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Der Albert-Schweitzer-Park: Schönheit auf den zweiten Blick

Die Schönheit des Parks mag sich für manchen erst auf den zweiten Blick zeigen, denn er trumpft nicht auf mit auffälliger Gestaltung. Aber die Kombination aus gut geführten Wegen, bedarfsgerechten Nutzungsmöglichkeiten und ungezwungener abwechslungsreicher Gestaltung macht die Schönheit dieser Grünanlage aus.

Fotografie: Goldene Ahornbäume leuchten in der Herbstsonne.
Goldene Ahornbäume leuchten in der Herbstsonne. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

14. Oktober 2021

Im warmen Licht der tief stehenden Sonne strahlen die golden angehauchten Nadeln der Lärchen mit den orange leuchtenden Blättern der Rotbuchen und dem ockerfarbenen Laub der mächtigen Pyramideneichen um die Wette. Die weißen Birkenstämme am Rand der großen Wiese reflektieren das fahle Licht. Wer Zeit für einen kurzen Spaziergang hat, der kommt im Spätherbst in dem rund 2,5 Hektar großen Kleinod im Stadtnorden noch einmal so richtig auf seine Kosten.

Aber nicht nur im Herbst punktet der Albert-Schweitzer-Park, der seinen Namen offiziell erst 2015 erhalten hat. Für all die Menschen, die rundum in den Häuserblocks leben, ist er im heißen Sommer Klimaanlage und erweiterter Wohnraum gleichermaßen. Den Kindern, deren Schulweg durch den Park führt, bietet er die Möglichkeit, „ein Stückchen Umweltbildung mitzunehmen, noch bevor die Schulglocke läutet“, wie es Dietrich Krätschell, der Leiter des Gartenamtes, ausdrückt.

Erholungsfläche für Alt und Jung

Östlich der Albert-Schweitzer-Schule und der Hans-Herrmann-Schulen gelegen und von Lech- und Isarstraße eingerahmt, war der Park in den 1960er Jahren als dritter Park im Norden der Stadt geschaffen worden. Neben dem Aberdeen- und dem Tempe-Park, die beide in Hanglage situiert sind, sollte er dem bevölkerungsmäßig stark gewachsenen Stadtteil eine zusätzliche und vor allem ebene Erholungsfläche bieten, geeignet auch für ältere Menschen und Familien mit Kleinkindern.

Auf dem am Ostrand gelegenen Spielplatz, an den die Kindertagesstätte Lechstraße grenzt, kommen die Kleinen auf ihre Kosten. Ob Matschbereich, Piratenboot, Seilschaukel oder Hängematte unter Palmen – das Angebot lässt Kinderherzen höher schlagen. Auch eine Tischtennis-Platte und eine sogenannte Holländer-Scheibe, ein Drehteller, auf dem sich Gleichgewichtssinn und Koordinierungsfähigkeit trainieren lassen, stehen auf dem Angebot. Für die Größeren gibt es einen Bolzplatz, der 2013 saniert worden ist und mittlerweile sehr gut angenommen wird. Auf einem Wall an der Westseite thront ein Pavillon – beliebter Treffpunkt für die Jugend aus dem Stadtteil.

Fotografie: Pyramideneiche
Pyramideneiche © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Kulissenbepflanzung eröffnet Perspektiven

Auch wenn der Park zu den eher kleineren Grünanlagen der Stadt gehört und eine einfache Grundstruktur aufweist – wer sich ein bisschen Zeit nimmt, der wird den ganz besonderen Charme schnell entdecken. Eine große zentrale Wiesenfläche wird von einer Kulissenbepflanzung am Rand eingerahmt. Sitzgelegenheiten längs der Wege eröffnen unterschiedliche Perspektiven auf pittoreske Baumreihen wie beispielsweise die drei mächtigen Pyramideneichen oder die Gruppe von Feldahorn-Bäumen, die in den Wintermonaten ihre kahlen Äste bizarr in den Himmel recken.

Wo sich im Nordwesten der Park verengt und sich fortan zwischen Wohnhäusern und Schulgebäuden bis zur Albert-Schweitzer-Realschule schlängelt, steht ein großer Christusdorn, kombiniert mit einer ausladenden mehrstämmigen Stieleiche. Ein Platz, der im Sommer zu einem schattigen Picknick einlädt. „Das wäre ein Motiv für die Landschaftsmaler der Romantik gewesen“, schwärmt der Chef des Gartenamtes.

