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Stadtteilspaziergang Königswiesen-Süd: Städtebaulicher Kontrapunkt zu Königswiesen-Nord
Nur rund zehn Jahre liegen zwischen den beiden Neubaugebieten in Königswiesen. Aber während man auf dem ehemaligen Königsberg in Königswiesen-Nord auf hoch aufragende, verstreute Solitärbauten setzte, wurden unmittelbar gegenüber, nur getrennt vom Autobahnzubringer im Tal, in Königswiesen-Süd völlig entgegengesetzte städtebauliche Strukturen verwirklicht.
Auch diesmal begleitet uns Stadtplaner und Architekt Joachim Buck wieder auf unserem Stadtteilspaziergang durch das ab Mitte der 1980er-Jahre errichtete Quartier, das sich um den fast fünf Hektar großen Georg-Hegenauer-Park gruppiert. Dieser Park ist Teil des Grünflächenkonzeptes Königswiesen-Süd und war von Anfang an in die Planung des Neubaugebietes eingebunden. Kein Wunder also, dass sich Wohnbebauung und Grünflächen hier nahezu ideal ergänzen!
Im Westen schmiegt sich zudem noch der 1983 angelegte Ziegetsdorfer Park eng an die Wohnbebauung und schirmt so die Häuser und Gärten vom Verkehrslärm der Westumgehung ab. Fast prophetisch mutet es heute an, dass man hier bereits üppige Grünflächen und Wasser in unterschiedlicher Form zur Gestaltung einsetzte. Schließlich war der Begriff Klimawandel damals allenfalls mit der Materie befassten Wissenschaftlern geläufig. Heute jedoch zahlt sich dieses Konzept wirklich aus. Das viele Grün sorgt im wahrsten Sinn des Wortes für gutes Klima: Unversiegelter Boden heizt sich bekanntlich deutlich weniger auf, sondern erzeugt im Gegenteil „Verdunstungskälte“ und senkt so die Temperatur.
„Für einen Stadtplanungs-Historiker ist es schon sehr interessant, dass hier – direkt nebeneinander – in einem Zeitraum von gut zehn Jahren zwei völlig entgegengesetzte Planungsströmungen im Städtebau umgesetzt worden sind“, sagt Buck. „Tatsächlich handelt es sich um einen städtebaulichen Paradigmenwechsel.“ Erstaunlich auch deshalb, weil die Planer in beiden Fällen mit einer Hanglage umgehen mussten: in Königswiesen-Nord mit dem ehemaligen Königsberg, in Königswiesen-Süd mit dem Richtung Süden ansteigenden Ziegetsberg – einem planerisch anspruchsvollen Nordhang. Aber während man in Königswiesen-Nord das Prinzip der „gegliederten und aufgelockerten Stadt“ umsetzte, in der alle Gebäude als „Solitärbauten“ angelegt sind, die zueinander in keinem direkten Bezug stehen, wurden in Königswiesen-Süd raumbildende Baustrukturen realisiert, in denen das gesamte Ensemble eine städtebauliche Einheit bildet und sowohl die Straßen als auch die Plätze im Wortsinn „öffentliche Räume“ darstellen. Anregung und Vorbild waren hier vor allem die städtebaulichen Strukturmuster und Quartiersplanungen der Gründerzeit, die sogenannte „Blockbauweise“, bei der die Gebäude so angeordnet wurden, dass die Straßen quasi einen Raum zwischen den Häusern bildeten.
„Hier musste man die Gebäude allerdings dem Geländeprofil anpassen“, erklärt Buck. „Gärten, Vorgärten, Grünstreifen und Alleebäume sind dabei zu einer Einheit geformt. Dazwischengeschaltet sind kleine begrünte Plätze mit Parkbänken und Spielmöglichkeiten, die als Treffpunkte im Kleinquartier fungieren sollen.“
Die Zielgruppe, an die sich die Stadt damals richtete, als das Quartier „Königswiesen-Süd“ auf städtischem Grund und Boden geplant wurde, waren vor allem jungen Mittelstands-Familien, die der wirtschaftliche Aufschwung und die Universität in die Stadt brachten. Sie wollte man nur ungern ans Umland verlieren. Und so nehmen heute in Königswiesen-Süd individuell gestaltete Einfamilienhäuser in Form von Ketten- und Reihenhäusern mit üppig begrünten Gärten etwa die Hälfte der Fläche ein. Die andere Hälfte, vor allem im Zentrum des Quartiers, ist mit bis zu viergeschossigen Mehrfamilienhäusern bebaut.
