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Der Botanische Garten der Universität: Erlebnisraum und Paradies der Artenvielfalt

Er ist kein städtischer Park, aber eine Bereicherung für die Parklandschaft der Stadt – der Botanische Garten der Universität Regensburg. 1977 auf 4,5 Hektar Fläche angelegt, um in erster Linie wissenschaftlichen Zwecken zu dienen, ist er längst zu einem botanischen Kleinod geworden.

Fotografie: Luftaufnahme des Botanischen Gartens der Universität
Auf 4,5 Hektar erstreckt sich der Botanische Garten der Universität. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

13. Juli 2023

Natürlich profitieren auch heute noch die Studierenden der Fachbereiche Biologie und Pharmazie von dem Anschauungsmaterial, das hier wächst und gedeiht. So können Studierende der Botanik direkt am Objekt lernen, ob die Blätter einer Pflanze wechselständig oder gegenständig angeordnet sind, ob es sich bei den Blüten um Schraubeln, Wickel oder Dolden handelt, oder ob sie es mit einer Staude, einem Strauch oder einem Baum zu tun haben. Sie lernen unterschiedliche Bestäubungsarten kennen und erfahren, dass diese Aufgabe bei bestimmten Pflanzen von Fledermäusen, Vögeln, Mücken oder Mäusen übernommen wird. Künftige Pharmazeuten begegnen hier den Pflanzen, welche als Lieferanten von diversen Wirkstoffen für Medikamente fungieren

Natur mit allen Sinnen wahrnehmen

Für die Besucherinnen und Besucher, die den Botanischen Garten zu ihrem Vergnügen aufsuchen, spielen diese Dinge vermutlich eine untergeordnete Rolle. Sie kommen in erster Linie, um die Vielfalt der Natur mit all ihren Sinnen wahrzunehmen. Sie wollen die unterschiedlichen Grüntöne des Blattwerks wahrnehmen, sich an der bunten Vielfalt der Blumen erfreuen, dem Duft der Blüten nachspüren und dem Zwitschern der Vögel lauschen, die hier eine Heimat gefunden haben. Eingerahmt von der Universitätsstraße und der Straße Am Biopark finden sie ein Paradies der Artenvielfalt, das sich nicht auf die bloße Zusammenschau der unterschiedlichsten Pflanzen beschränkt. Gerade in den letzten Jahren hat man viel Wert auf gestalterische Prinzipien gelegt. So ist der südliche Teil des Botanischen Gartens, der ursprünglich nur Bäume und Rasenflächen aufwies, mittlerweile einem englischen Landschaftsgarten nachempfunden.

In drei geografischen Abteilungen findet man die unterschiedlichsten Pflanzen aus Amerika, Asien und Europa. Eine lange Mittelachse eröffnet dem Blick des Betrachters immer wieder neue Perspektiven. Ende Mai recken im amerikanischen Sektor die sechs unterschiedlichen Arten der Götterprimel ihre Blüten der Sonne entgegen und Mimulus, die Gauklerblume, zeigt ihre beweglichen Narbenlappen, die verhindern, dass sich die Pflanze selbst bestäubt. Die rot-blühende Lichtnelke und die Freilandgloxinie Incarvillea younghusbandii, die aus Ost-China stammt, kann man im asiatischen Sektor bestaunen. In dieser Abteilung findet man auch 20 unterschiedliche und äußerst vielgestaltige Arten des Salomonssiegels, die größtenteils in China beheimatet sind. Aber natürlich ändert sich das Spektrum immer wieder – gerade die wechselnde Vielfalt ist ja das Reizvolle!

Heidelandschaft, Tundramoor und Auwald

An die geografischen Abteilungen schließt sich im Westen eine Heidelandschaft mit Binnendüne an. Im Frühsommer blüht hier am Rande der Binnendüne die sehr seltene bunte Schwertlilie, die auf der Roten Liste der Arten steht, die vom Aussterben bedroht sind. Um ins Tundramoor zu gelangen, muss man den eingezäunten Bereich verlassen und den Bereich der mitteleuropäischen Laubwaldzone durchqueren. Auch das Tundramoor ist eingezäunt, vor allem deshalb, weil wilde Kaninchen sonst den Jungpflanzen schnell den Garaus machen würden. Hier wachsen Wollgras, Moosbeeren und der weißblühende Sumpfporst. Auf einem Bohlenweg kann man durch die naturnah gestaltete Moorlandschaft streifen.