Fotografie: Die Trockenbeete an der Albert-Schweitzer-Realschule wurden 2015 angelegt.
Die Trockenbeete an der Albert-Schweitzer-Realschule wurden 2015 angelegt. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Laub wird kompostiert

Wenn die Bäume im Spätherbst ihre Blätter abgeworfen haben, kommen die Mitarbeiter des Gartenamtes mit ihren Laubbläsern, die eingesetzt werden, weil das Zusammenrechen zu aufwändig ist und zu viel Personalkapazitäten bindet, die anderswo benötigt werden. Ein Teil des Laubes wird verwendet, um auf Beeten, unter Hecken und Bäumen eine schützende Mulchschicht zu bilden. Nichts liegenbleiben sollte auf den Wiesen, weil sonst der Rasen vergilben und schließlich faulen würde, erklärt Krätschell. Diese Laubberge werden zur Kompostieranlage des Gartenamtes auf den Dreifaltigkeitsberg gebracht und dort zu frischem Humus verarbeitet, der im Frühjahr wieder auf Beeten und Pflanzflächen ausgebracht wird und dafür sorgt, dass auch im kommenden Jahr wieder alles grünt und blüht.

Sind all die herbstlichen Arbeiten beendet, kehrt Ruhe im Albert-Schweitzer-Park ein. Aber auch dann, wenn die Laubbäume ihre bunte Pracht abgeworfen haben, bietet sich dem Auge des Betrachters noch Beachtenswertes. Dann nämlich rücken die Koniferen in den Vordergrund und die Pflanzen, die erst im Winter ihre Pracht erahnen lassen: Eiben, Kiefern, Cotoneaster und Gräser, wie sie beispielsweise in den neu angelegten Trockenbeeten am Aufgang zur Albert-Schweitzer-Realschule zu finden sind, ziehen dann den Betrachter, der sich auf ihre herbe Schönheit einlässt, in ihren Bann.

Hans-Herrmann Park wird Albert-Schweitzer-Park

Am 30. Juli 2015 hat der Stadtrat beschossen, der als Hans-Herrmann-Park bezeichneten öffentlichen Grünanlage im Stadtnorden offiziell den Namen Albert-Schweitzer-Park zu verleihen. Vorausgegangen ist dieser Entscheidung eine längere Diskussion über die Verstrickung Hans Herrmanns in den Nationalsozialismus. Herrmann war von 1952 bis 1959 Oberbürgermeister der Stadt Regensburg. Eine Stellungnahme von Dr. Werner Chrobak, dem Heimatpfleger der Stadt, und Prof. Dr. Bernhard Löffler, der an der Universität Regensburg Bayerische Geschichte lehrt, zeigt, wie schwer es ist, ein abschließendes Urteil über Hans Herrmann zu fällen, der einerseits viel für die Entwicklung des Gemeinwesens in der Weimarer Republik und auch der Nachkriegsdemokratie getan hatte, andererseits aber auch als Funktionsträger in Entscheidungsprozesse des NS-Regimes mit eingebunden war. Aufgrund dieser Stellungnahme hatte der Stadtrat die Schlussfolgerung gezogen, dass die Ehrungen, die Hans Herrmann erwiesen worden waren, nach heutigen Maßstäben nicht mehr ausgesprochen würden.

In der Folge sind auch die beiden dem Park benachbarten und ursprünglich nach Hans Herrmann benannten Schulen in Willi-Ulfig-Mittelschule und Grundschule der Vielfalt und Toleranz umbenannt worden. Für die Grünanlage, die aufgrund der Nachbarschaft stets, aber nur inoffiziell, als Hans-Herrmann-Park bezeichnet worden war, entschied sich der Stadtrat in der gleichen Sitzung für den Namen Albert-Schweitzer-Park – nach der Albert-Schweitzer-Realschule, die sich ebenfalls ganz in der Nähe befindet.

Der gebürtige Elsässer Albert Schweitzer war ein deutsch-französischer Arzt, evangelischer Theologe, Organist, Philosoph und Pazifist. Er veröffentlichte theologische und philosophische Schriften, Arbeiten zur Musik, insbesondere zu Johann Sebastian Bach, sowie autobiographische Schriften. 1913 gründete er gemeinsam mit seiner Frau Helene in Lambarene im zentralafrikanischen Gabun ein Hospital für die Ärmsten der Armen. 1953 wurde er für sein Wirken mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Text: Dagmar Obermeier-Kundel