauung und darüber hinausragenden Gebäuden. Die Domtürme dienen außerdem als Landmarke.
Gesamtstädtisch gesehen ist dieser Gebäude-Typus allerdings eher selten: Die außerhalb der Altstadt vorhandenen Beispiele für profilbildende Gebäude nutzen die Topographie (z.B. Kirche Dreifaltigkeitsberg, Hochhäuser in Königswiesen-Nord, Fernsehturm Ziegetsberg, Kirche St. Wolfgang in Kumpfmühl, Uni-Klinik) oder besondere städtebauliche Situationen, z.B. Hauptstraßen, Stadteingänge oder Siedlungsränder (Agrippina-Haus an der Prüfeninger Straße, Herold-Haus an der Maximilianstraße, Kepler-Gebäude am Ernst-Reuter-Platz, Hochhaus an der Isarstraße, Priesterseminar und Punkthäuser am Weinweg, Westbad, Donau-Arena).
Urbanität (Zentren, Dichte, Nutzung)
Als Siedlungsquartier ist die Altstadt besonders prägnant: Die vielfältig gemischte Nutzung und die lange historische Entwicklung resultieren in einer hohen baulichen Dichte und gleichzeitig in einer herausragenden Bedeutung als ”Stadtzentrum”, mit einem hohen Maß an Urbanität. Dadurch stiftet die Altstadt einen Großteil der Identität von Regensburg, sie prägt entscheidend das ”Image” der Gesamtstadt.
Die Urbanität der übrigen Siedlungsquartiere ist - im Vergleich zur Altstadt - deutlich geringer. Die Nutzungen sind eher monofunktional, die baulichen Dichten - in Abhängigkeit von Nutzungen und Entstehungsepoche - niedriger. Andererseits haben die einzelnen Siedlungsquartiere gerade unter dem Aspekt Urbanität erhebliche Bedeutung, weil dies die Umgebungen sind, mit denen sich die Menschen unmittelbar und täglich identifizieren:
- Quartierszentren sind als Bedeutungsschwerpunkte (in einer Synthese aus Funktion und Gestalt) nur in einzelnen Siedlungsquartieren ausgeprägt (z.B. Rennplatz, Königswiesen-Süd);
- teilweise sind die Funktionen vorhanden, ohne dass die Gestalt angemessen wäre (z.B. Kumpfmühl, Reinhausen, Agnesstraße, Berliner Straße);
- teilweise fehlen mittlerweile auch ausreichende Funktionen für in der Gestalt noch ausgeprägte Stadtteilzentren (z.B. Stadtamhof, Danziger Freiheit, Ganghofer-Siedlung).
- In manchen Siedlungsbereichen fehlen Zentren sowohl funktional wie auch hinsichtlich der Gestalt (z.B. Innerer Westen).
In der Analyse wird die überragende Bedeutung der Altstadt für die Identität von Regensburg deutlich - ein Ergebnis der (glücklichen) historischen Entwicklung und der jahrzehntelangen Konzentrierung von Mitteln und Maßnahmen auf die Altstadt.
Die Gestalt von Regensburg wird jedoch durch die Gesamtheit der Stadt geprägt. Insofern müssen auch die Bemühungen, diese unverwechselbare Gestalt zu erhalten und weiter zu entwickeln, sich auf die Gesamtstadt erstrecken.
3.3.2 Ziele
Topographie als Grundmuster
Die spezifische Topographie mit Flusstälern und umgebenden Hügeln sollte als Grundmuster weiter ausgeformt werden. Ein Schwerpunkt sollte bei der prägnanten und der Topographie angemessenen Ausbildung von Siedlungsrändern (z.B. im Stadtosten, Graß/Oberisling) liegen. Das entwicklungsplanerische Leitbild ”Stadt am Fluss” muss auch in der Gestalt der Stadt erkennbar werden (z.B. am Unteren Wöhrd).
Überschaubare Siedlungsbereiche
Die einheitlichen, überschaubaren Siedlungsbereiche sollten als Prinzip weiterverwendet und ausgebaut werden. Sie sind in der Lage, für die Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung Identität zu stiften. Dies gilt für ”neue” Quartiere (z.B. Burgweinting III, Graß, Oberisling, Gewerbegebiet Burgweinting) wie auch für ”Umstrukturierungs-Quartiere“ (z.B. ehem. Güterbahnhof, Galgenberg, Frankenstraße/Nordgaustraße, Kasernen).
Raumbildung/Öffentlicher Raum
Die traditionellen Prinzipien der Raumbildung von Straßen, Plätzen und Freiräumen sollten wieder stärker zum Zuge kommen. Ein prägnanter, sinnlich leichter wahrnehmbarer ”öffentlicher Raum” schafft stärkere Identität. In diesem Sinne soll auch ”Kunst im öffentlichen Raum” zur Identität beitragen. Weiterhin gehört dazu die räumlich-gestalterische Ausformung der großen Straßen und der anschließenden Bereiche (z.B. Prüfeninger Straße, Frankenstraße, Friedenstraße) sowie von ”Stadteingängen” (z.B. Eingänge aus der Landschaft in die Stadt - in Burgweinting oder im Stadtosten - und Eingänge in die innere Stadt - Ernst-Reuter-Platz, Adolf-Schmetzer-Straße, Platz der Einheit, Kumpfmühler Markt, Stobäusplatz).
Gebäudegestaltung
In der Gebäudegestaltung soll das Prinzip der überschaubaren Quartiere unterstützt werden: Einheitliche Proportions- und Gestaltungsregeln im Quartier, einheitliche Körnung mit Variationsmöglichkeiten im Detail, Ablesbarkeit der Entstehungszeit und damit möglichst keine historisierende Gestaltung.
Große Gebäude
Profilbildende Gebäude sollten auf topographisch oder städtebaulich prägnante Situationen beschränkt werden. Außerdem sollten große solitäre Bauwerke auch nur für besondere Nutzungen verwendet werden (z.B. für Versammlungs- und Sportstätten). Im Übrigen wird in einer Studie untersucht werden, welchen Beitrag profilbildende Gebäude und Bauwerke in Regensburg zukünftig zur Gestalt der Stadt leisten können.
Quartierszentren
Im Sinne der Quartiersidentität sollten - neben der Altstadt als gesamtstädtischem Zentrum - auch in den Siedlungsquartieren städtebaulich- räumliche und funktionale Teilzentren gesichert bzw. ausgebildet werden (z.B. Stadtamhof, Burgweinting).
Sondersituationen
Nicht zuletzt ist auf flächenmäßig große Sondersituationen - wie z.B. Gewerbegebiete, Universität, Einzelhandelsgebiete - verstärktes Augenmerk zu legen im Sinne von Überschaubarkeit, Raumbildung und Identität, damit sich auch diese Bereiche in die Gestalt der Stadt Regensburg integrieren können.
3.3.3 Leitprojekte
Die Leitprojekte für die Stadtgestalt sind in Abb. 16 dargestellt.
Abb. 16: Leitprojekte für die Gesamtstadt: Teil "Räumliche Entwicklung und Stadtgestalt" ©