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Das Stadtarchiv – Gedächtnis der Stadtgesellschaft

Würde man die Akten, Dokumente und Urkunden, die dort aufbewahrt werden, alle aneinanderreihen, dann müsste man fast zehn Kilometer laufen, um vom einen Ende zum anderen zu gelangen. Die Rede ist vom Stadtarchiv im Runtingerhaus. Dort und in einem Außendepot in Burgweinting befindet sich eines der größten Kommunalarchive Bayerns.

Fotografie: Lorenz Baibl, der Leiter des Amts für kulturelles Erbe, zeigt einer Nutzerin ein historisches Dokument.
Lorenz Baibl, der Leiter des Amts für kulturelles Erbe, zeigt einer Nutzerin ein historisches Dokument. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

20. September 2018

Würde man die Akten, Dokumente und Urkunden, die dort aufbewahrt werden, alle aneinanderreihen, dann müsste man fast zehn Kilometer laufen, um vom einen Ende zum anderen zu gelangen. Die Rede ist vom Stadtarchiv im Runtingerhaus. Dort und in einem Außendepot in Burgweinting befindet sich eines der größten Kommunalarchive Bayerns.

Wissenschaftler und Studierende finden hier Quellen und Unterlagen für ihre Studien rund um die Stadtgeschichte oder zu historischen Persönlichkeiten und Ereignissen. Aber auch interessierte Hobbyforscher, die ihrer Familiengeschichte nachgehen möchten oder Schüler, die auf der Suche nach Informationen für eine Hausarbeit sind, sind im städtischen Archiv genau richtig. Denn hier werden nicht nur alle nicht mehr benötigten Unterlagen der Stadtverwaltung, wie beispielsweise alte Magistrats- und Stadtratsprotokolle, Personenstandsbücher und Meldekarten, aus vielen Jahrhunderten aufbewahrt, sondern auch sämtliche seit dem 18. Jahrhundert in der Stadt erschienenen Zeitschriften sowie verschiedene Nachlässe von lokalen und regionalen Persönlichkeiten, aber auch von Vereinen und Verbänden.

Fotografie: Findbücher
In den sogenannten Findbüchern sind die Bestände des Archivs aufgeführt. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Wechselvolle Geschichte

Bereits seit dem Mittelalter hatte es ein reichsstädtisches Archiv gegeben, das in verschiedenen Räumen und Gewölben des Alten Rathauses untergebracht war. Nicht alles war allerdings ordentlich registriert und verwahrt. Umbauten, Brände und überhastete Räumungsaktionen und sicherlich auch mangelnder Sachverstand führten dazu, dass die Akten „ohne alle Sorge für Ordnung auf den Rathhaus Boden hingeworfen und den Mäusen und Ratten Preiß gegeben“ worden waren, wie ein zeitgenössischer Berichterstatter notiert. Auch wurden immer wieder Archivbestände bei Papierverkäufen veräußert und eingestampft, so dass die älteren Ratsprotokolle wohl für immer verloren sind. Deshalb stammt das älteste Protokoll des Magistrats der Stadt Regensburg, das heute im Archiv verwahrt ist, erst aus dem Jahr 1753.

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Lorenz Baibl, der Leiter des Amts für Archiv und Denkmalpflege, ist der Herr über all diese Schätze, die er im Auftrag der Stadt verwaltet. Welche Dokumente archiviert werden müssen, regelt das Bayerische Archivgesetz. „Das umreißt unsere Aufgaben“, erklärt er. „Ziel ist es aber nicht, wahllos zu horten und zu sammeln, sondern das Stadtgeschehen anhand von Unterlagen, die uns übergeben werden, für die Nachwelt zu sichern. So gesehen sind wir das Gedächtnis der Stadtgesellschaft.“ Die eigentliche Wissenschaft dabei ist es, das Archivgut zu bewerten und dabei das auszusortieren, was für künftige Generationen ohne Bedeutung ist. Denn: „Auch diese Entscheidungen führen letztlich dazu, wie Stadtgeschichte geschrieben wird.“ Ein ständiger Austausch mit anderen Kommunalarchiven und die gesetzlichen Vorgaben helfen dabei. Dennoch bleibt ein Ermessensspielraum, den nur Fachkenntnis und ein gutes Gespür für alte Dokumente und historische Bezüge ausfüllen können.

Fotografie: Eine Nutzerin füllt den Benutzungsantrag aus.
Um das Archiv benutzen zu können, muss zunächst ein Benutzungsantrag ausgefüllt werden. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

„Wissensspeicher für alle“

Baibl legt Wert darauf, dass das Stadtarchiv nicht nur einer kleinen wissenschaftlichen Elite zugänglich, sondern ein „Wissensspeicher für alle“ ist. Egal, ob es dabei um Schülerprojekte geht, um wissenschaftliche Forschungen oder um private Recherchen zur Familiengeschichte – jeder einzelne hat das Recht und die Möglichkeit, im Archiv nach Quellen zu forschen.

Zur Suche stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Neben einer Datenbank, auf die aktuell nur im Lesesaal zugegriffen werden kann, gibt es auch die analoge Variante, sogenannte Findbücher, in denen die verzeichneten Bestände mit Bestellsignatur, Aktentitel, Laufzeit und weiteren Informationen aufgeführt sind,

Diesbezüglich wird sich in naher Zukunft allerdings einiges tun, wie Baibl erläutert. Denn bereits Anfang des nächsten Jahres wird eine neue Archiv-Software in Betrieb genommen. Dann soll die Suche nach den gewünschten Unterlagen auch über ein Onlineportal von Zuhause aus möglich sein. In einem nächsten Schritt werden sukzessive die vorhandenen Digitalisate ins Netz gestellt. Eine Mammutaufgabe, denn schließlich muss gerade bei den älteren Archivbeständen jede einzelne Urkunde digitalisiert werden. Aber nur so kann gewährleistet werden, dass in München und Amberg gelagerte reichsstädtische Bestände – zumindest in digitaler Form – mittelfristig wieder mit dem in Regensburg vorhandenen Archivgut zusammengeführt werden können. Und nicht nur das: Durch digitale Langzeitarchivierung muss auch sichergestellt werden, dass elektronisch entstandene Dokumente – genauso wie ihre Vorläufer auf Papier – auch in einigen hundert Jahren noch für die Nachwelt zugänglich sind.

Umzug ins neue Archiv und Depot

Und dies ist nicht die einzige Neuerung, die dem ehrwürdigen Stadtarchiv ins Haus steht. Weil die Räumlichkeiten langsam aus allen Nähten platzen, ist der Umzug bereits geplant, wenn in einigen Jahren das neue Archiv und Depot in Burgweinting fertiggestellt ist. Dort wird dann auch das Stadtarchiv seine Bestände wieder unter einem Dach und unter idealen klimatischen Bedingungen vereinen können. Gleichzeitig sollen die Synergieeffekte mit den Museen der Stadt genutzt und archivpädagogische Veranstaltungen angeboten werden können. „Das wird einen großen Mehrwert für die Forschung bieten“, ist sich Baibl sicher.