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Der Inselpark Oberer Wöhrd: Hier flanierten bereits die Gesandten

Eng umschlungen von den Donauarmen bietet der Inselpark für jeden etwas: Eine malerische und schützenswerte Naturlandschaft, vielfältige Möglichkeiten für sportliche Betätigung und dazwischen Gelegenheiten, eine Pause vom hektischen Alltag einzulegen.

Fotografie: Die Pappelallee im Inselpark

19. Oktober 2022

Der Obere Wöhrd ist die westlichste der Donauinseln. Der Name leitet sich vom mittelhochdeutschen „warid“ ab, was so viel wie „Insel“ oder „Halbinsel“ bedeutet. Alle Wöhrde, also der Obere und Untere Wöhrd, die Jahninsel, die Gareisinsel sowie die Lauserinsel an der Lieblstraße waren stets reichsstädtisches Gebiet und blieben es, auch wenn das Land Baiern immer wieder darauf Anspruch erhob. Vor allem Fischerfamilien besiedelten einst die Donauinseln. Ab dem 16. Jahrhundert entstanden auf den Wöhrden zahlreiche Mühlen-, Hammer- und Sägewerke. Trotzdem blieb das Umfeld eher ländlich geprägt und bildete damit einen reizvollen Gegensatz zu der Stadt mit ihren engen und verwinkelten Gassen, die ja – umgeben von steinernen Mauern – selbst wie eine Insel im bayerischen Umland lag.

Fotografie: Blick auf den Oberen Wöhrd im Jahr 1958, ohne Park, ohne Autobahnbrücke, ohne Wehr
Blick auf den Oberen Wöhrd im Jahr 1958, ohne Park, ohne Autobahnbrücke, ohne Wehr © Luftbildverlag Hans Bertram GmbH

Frischluft-Promenade

Deshalb lag natürlich die Idee nahe, die Wöhrde für die Allgemeinheit zu öffnen und dort Gelegenheiten für die Städter zu schaffen, in der freien Natur zu promenieren. Also beauftragte im Jahr 1654 der Rat der Stadt das Bauamt, auf dem Oberen Wöhrd eine dreireihige Allee aus jungen Linden, Eichen und Erlen zu pflanzen. Die Idee schlug ein, bald war die Sommerfrische vor den Toren der Stadt en vogue, beispielsweise bei den Gesandten am Immerwährenden Reichstag, die sich dort von ihrem anstrengenden politischen Geschäft erholen konnten. Aber auch die Städter nutzten die Möglichkeit gerne, um an der frischen Luft zu promenieren. Freilufttheater, Feuerwerke und Fischerstechen trugen zum Amusement von Jung und Alt bei.

Die im 17. Jahrhundert gepflanzte Allee lässt sich heute allenfalls mehr erahnen, da die Bäume im Lauf der Zeiten vor allem Überschwemmungen und im Winter den damit verbundenen Eisstößen zum Opfer gefallen sind und immer wieder nachgepflanzt werden mussten.

Nachdem Fürst Carl Anselm von Thurn und Taxis Ende des 18. Jahrhunderts unmittelbar vor der Stadtmauer den Alleengürtel anlegen ließ, geriet die Promenade mehr und mehr in Vergessenheit. Erst als sich ab 1929 die Regensburger Turnerschaft auf dem Oberen Wöhrd ansiedelte, erinnerte man sich wieder an den Reiz der westlichsten Donauinsel. 1950 folgte das Freibad, 1985 schließlich wurde das gesamte Gelände als heutiger Inselpark wieder der Bevölkerung zugänglich gemacht.

Sonnenbank des Inselparks

Die Attraktivität für Sportler und Erholungssuchende hat sich die Grünanlage bis heute erhalten. An warmen Frühlingstagen wird die westlichste Spitze, kurz vor dem Pfaffensteiner Wehr, zur „Sonnenbank des Inselparks“.

Aber auch in sportlicher Hinsicht hat der Park einiges zu bieten. Neben den Anlegestellen des Motorboot- und Wasserskiclubs, der RT-Sportanlage und dem Freibad locken die vielfältigen Spazierwege die Jogger und Nordic Walker schon in den frühen Morgenstunden an. Auf der Inselnordseite findet man zudem eine Rasenspielfläche sowie einen Trimm-dich-Pfad, der vor allem abends stark frequentiert ist. Und selbst die jüngsten Inselbesucher kommen hier auf ihre Kosten, denn direkt neben dem Trimm-dich-Pfad lockt ein großer schattiger Spielplatz vor allem an heißen Sommertagen zum ausgiebigen Toben.

Das Gleichgewicht zu bewahren zwischen Erholungs- und Sportangeboten für die Bevölkerung auf der einen Seite und der Bewahrung eines einzigartigen Rückzugsraumes für Pflanzen und Tiere, ist das Anliegen des städtischen Gartenamtes. Deshalb fasste man die Spiel- und Sporteinrichtungen im Norden zusammen, während die Südhälfte des Parks im Wesentlichen nur durch Spazierwege erschlossen ist. So konnten die Eingriffe in das natürliche Gefüge am Oberen Wöhrd gering gehalten werden und die Natur erhielt die Möglichkeit, sich weiter frei zu entfalten.

Fotografie: Naturnaher Spielplatz
Naturnaher Spielplatz © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Naturdenkmal Pappelallee

In erster Linie einheimische Baumarten wie Eschen, Weiden, Erlen, Ahorne, Pappeln und Linden fühlen sich im Inselpark wohl. Sie finden hier ideale Bedingungen und können sich ohne größere Eingriffe entfalten. Im Herbst, wenn die Kronen der Bäume im Nebel verschwinden, erzeugen ihr oft bizarrer Wuchs, das üppige Grün und das wild wuchernde Unterholz eine märchenhafte, fast unwirkliche Atmosphäre.

Eine ganz besonders magische Anziehung übt die Pappelallee an der Nordseite des Wöhrdbades auf die Besucherinnen und Besucher aus. Ursprünglich waren hier die Bäume versetzt und in großen Abständen gepflanzt worden. Mittlerweile sind sie so mächtig, dass sich die ursprüngliche Allee nur noch als schmaler Pfad hindurch schlängeln kann und scheinbar ins Unendliche führt. Dieser verwunschene Ort zieht aber nicht nur die Spaziergänger und die Fotografen in seinen Bann, er beheimatet auch eine ganze Reihe von streng geschützten Tierarten. Unterschiedliche Spechtarten, Waldkäuze, Baumläufer, Kleiber oder Totholzkäfer haben hier ein artgerechtes Zuhause inmitten der Stadt gefunden. Wie schön und wie schutzbedürftig diese Allee ist, hat auch der Stadtrat erkannt. Seit dem Sommer 2018 darf sie sich – auf einstimmigen Beschluss hin – Naturdenkmal nennen.

Text: Eva-Maria Hinterberger