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Die Schillerwiese: Baden, Radfahren, Flanieren am nördlichsten Donaubogen

Der Name „Schillerwiese“ ist irreführend. Denn das, was die Parkanlage längs der Donau im Stadtwesten auszeichnet, ist keine einzelne Rasenfläche. Und auch wer nach den Spuren Friedrich Schillers sucht, sollte mit Spürsinn unterwegs sein. Um dem Ursprung des Namens auf den Grund zu gehen, muss man bis ins Jahr 1905 zurückgehen.

Schillerwiese

14. August 2020

Bis dahin fand man dort, wo sich heute die Pfaffensteiner Wehranlage befindet, saftige Wiesen und Weiden vor, auf denen Kühe grasten, weshalb die Gegend im Volksmund auch „Kuhwiese“ genannt wurde. Man berichtet, dass die Landschaft dort so anmutig gewesen sei, dass sich Kaiser Karl V. nach seinen anstrengenden Regierungsgeschäften gerne dorthin zurückzog, um ein bisschen Ruhe zu tanken. Ab 1806 allerdings fand die Beschaulichkeit ein jähes Ende, als man den Galgen auf dem Galgenberg und die Köpfstatt an der Dechbettener Straße aus der Stadt hinaus verlagerte. Fürderhin wurden die Hinrichtungen dann auf der späteren Schillerwiese vollzogen.

Das Schiller-Denkmal erinnert an den großen deutschen Dichter.
Das Schiller-Denkmal erinnert an den großen deutschen Dichter. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Schiller-Denkmal

Das allerdings war 1905 längst Vergangenheit. Nichts erinnerte mehr an die grausigen Szenen, die sich im Westen der Stadt wohl einst abgespielt hatten. Damals ließ der Verschönerungsverein Regensburg e. V. das Wiesengelände mit Bäumen bepflanzen und schüttete zu Ehren des 100. Todestags von Friedrich Schiller einen Hügel auf, auf dem in Anwesenheit einer entfernten Verwandten des großen deutschen Dichters die sogenannte Schiller-Linde gepflanzt wurde. Ein Gedenkstein erinnert noch heute an diese Linde, die mittlerweile durch einen jüngeren Baum ersetzt worden ist.

Das kleine Dickicht, das mittlerweile rund um den Gedenkstein entstanden ist, ist heute ein El Dorado für Fledermäuse. „Es handelt sich hier um einen ausgeprägten Altbaumbestand mit vielen Morschungen in unmittelbarer Nachbarschaft der Donau“, sagt Gartenamtsleiter Hans Dietrich Krätschell. „Da gibt es unzählige Insekten und viele Hohlräume, in denen die Fledermäuse einen Unterschlupf finden können. Das ist einfach ideal – die haben hier alles was sie brauchen, direkt vor der Haustüre!“ Trotzdem hat das Gartenamt zusätzliche Nistkästen für die Fledermäuse aufgehängt.

Badeanstalt

Eine Straße, die parallel zum Donau-Radweg in Richtung Westen führt, trägt heute noch den Namen „An der Schillerwiese“. Wo sie endet, war einst der Eingang zum sogenannten „Frei- und Flußbad Schillerwiese“. Noch bis in die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts mussten sich die Badewilligen in streng nach Geschlechtern getrennten Bereichen erfrischen. Die in die Donau hineingebauten Becken waren durch Bretterzäune vollständig von neugierigen Blicken abgeschottet. Aber trotz strenger Ahndung durch die Polizei stand bereits damals das Wildbaden außerhalb der Badeanlagen hoch im Kurs. Nach einer grundlegenden Sanierung der Badeanlagen war das Schwimmvergnügen der Regensburgerinnen und Regensburger in der Nachkriegszeit deutlich weniger eingeschränkt. Wer nicht das Glück hatte, eine der schnell zusammengezimmerten Holzliegen zu ergattern oder einen eigenen Liegestuhl mitgebracht hatte, der breitete einfach sein Handtuch aus, genoss die wärmende Sonne und ab ging’s ins kühle Nass!

