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Dr. Nicole Litzel: Netzwerkerin für die Wissenschaft

Dr. Nicole Litzel hat ihren Traumberuf gefunden. Die promovierte Volkswirtin ist Wissenschaftsbeauftragte beim Amt für Wirtschaft und Wissenschaft. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen arbeitet sie daran, den Standort Regensburg weiterzuentwickeln und möglichst krisensicher für die Zukunft aufzustellen.

Fotografie: Dr. Nicole Litzel

1. Oktober 2021

Bei der Stadt arbeitet Dr. Nicole Litzel seit sechs Jahren. Mit den Wirtschaftsstrukturen in und um Regensburg beschäftigt sie sich schon deutlich länger. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat sie die Wirtschaftsbeziehungen zunächst in Ostbayern und dann auch in Mittelfranken analysiert. „Mich hat interessiert, wie der Wirtschaftsraum dort, wo ich herkomme, aussieht“, sagt die gebürtige Regensburgerin, die einige Jahre am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit tätig war. Eine Erkenntnis: Am besten funktioniert es, wenn jeder über seinen Tellerrand hinausschaut. „In Regensburg hat man schon vor über zwanzig Jahren angefangen, die wirtschaftliche Entwicklung in Form von Clustern zu fördern, und diese Strategie hat sich als supererfolgreich erwiesen.“ Cluster einzurichten bedeutet, dass der Austausch zwischen Unternehmen und Institutionen, die zu einem bestimmten Thema arbeiten oder forschen, aktiv gefördert wird und damit Kooperationen erleichtert werden. Das hat den Vorteil, dass sie gegenseitig von ihrem Wissen und ihren Erfahrungen profitieren können. Innovationen lassen sich so schneller entwickeln und umsetzen. Das kommt nicht nur den einzelnen Unternehmen und Einrichtungen zugute, sondern auch dem Wirtschaftsstandort als Ganzes, weil sich gerade junge, aufstrebende Unternehmen, die sich mit Zukunftsthemen beschäftigen, gerne in solchen Clustern ansiedeln. Regensburg bietet mit seiner lebendigen Hochschullandschaft beste Voraussetzungen für diese Art der Wirtschaftsförderung. Mittlerweile wurden neun Cluster etabliert. Die Themen reichen von Sensorik und IT-Sicherheit über Energie und Grüne Technologie bis zu Mobilität und Logistik sowie Kultur- und Kreativwirtschaft. Eine der jüngeren Initiativen dieser Art ist der Verein MINT-Labs Regensburg. Nicole Litzel hat seine Entwicklung in den vergangenen sechs Jahren begleitet und maßgeblich betreut.

Fotografie: Die Vertreterinnen und Vertreter der zwölf Gründungsmitglieder des MINT-Labs Regensburg e. V.
Die Vertreterinnen und Vertreter der zwölf Gründungsmitglieder des MINT-Labs Regensburg e.V. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Gemeinsam zum Schülerforschungszentrum

MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. „Genau die Fächer, in denen wir in Zukunft viele kluge, gut ausgebildete Köpfe brauchen“, so Dr. Litzel. Ziel der MINT-Labs (Labs steht für Labore) ist es, Kinder und Jugendliche früh für diese Themen zu begeistern und ihr Interesse am Forschen und Experimentieren zu entfachen. Die Initiative für die MINT-Labs ging von der Stadt, der Universität Regensburg und der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg aus. Bei der Planung war von Anfang an Praxisnähe wichtig. „An meinem zweiten Arbeitstag bei der Stadt, im Juni 2015, war ein großes Auftakttreffen angesetzt. Damals gab es „nur“ die Idee, einen solchen außerschulischen Lernort für junge Leute zu schaffen, und es ging darum zu klären, wie dieser gestaltet werden sollte, damit die Beteiligten auch etwas davon haben. Zu der Veranstaltung waren deshalb auch Vertreterinnen und Vertreter von Schulen, Unternehmen und Kammern eingeladen.“ Die Zusammenarbeit der Beteiligten, die mit diesem Treffen begann, mündete 2018 in der Gründung des Vereins MINT-Labs Regensburg e. V., an der neben Stadt, Uni und OTH weitere neun Unternehmen und Institutionen beteiligt waren. Und es gab 2018 noch einen weiteren Meilenstein für das Projekt: Auf dem Gelände der ehemaligen Nibelungenkaserne begannen die Bauarbeiten für das RUBINA, das Haus für Energie- und Umweltbildung der Stadt Regensburg, in dem die MINT-Labs ihr Zuhause finden sollten – gemeinsam mit einem städtischen Kinderhaus, das gezielt die naturwissenschaftliche Bildung seiner Schützlinge fördert, der Energieagentur Regensburg und dem Energie-Bildungszentrum um:welt. Bei der Planung und dem Bau des neuen Gebäudes wurden die zukünftigen Mieter eng eingebunden, um die Räume genau auf ihre Bedürfnisse abzustimmen. 

