Vier Körpergräber aus spätrömischer Zeit
„Wir sind bisher davon ausgegangen, dass es nach 170 nach Christus keine größere römische Besiedlung mehr in Kumpfmühl gegeben hat“, erklärt Sebrich. Auch die Funde, die die Archäologen zunächst auf ihrer Ausgrabung an der Simmernstraße tätigten, widerlegten diese These nicht. Man stieß auf Öfen, Erdkeller und weitere aufschlussreiche Siedlungsspuren aus der Zeit zwischen 80 und 170 nach Christus, die beim Tunnelvortrieb für den Bau der Bierkeller unversehrt geblieben waren. Buchstäblich in letzter Minute – die schweren Baumaschinen waren bereits angerückt – entdeckte man neben Resten einer vorgeschichtlichen Siedlung aus der späten Bronzezeit (1300 bis 800 vor Christus) vier Einzelgräber, sogenannte Körpergräber.
Weil bis etwa 250 nach Christus die Römer ihre Verstorbenen ausschließlich kremierten und in Brandgräbern bestatteten, lag der Schluss nahe, die Grabstätten auf die Zeit danach zu datieren, in eine Zeit also, in der in Kumpfmühl bis dato noch keinerlei römische Spuren belegt waren. Umdenken war demnach angesagt. „Wir müssen jetzt davon ausgehen, dass es dort eine spätantike Siedlung gegeben hat, von der wir bisher überhaupt nichts wussten“, berichtet Sebrich begeistert.
Das aufwändigste der vier Gräber, ein sogenanntes Ziegelplattengrab, das mit sechs Lagen von Tonziegeln abgedeckt war, wies neben einem gut erhaltenen und in einem Sarg bestatteten Skelett auch mehrere Grabbeigaben auf: zwei Glasgefäße, eines so dünn, dass es nicht rekonstruiert werden konnte, einen bronzenen Ohrlöffel, ein kosmetisches Instrument, mit dem Salböl einem Gefäß entnommen werden konnte, sowie zwei Strigiles, sogenannte Schabeisen aus Bronze. Als Grabbeigabe durchaus eine Besonderheit, die die Fachwelt aufhorchen lässt!