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„Mein Fokus liegt immer auf dem Wohl der Kinder“

Familie kann bunt sein – da ist sich Verena Deubler sicher. Beim Amt für Jugend und Familie ist sie mit drei Kolleginnen für die Vermittlung und Betreuung von Pflegekindern zuständig und dabei immer auf der Suche nach Menschen, die bereit sind, ihnen ein liebevolles Zuhause zu geben.

Fotografie – Verena Deubler lehnt an einem Schränkchen und blickt in die Kamera.

22. Januar 2021

Durchschnittlich zehn Kinder werden in Regensburg jährlich in Vollzeitpflegefamilien vermittelt. Die Gründe dafür sind vielschichtig, doch sie haben eins gemeinsam: Ihre Eltern sind längerfristig nicht in der Lage, sich um sie zu kümmern. „Im Jugendamt haben wir eine breite Palette an Hilfsmöglichkeiten für Familien. Trotz dieser Unterstützung können Eltern ihre Kinder manchmal nicht schützen“, berichtet Deubler. „Wenn das Kindeswohl gefährdet ist und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, diese Gefährdungssituation abzustellen, muss das Kind in Obhut genommen werden.“

In dringenden Fällen wird das Kind dann zunächst in eine Bereitschaftspflegefamilie gegeben und in einer Klärungsphase geprüft, ob eine Rückführung zu den Eltern möglich ist. „Ist das nicht der Fall und kommen auch keine anderen Lösungen in Frage, suchen wir für diese Kinder eine passende Pflegefamilie.“ Auch dann wird mit Blick auf das Kind die Möglichkeit der Rückführung zu den leiblichen Eltern regelmäßig überprüft. Oftmals ist das jedoch nicht möglich und die Kinder bleiben mit dauerhafter Perspektive in den Pflegefamilien. Im Unterschied zu einer Adoption entscheidet sich der Großteil der Eltern von Pflegekindern nicht freiwillig dazu, ihr Kind abzugeben.

Kinder kommen oft aus schwierigen Verhältnissen

„Oft wurden die Kinder zuvor von ihren Eltern vernachlässigt. Viele der Babys schreien gar nicht mehr, weil sie es nicht gewohnt sind, dass jemand auf ihre Bedürfnisse reagiert“, erzählt Deubler. „Die Eltern kommen meist selbst aus schwierigen Verhältnissen und haben nie gelernt, was liebevolle Erziehung bedeutet. Häufig kommen dann noch psychische Probleme, Drogen, Alkohol, ein schlechter Freundeskreis und fehlende Unterstützung hinzu.“ Die Familiendramen, die die 31-Jährige in ihrem Arbeitsalltag mitbekommt, sind nicht immer leicht wegzustecken.

Hinzu kommt die schwierige Situation, ein Kind von seinen Eltern zu entfernen und es bei einer anderen Familie unterzubringen. Denn dieser Schritt ist meist noch lange nicht das „Happy End“, sondern erst der Anfang einer langwierigen Beziehungsarbeit. Denn auch wenn die meisten Pflegekinder bei ihrer Vermittlung mit null bis drei Jahren noch sehr klein sind, so bringen sie oft schon einen großen „Rucksack“ mit, wie es Verena Deubler beschreibt: „Da tickt jedes Kind unterschiedlich. Manche haben an ihrer Vorgeschichte noch lange zu knabbern und tun sich sehr schwer, sich in der neuen Familie einzufinden. Andere sind sehr resilient, können mit Belastungen gut umgehen und entwickeln sich unglaublich gut.“

Unterstützungsangebote für Pflegeeltern

In jedem Fall werden die Pflegeeltern mit dem Kind und seinem Rucksack nicht allein gelassen: „Der wohl wichtigste Part in meinem Job ist es, die Pflegefamilien auf ihre Rolle vorzubereiten und die Integration des Kindes in der Familie zu unterstützen – und zwar mindestens bis zu seinem 18. Lebensjahr“, erklärt Deubler. Dazu gehört die Schulung der Familien in einem Vorbereitungsseminar, regelmäßige Hausbesuche, telefonische Beratung, Fortbildungsangebote, die Organisation von gemeinsamen Unternehmungen mit anderen Pflegefamilien und die Vermittlung zu Kooperationspartnern des Pflegekinderdienstes wie Therapeuten, Ärzten, Netzwerken und Beratungsstellen.

Fotografie – Verena Deubler in der Pflegekinderdienststelle
Zu Verena Deublers Job gehört es auch, die Werbetrommel für potentielle Pflegeeltern zu rühren und sie auf ihre Rolle vorzubereiten. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Darüber hinaus ist Deubler zusammen mit ihren drei Kolleginnen aus der Vollzeitpflegevermittlung auch für die Akquise neuer Pflegeeltern sowie deren Überprüfung zuständig. Bei der Vermittlung der Kinder an die Familien achten sie darauf, dass die Chemie zwischen ihnen stimmt und die Eltern nicht überfordert werden. Gleichzeitig stehen sie auch den leiblichen Eltern zur Seite. Wenn es die Situation verlangt, helfen sie ihnen, sich von ihrem Kind zu verabschieden. Beide Familien werden dabei unterstützt, den Kontakt miteinander zu halten und trotz der Umstände eine Beziehung zueinander aufzubauen. „Damit die Besuche der leiblichen Eltern harmonisch verlaufen und die Kinder eine schöne Spielzeit haben, begleiten wir die Besuche und können gegebenenfalls vermittelnd eingreifen“, erklärt Deubler.

Wohl der Kinder steht an erster Stelle

Nicht selten treten zwischen den beiden Familien Konflikte und Meinungsverschiedenheiten auf. „Das ist auch für mich oft emotional schwierig“, sagt Deubler. „Doch es hilft mir, immer wieder meinen Fokus auf das Kind zu richten. Mein Auftrag ist, mich als eine Art ‚Anwältin des Kindes‘ primär für sein Wohl einzusetzen und immer nach der bestmöglichen Lösung für das Kind zu suchen – auch wenn das nicht immer ganz einfach zu beantworten ist, da man nie wissen kann, wie sich die Dinge entwickeln.“

Dennoch hat Verena Deubler im Pflegekinderdienst ihren Traumjob gefunden. „Ich sehe nicht nur, dass es den Kindern schlecht geht, sondern ich kann ihnen helfen, ihr Leben zum Besseren zu wenden. Dadurch, dass ich sie über viele Jahre in ihren Pflegefamilien begleite, sehe ich, wie sie sich entwickeln und aufblühen. Zugleich schätze ich es sehr, mitzuerleben, wie die Pflegeeltern ihre schwierige Aufgabe meistern. Die allermeisten sehen ihren Familienzuwachs als ein großes Geschenk an und spiegeln uns das auch häufig wieder.“

Text: Kristina Kraus