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Vom Scherbenviertel zum Café Klara

Es ist ein Phänomen, das wohl immer seltener wird. Doch bei Reiner Wild, Leiter des Mehrgenerationenhauses in der Ostengasse, kann man es noch beobachten: Er bekleidet seit März 1982 die immer gleiche Stelle – mit dem immer gleichen Elan.

Reiner Wild blickt zufrieden auf alle Stationen seines Berufslebens zurück.
Reiner Wild blickt zufrieden auf alle Stationen seines Berufslebens zurück. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

17. Dezember 2019

„Die Stelle hat sich auf die Jahre hin entwickelt und ich habe versucht mich mit ihr mit zu entwickeln. Habe Fortbildungen gemacht und war den Veränderungen gegenüber meist offen“, erklärt er.

Reiner Wild ist jemand, den man als einen „dynamischen“ Mann bezeichnen könnte. Tatendrang, Ideenreichtum und Humor sieht man ihm sofort an. Es scheint wie eine ideale Kombination für einen Sozialpädagogen. Denn einfach ist der Job nicht immer.

Schon seit Beginn der 80er füllt Reiner Wild seine Stelle kreativ aus.
Schon seit Beginn der 80er füllt Reiner Wild seine Stelle kreativ aus. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Begonnen hat die Laufbahn bei der Stadt für den Diplom-Sozialpädagogen (FH) mitten in einem Scherbenviertel. Die Westnerwacht, heute eine beliebte Wohnlage zwischen Arnulfsplatz und Hochweg, war zu Beginn der 80er-Jahre noch ein Problemviertel. „Ich habe im Haus der Jugend in der Westernwacht angefangen zu arbeiten. Das war zu Beginn meines Dienstes ein reines Jugendzentrum mit Kicker und allem, was dazugehört. Wenn wir damals am Wochenende Discoabende abgehalten haben, dann konnte es schon passieren, dass rivalisierende Gruppen von Jugendlichen versucht haben, für Ärger zu sorgen. Wir mussten, weil viele mit Waffen kamen, an der Türe zum Beispiel Schlagringe einsammeln!“

Nicht nur einmal sei er bei einer solchen Schlägerei in der Disco dazwischen gegangen. Eine Disco im Jugendzentrum war vor rund 40 Jahren auch noch ein großes Thema, weil die Jugendlichen sonst wenige Möglichkeiten hatten, kostengünstig ihre Musik zu hören.

Spielbus und Geisterbahn

Ab 1985 fusionierte das Haus der Jugend mit dem Spielbus. „Das war eine gute Zeit, mein Kollege Christoph Wagner-Neisinger und ich haben viele Sachen ausprobiert und hatten sehr viel Spaß bei unserer Arbeit.“ Irgendwann wurden die Räume in der Westnerwacht jedoch umgebaut und das Jugendzentrum zog in das Gebäude um, das heute das „Café unter den Linden“ beherbergt. „Das war die allerschönste Zeit. Wir konnten das Gebäude bis zum Dachboden nutzen und bauten zum Beispiel ins oberste Geschosse eine Geisterbahn – in der konnten die Kinder krabbeln.“ Auch andere Aktionen wie das Maibaumaufstellen im Park und die Kinderfilmwochen kamen wunderbar an. „Es war einfach auch toll, den schönen Park um das Gebäude mit zu nutzen!“

Anfang der 90er-Jahre zog Reiner Wild dann beruflich in das sanierte ehemalige Schulgebäude in der Ostengasse, in dem sich auch heute noch das „Mehrgenerationenhaus“ befindet. Nach der Eröffnung des Mehrgenerationenhauses im Februar 2008 mussten er und das Team das Konzept erst nach und nach mit Leben füllen. „Inzwischen funktioniert das Konzept sehr gut. Von den Gruppen, die sich im Haus treffen, sind die meisten Seniorengruppen. Von „Schafkopfen für Frauen“ bis hin zu „Nähen“, Sportkursen und „Philosophieren“ geht die Bandbreite der Gruppen. Es gibt auch generationenübergreifende Angebote im Haus, wie ein Theaterprojekt, Chi Gong und einen Töpferkurs. Jugendliche wie früher im Haus der Jugend sehe man eher selten. Kindheit und Jugend – und auch der Verkehr in der Stadt – hätten sich seit den 80er-Jahren stark verändert.

Kinder und Jugendliche kommen nicht mehr wie früher selbstständig mit dem Rad – sie werden eher gebracht oder kommen mit ihren Eltern zu Angeboten wie dem Familienfrühstück. „Was mir manchmal fehlt ist, dass aktive Erwachsene aus dem Viertel das Café auch abends mit Leben füllen“, erklärt Reiner Wild.

Gerade die Arbeit mit Medien macht dem Sozialpädagogen sehr viel Spaß.
Gerade die Arbeit mit Medien macht dem Sozialpädagogen sehr viel Spaß. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

„Wir sind der kreative Teil“

Auch nach all den Jahren und den vielen Ortswechseln ist Reiner Wild auf seiner Stelle noch sehr zufrieden. „Besondere Erfolge waren für mich die Einführung von Mini-Regensburg und des Kinderbürgerfests. Und das ist eben das Beste: Ich konnte und kann in meinem Job zu jeder Zeit Dinge machen, die mich auch wirklich interessieren. Und das empfinde ich als Luxus.“

Die Ideen gehen Reiner Wild auch noch lange nicht aus – in den regelmäßigen Workshops für Kinder werden derzeit zum Beispiel „Escape Rooms“ gebaut und verschiedenste Medien ausprobiert. Da wundert es nicht, dass auch privat die Kreativität nicht zu kurz kommt. Beim  Duo „Kreiner und Reiner“ spielt er Gitarre und am liebsten entspannt er zu Folk und Blues. Wird Reiner Wild gefragt, wie er seinen Job mit einem Satz zusammenfassen würde, sagt er: „Wir sind der kreative Teil.“ – Und das scheint ihm schon sehr lange sehr gut zu gefallen.

Text: Eva Karl-Faltermeier