Fest im Fluss

Mit der Kanalisierung der Donau fand dieses – manchmal wegen der Abwässer, die damals noch ungeklärt in den Fluss geleitet wurden – nicht ganz ungetrübte Vergnügen Anfang der 1970er-Jahre ein Ende. Heute sind die Sonnenanbeter und die Wasserratten zurückgekehrt. Eine Bürgerinitiative rund um Klaus Caspers und Anton Zimmermann initiierte die Renaturierung der Uferzone. Badebuchten entstanden, in die Natur eingebettete Installationen stellten eine Synthese zwischen Mensch und Natur her. Gefeiert wurde diese Wiederauferstehung der Schillerwiese mit dem ersten Fest im Fluss im Jahr 1998.

Ein Teil dieser Installationen markiert auch heute noch den Bereich der alten Schillerwiese. Der „Fährmann“ von Wigg Bäuml beispielsweise oder „Windzeichen“ und „Schiffszeichen“ von Klaus Caspers. Hinzugekommen ist mittlerweile „Die Hommage an die Schifffahrt und den Weinbau“ von Wigg Bäuml, der den im Jahr 2015 ausgelobten Kunstwettbewerb zur Gestaltung des Aussichtsplatzes gewonnen hatte. Die von einem Laubengang mit stilisiertem Weinlaub sowie einer Schiffsinstallation flankierten Sitzstufen, die auch für Rollstühle, Rollatoren und Kinderwägen erreichbar sind, lenken den Blick auf die Nikolausstatue am anderen Donauufer, den nördlichsten Punkt der Donau.

„Dieser Ort hat eine wunderbare Energie“, sagt Regina N., die gerade auf den Stufen ihr Badetuch ausbreitet. Hier bin ich direkt an der Donau, kann das Wasser riechen und meinen Blick schweifen lassen. Das ist Natur-Luxus, nicht mehr und nicht weniger!“

Runder Tisch

Dieser Aussichtsplatz sowie die gesamte Neugestaltung des Uferbereichs sind die Folge gravierender Eingriffe in den ursprünglichen Baumbestand, die nötig wurden, als man die Ursachen für das verheerende Hochwasser im Oderbruch 2010 analysierte und feststellte, dass die Sicherheit des Deichs aufgrund seiner geringen Breite und der Verwurzelungen im Uferbereich bei einem Jahrhunderthochwasser nicht mehr gewährleistet werden könne. Ein moderierter Runder Tisch mit Bürgern, Vertretern von Stadtratsfraktionen, Umweltverbänden, dem Wasserwirtschaftsamt und der Stadtverwaltung erarbeitete ein Konzept, das einerseits der Statik des Deichs bei Hochwasserereignissen Rechnung trug, andererseits aber auch die Bedürfnisse der Bevölkerung nach einem naturnah gestalteten Naherholungsraum längs der Donau berücksichtigte.

Friedliches Nebeneinander: Jogger, Radfahrer und Spaziergänger auf dem Donau-Radweg
Friedliches Nebeneinander: Jogger, Radfahrer und Spaziergänger auf dem Donau-Radweg © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Aufgrund der Deichverbreiterung war es nun auch möglich, wieder wegebegleitend Bäume zu pflanzen, die in einigen Jahren Schatten spenden werden. Ausgewählt wurden hier ganz bewusst Sorten, die mit trockenen Standorten zurechtkommen. Deshalb findet man unter den Neuanpflanzungen Ungarische Eichen, Esskastanien und Blumen-Eschen. Lockere Pflanzungen verschiedener Sträucher, wie Hasel, Vogelbeeren, Holunder und Heckenkirschen sollen künftig einen Sichtschutz für die Bereiche der Flusszugänge darstellen und dazu beitragen, dass auch die heimische Vogelwelt hier wieder einen naturnahen Lebensraum vorfindet.

Text: Dagmar Obermeier-Kundel