Auf der anderen Seite des Weges erstreckt sich die subalpine Zone, die noch vor kurzem ausschließlich als Arboretum gestaltet war. Latschen, Lärchen und Zirbelkiefern haben hier schon eine ansehnliche Größe erreicht. Seit 2016 werden zwischen und unter diesen Baumgruppen auch die der Landschaft entsprechenden Kräuter und Stauden angepflanzt, so dass der Besucher dort mittlerweile Alpendost, Berggreiskraut, Gold-Pippau, Trollblumen, Teufelskralle und Fingerhut antrifft. Geplant ist außerdem, diese begonnene Staudenunterpflanzung sukzessive zu erweitern.

Den Berg hinunter geht es durch den Auwald, durch den ein kleiner Bach plätschert. Türkenbundlilien und Eisenhut säumen den Weg. Am Ende des Auwalds mündet der gewundene Pfad in den unteren Bereich der sogenannten systematischen Abteilung des Botanischen Gartens, in dem Pflanzen nach ihrer jeweiligen Familien- und Gattungszugehörigkeit kultiviert werden.

Fotografie: Kakaobaum
Sogar ein Kakaobaum mit seinen auffälligen gelben Früchten gedeiht in einem der Gewächshäuser. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Bedrohte Arten und exotische Pflanzen

Im unteren Teil, östlich der zentralen Wegeverbindung zwischen Universität und Sportzentrum, locken ein ebenfalls neugestalteter Felsengarten und die pharmazeutische Abteilung mit ihren Heil- und Giftpflanzen. Ein wesentlicher Teil ist zudem den vom Aussterben bedrohten Pflanzen Bayerns gewidmet. Arnika, Drachenmaul, Alpenaster, Pfingstnelke und das ausgesprochen seltene Augsburger Steppengreiskraut, das im Juni seine gelben Blütenkörbchen in den Himmel reckt – sie alle stehen auf der Roten Liste und haben hier eine geschützte Umgebung gefunden. Ein Sortiment an unterschiedlichen Kletterpflanzen und die Schattenhallen schließen sich an, bevor der Besucher zu den vier großen Gewächshäusern gelangt. Die Pflanzen, die dort kultiviert werden, sind nach unterschiedlichen Klimazonen geordnet. Die Orchideen, die beeindruckende Kakaopflanze und die aus Java stammende Kletterschraubenpalme, die von Fledermäusen bestäubt wird, benötigen mindesten 22 Grad Celsius. Etwas kühler ist es in Haus 2, wo die fleischfressenden Pflanzen ein neues Zuhause gefunden haben. Sonnentau, Fettkraut und Sonnenkrüge warten hier auf ihre Beute. Auch die Pflanze der Unsterblichkeit, die aus Südostasien stammt gedeiht in der hier nachgebildeten Klimazone. Untersuchungen der 1970er-Jahre haben übrigens ergeben, dass in einer bestimmten Region in China, in der überdurchschnittlich viel Tee aus dieser Pflanze gebraut würde, auch überdurchschnittlich viele Über-Hundertjährige leben.

Gleich nebenan findet man tropische Nutzpflanzen wie die Erdbeer-Guave, den Kaffeestrauch, Erdnusspflanzen, Papayabäume, Zitronengras und Pfeffersträucher. Im kühlsten Gewächshaus gedeihen Kakteen, Sukkulenten und Euphorbien aus Afrika und Amerika.

Fotografie: Gewächshaus im Botanischen GartenIn den Gewächshäusern sind die Pflanzen nach Klimazonen geordnet. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Die relativ kurze Geschichte des Botanischen Gartens hat eine lange Vorgeschichte

Obwohl die ersten Gewächshäuser bereits 1972 errichtet wurden, gilt das Jahr 1977 als Geburtsstunde des Botanischen Gartens. Doch bereits vorher hatte es in der Stadtgeschichte nicht an Versuchen zu Etablierung von Botanischen Sammlungen gemangelt. So existierte der von dem Arzt Johannes Oberndorffer zu Beginn des 17. Jahrhunderts auf dem Gelände der heutigen Von-der-Tann-Schule angelegte medizinisch-botanische Garten nur 17 Jahre lang.

Mit der Gründung der Regensburger Botanischen Gesellschaft im Jahr 1790 erlebte die Botanik eine bis dato nicht gekannte Blüte. David Hoppe, eines der Gründungsmitglieder, gründete 1803 einen Botanischen Garten auf dem Areal des ehemaligen Evangelischen Krankenhauses, den er für seine botanischen Vorlesungen am Lyzeum St. Paul nutzte.
Ebenfalls nur kurze Zeit existierte der private Botanische Garten von Graf Kaspar von Sternberg auf dem Gelände der Theresienruhe im Fürstlichen Schlosspark. Und von 1817 bis 1852 unterhielt die Botanische Gesellschaft einen weiteren Botanischen Garten auf dem Gelände des heutigen Hallenbades. Doch all diesen Einrichtungen war kein langes Leben beschieden.

Text: Dagmar Obermeier-Kundel