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Vom Bankschalter auf die Partymeile

Der Kommunale Ordnungsservice (KOS) sorgt derzeit gemeinsam mit der Polizei auf der Jahninsel für Recht und Ordnung. Einer der Ordnungshüter ist Thomas Kaschel, der sich Nacht für Nacht ins Getümmel stürzt.

Thomas Kaschel im Gespräch mit der Polizei

30. Juli 2020

Erbrochenes im Vorgarten, laute Musik bis in die frühen Morgenstunden und bergeweise Müll im sonst so schönen Naherholungsgebiet: Was die Anwohner in Stadtamhof seit Beginn der „Corona-Krise“ mitmachen mussten, hat mit friedlichem Zusammenleben nichts mehr zu tun. Daher haben die Polizei und das städtische Ordnungsamt ihre Präsenz auf der Jahninsel und dem Grieser Spitz massiv verstärkt, um die ausartenden Freiluft-Partys zu unterbinden. Einer der Ordnungshüter ist Thomas Kaschel, der sich als Mitarbeiter des Ordnungsdienstes Nacht für Nacht ins Getümmel stürzt.

Einen krisensicheren, ruhigen Job im öffentlichen Dienst hatte Thomas Kaschel gesucht, als sich abzeichnete, dass die Bankfiliale, in der er als Kundenbetreuer am Schalter arbeitete, schließen würde. Vier Jahre später streift er mit Uniform, Einsatzstock und Reizstoffgerät (betrieben mit Pfefferpflanzenextrakt) durch die Party-Hotspots der Stadt, um lärmende, betrunkene Jugendliche zur Vernunft zu bringen – und ist damit glücklich. Als Mitarbeiter im „Kommunalen Ordnungsservice“ (KOS) ist er dafür zuständig, Störungen im öffentlichen Raum wie etwa Lärmbelästigung oder Vandalismus zu unterbinden. Schwerpunkte seiner Arbeit sind dabei seit Wochen die Jahninsel und der Grieser Spitz, die seit der pandemiebedingten Schließung der Bars und Clubs von den Nachtschwärmern zur Großraumdisco umfunktioniert wurden.

„In meinem Job brauche ich viel Fingerspitzengefühl. Vor jeder Kontaktaufnahme mit Störenfrieden überlegen meine Kollegen und ich genau, wie wir an die Situation herangehen“, erklärt Kaschel. In der Regel treten die Ordnungshüter entspannt und kameradschaftlich auf und kommen damit auch meist gut an: „Der Großteil der jungen Leute will einfach nur in fröhlicher Runde zusammensitzen und die Freizeit mit den Freunden genießen. Wenn wir sie dann freundlich darauf hinweisen, dass sie zu laut sind, reagieren sie fast immer verständnisvoll“. Selbst bei einer kompletten Räumung der Grünanlagen habe es bisher bis auf ein paar Diskussionen keinen größeren Widerstand gegeben.

Partymüll

„Wer sich betrinken will, wird direkt wieder heimgeschickt“

„Neben einigen Störenfrieden ist das Problem auch die Masse Mensch. Wenn an einem Abend vier- bis fünfhundert Jugendliche zusammensitzen, kommt automatisch unverträglicher Lärm auf – zumal mit zusätzlicher Musik. Bei solchen Zuständen bringt es nichts mehr, noch einzelne Gruppen anzusprechen. Da bleibt uns dann keine andere Möglichkeit, als alle wegzuschicken.“

Grundlage für die Arbeit des KOS ist dabei die städtische Grünanlagensatzung, die auch für die Donauauen, die Jahninsel und den Grieser Spitz gilt. Das Abspielen von Musik, lautes Schreien und Lachen und der Aufenthalt in berauschtem Zustand sind darin ausdrücklich verboten. Dadurch können die KOS-Mitarbeiter Jugendliche, die offensichtlich in der Absicht an die Donau gehen, sich zu betrinken, auch schon im Vorfeld wieder nach Hause schicken: „Wenn eine kleine Gruppe einen ganzen Kasten Bier und mehrere Flaschen Schnaps dabei hat, ist klar, dass die nicht nur gemütlich einen Absacker trinken wollen. Andere bringen richtiges Equipment für Trinkspiele wie einen Beerpong-Tisch mit, oder Trichter und Schläuche, um damit eine ‚Bier-Bong‘ zu bauen“, berichtet Kaschel. „Das reicht für uns dann als Hinweis, um schon vorbeugend eingreifen zu können.“

Denn ist der Alkohol erst einmal zu Kopf gestiegen, ist es mit freundlichen Gesprächen nicht mehr ganz so einfach. Dabei haben Kaschel und seine Kollegen schon einige brenzlige Situationen erlebt: „Erst vor kurzem haben wir auf der Jahninsel drei sehr betrunkene junge Männer angetroffen, von denen einer vor allen Leuten mitten auf den Platz uriniert hat. Als wir ihn angesprochen haben, hat er sehr aggressiv reagiert und gedroht, mir den Schädel einzuschlagen. Daraufhin haben wir die Gruppe vom Platz verwiesen.“ Fast noch schlimmer als diese Situation sei aber die Reaktion der Umstehenden gewesen. „Eine Gruppe, die daneben saß, hat uns während des Einsatzes permanent gefilmt und uns ‚racial profiling‘ vorgeworfen, weil die jungen Männer einen Migrationshintergrund hatten.“ Uniformierte werden laut Kaschel trotz des meistens entgegengebrachten Verständnisses immer öfter als Feindbild wahrgenommen und ihr Handeln genau beobachtet, häufig auch gefilmt. „Wir müssen stets genau darauf achten, wie das, was wir tun, auf die Außenstehenden wirkt.“

Kollegen geben Halt

Erlebnisse wie diese steckt auch der entspannte 36-Jährige nicht immer ganz leicht weg. Ausgleich und Entspannung findet er bei seiner Familie, langen Spaziergängen mit seinem Hund und bei seinen Kollegen, mit denen er ein herzliches, freundschaftliches Verhältnis hat: „Wir haben uns im Lauf der Zeit ein dickes Fell zugelegt und geben uns gegenseitig Halt.“ Unter diesen Voraussetzungen blickt Kaschel optimistisch nach vorn: „Würden sich alle an das halten, was es für ein rücksichtsvolles und friedliches Zusammenleben braucht, hätten wir kein Problem.“ Und bis dies bei allen Störenfrieden angekommen ist, werden sich Thomas Kaschel und seine Kollegen weiterhin unermüdlich dafür einsetzen.   

Untereinander auf Abstand und mit Jugendlichen im Gespräch: Thomas Kaschel und sein Kollege Tobias Grande sind an Sommerabenden v. a. auf der Jahninsel und dem Grieser Spitz im Einsatz. Untereinander auf Abstand und mit Jugendlichen im Gespräch: Thomas Kaschel und sein Kollege Tobias Grande sind an Sommerabenden v. a. auf der Jahninsel und dem Grieser Spitz im Einsatz. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Text: Kristina Kraus