Die Planer, TOPOS – Arbeitsgemeinschaft für Stadtplanung, Regionalplanung, Architektur; München, die 1980 einen der ersten städtebaulichen Wettbewerbe gewannen, der in der Stadt durchgeführt wurde, hätten sich damals auch an der jenseits der Augsburger Straße liegenden Ganghofersiedlung orientiert, erzählt Buck. Die in den späten 1930er-Jahren an einem Nordhang entstandene Werkssiedlung für Beschäftigte der Messerschmitt-Werke zeichnet sich ebenfalls durch kleinere Einfamilienhäuser und nur wenige Mehrfamilienhäuser aus. Und auch hier findet man steile Dächer, Zwerchgiebel, naturrote Ziegeldächer und eine Bauweise, die sich am Hang orientiert und mit seinem topografischen Verlauf spielt.
Dass Königswiesen-Süd an einem Nordhang errichtet wurde, stellte eine zusätzliche Herausforderung an die Planer dar, sollten doch zumindest die Wohnräume auch in der dunklen Jahreszeit vom Sonnenlicht profitieren. Man entschied, die Häuser parallel zu den Höhenlinien zu platzieren, ihren Schwung aufzunehmen und in der Straßenführung fortzusetzen. Die Quartierserschließung erfolgt im Ostteil durch die Konrad-Adenauer-Allee, sowie im Westteil die Kaiser-Friedrich-Allee. Beide Haupterschließungsstraßen grenzen sich auch optisch durch Parkbuchten und eine durchgehende Allee-Bepflanzung von den übrigen verkehrsberuhigten Straßen ab.
Die Straßen in diesem Viertel wurden übrigens entweder nach Bundes- und Landespolitikern der Nachkriegszeit benannt, bzw. nach Würdenträgern aus dem Mittelalter, wie beispielsweise der nach dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner benannte Weg oder der zentrale Platz, der den Namen des ersten deutschen Bundespräsidenten, Theodor Heuss, erhielt. König Philipp, der 1207 Regensburg mit dem Philippinum ein wichtiges Privileg verlieh, das die Entwicklung zur Freien Reichsstadt vorbereitete, stand Pate für die gleichnamige Straße. Und Kaiser Friedrich II., dem man eine ganze Allee gewidmet hat, verlieh der Stadt im Jahr 1245 das sogenannte Fridericianum, das schließlich die Selbstverwaltung als Freie Reichsstadt in die Wege leitete.
Der Theodor-Heuss-Platz im Süden ist der zentrale Platzraum des Quartiers. Überragt wird er von einem hohen Wohnturm, dem einzigen in Königswiesen-Süd. Ursprünglich hätte dort der Kirchturm einer evangelischen Kirche stehen sollen, doch dieses Projekt wurde nie verwirklicht.
Der Theodor-Heuss-Platz selber ist zweigeteilt. Die nördliche, tiefergelegene Hälfte wurde als Marktplatz konzipiert, gesäumt von Geschäften und Dienstleistungsbetrieben, die südliche, höhergelegene als begrünter Quartierstreffpunkt. Warum der Platz zwischenzeitlich immer wieder als sozialer Brennpunkt in die Schlagzeilen geriet, darauf hat auch Buck keine eindeutige Antwort. „Meist sind es mehrere Faktoren, die dazu beitragen, dass eine an sich überzeugende städtebauliche Idee nicht richtig aufgeht“, meint er. Unter anderem ist dort heute übrigens das Aktivzentrum des Treffpunkt Seniorenbüros untergebracht, eine barrierearme Einrichtung des Seniorenamts der Stadt, das eine breite Palette an Angeboten für ältere Menschen bereithält und auch Raum für ehrenamtliches Engagement anbietet.
Ein paar Schritte weiter stoßen wir wieder auf den Georg-Hegenauer-Park. Vor uns die Kneipp-Anlage mit üppig berankter Pergola – ein wirklich einladender Ort, um hier zu verweilen! Hier schweift der Blick über viergeschossige Mehrfamilienhäuser, die sich ringförmig um den Park gruppieren. Der durch die Anlage sprudelnde Bach wird ebenso wie die Kneipp-Anlage gespeist von einem Brauchwasserbrunnen am höchsten Punkt des Parks.