Im zweiten Vortrag des Abends präsentierte Dr. Martina Artmann, Leiterin der Forschungsgruppe „Urbane Mensch-Natur-Resonanz für eine Nachhaltigkeitstransformation“ am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung, den Zuhörerenden unter dem Titel „Von Lebkuchenhäusern und nachhaltigem Wandel“ eine wissenschaftliche Herangehensweise, um die essbare Stadt und deren gesellschaftliche Bedeutung zu erforschen.
Der erste Schritt besteht darin, zu verstehen, was eine essbare Stadt ist, wie sie funktioniert und welches Potenzial sie bietet. Frau Dr. Artmann verwies auf die aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft, darunter Krieg, die Corona-Pandemie, Hamsterkäufe, den Klimawandel, die Verstädterung und die negativen Auswirkungen der Landwirtschaft auf das Klima. Angesichts dieser Probleme betonte sie die Vielfalt einer potenziellen Lebensmittelproduktion in der Stadt, wie zum Beispiel Vertical Farming, Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) und Gemeinschaftsgärten. Sie definierte die Merkmale einer essbaren Stadt, zu denen die freie Zugänglichkeit, die Gemeinschaft, die Versorgung, die urbane Transformation und die Bildung gehören. Als Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung präsentierte sie die Stadt Dresden: Dort stand die Partizipation und das Abstimmen über die „Essbare Stadt“ im Vordergrund. Der Verein Stadtgärten e.V. aktiviert dort gemeinschaftliche Flächen und fördert die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Ein wichtiges Instrument in Dresden war die Erstellung einer Karte mit essbaren Potentialflächen, die durch den „Vision Ride“ ergänzt wurde. Dabei handelte es sich um eine Radtour, bei der Ideen ausgetauscht und Pflanzen erklärt wurden. Es fanden Verwertungsworkshops statt, um das Wissen über die Verarbeitung der Pflanzen zu teilen. Frau Dr. Artmann betonte zudem, wie wichtig es sei, dass Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger gemeinsam gärtnern und einen Dialog führen. Um die Umsetzung einer „Essbaren Stadt“ erfolgreich zu gestalten, nannte Frau Dr. Artmann verschiedene Hebel: Dazu gehören finanzielle Förderung durch Förderprojekte, die Zusammenarbeit mit existierenden Netzwerken und der Aufbau neuer Netzwerke, die Bereitstellung von Flächen durch die Stadt und die Privatwirtschaft, unterschiedliche Partizipations- und Lernformate sowie ein ausgeprägtes Fach- und Praxiswissen im Team, um die Akzeptanz der Projekte zu erhöhen. Abschließend stellte Frau Dr. Artmann die Frage, welche Rolle die Stadt in Bezug auf Bildung, Versorgung und soziale Komponenten spielen kann. In Andernach wurde beispielsweise bereits ein Prozent der Versorgung durch die Stadt realisiert, aber es gibt noch viele Abhängigkeiten, die berücksichtigt werden müssen, wie beispielsweise Flächenverfügbarkeit und das Essverhalten der Bevölkerung.
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurden weitere Aspekte und Beispiele aus verschiedenen Städten, darunter Regensburg, diskutiert. Es wurden Fragen zur Nutzung von Firmenflächen, zum Umgang mit wenigen verfügbaren Flächen und zur Finanzierung aufgeworfen. Auch die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger sowie die Rolle der Verwaltung wurden intensiv diskutiert. Die Ideen von Dr. Lutz Kosack und die Erfahrungen aus Dresden zeigten auf, wie eine Stadt durch die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in die Gestaltung und Pflege von Grünflächen zu einer lebendigen und „Essbaren Stadt“ werden kann.