„Dabei habe ich auch viel über den Ablauf von Bauprojekten gelernt, womit ich vorher noch nicht viel zu tun gehabt hatte“, berichtet Dr. Litzel. Inzwischen sind die neuen Räume bezogen. Am 18. September 2021 hat das RUBINA offiziell seine Eröffnung gefeiert. Der MINT-Labs Regensburg e. V. besteht mittlerweile aus 18 Mitgliedern, und er hat einen Geschäftsführer und zwei feste Mitarbeiterinnen eingestellt, die sich um den Betrieb der Schülerlabore kümmern. Die Aufbauarbeit, die die Wissenschaftsbeauftragte für die Stadt betreut hat, ist weitgehend abgeschlossen. Jetzt übernehmen andere das Tagesgeschäft, auch wenn die Stadt natürlich weiterhin Mitglied im Verein bleibt und die Arbeit weiterhin auch finanziell unterstützt. Nicole Litzel freut sich, wenn sie sieht, wie die Jugendlichen konzentriert an Projekten arbeiten, Kinder durch die neuen Räume toben und an den Tischen experimentieren. Auch um die Zukunft des Vereins macht sie sich keine Sorgen: „Ich sehe, was die Mitglieder beitragen, welche Ideen sie haben und wie sie an der Weiterentwicklung mitarbeiten. Die MINT-Labs sind ein echtes Gemeinschaftsprojekt, wo jeder seine Kompetenzen einbringt.“ Außerdem seien sie im RUBINA in eine Nachbarschaft eingebunden, die hervorragende Bedingungen für Netzwerke biete. „Der TechCampus ist von Uni und OTH nicht weit, rund um das RUBINA siedeln sich gerade mehrere Unternehmen mit innovativen Konzepten an, und natürlich gibt es auch mit den anderen Mietern des RUBINA zahlreiche Anknüpfungspunkte.“

Fotografie: Nicole Litzel bei der Organisation der Stummfilmwoche
In ihrer Freizeit organisiert Nicole Litzel die Regensburger Stummfilmwoche. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Die Stadt mitgestalten

Zu erleben, wie durch die eigene Arbeit etwas Neues entsteht, etwas, das bleibt und die Stadt bereichert, sei das Schönste an ihrem Beruf. „Ich interessiere mich sehr für Stadtgeschichte und arbeite nebenbei schon lange als Stadtführerin“, so Nicole Litzel. Dabei sei ihr bewusstgeworden, wie viele Individuen über die letzten 2.000 Jahre dazu beigetragen hätten, dass die Stadt heute so aussehe, wie wir sie kennen. „Auch das, was wir heute machen, wird in hundert Jahren Auswirkungen haben. Ich finde es wunderbar, in diesem großen Prozess zumindest ein ganz kleines Rädchen mitdrehen zu dürfen.“
Die Leidenschaft dafür, das Stadtleben mitzugestalten, zeigt sich auch in ihrer Freizeit: Seit 2009 organisiert Dr. Nicole Litzel die Regensburger Stummfilmwoche. Als junges Mädchen hatte sie im Fernsehen zufällig „Das Phantom der Oper“ mit Lon Chaney, einen Stummfilm aus dem Jahr 1925, gesehen. Seitdem ist sie begeistert von diesem Genre. „Ich habe schon in meiner Schulzeit angefangen, bei der Filmwoche als Helferin mitzuarbeiten und bin dann in die Organisation reingerutscht.“ Am meisten beeindruckt sie das Zusammenspiel mit der Musik. „Die Musiker spielen nicht wie bei einem normalen Konzert, sondern sie reagieren auf das, was auf der Leinwand geschieht. Das ist absolut faszinierend.“

Wissenschaft soll sichtbar werden

Beruflich warten auf die Wissenschaftsbeauftragte nach der Eröffnung der MINT-Labs nun neue Aufgaben. „In den nächsten Jahren wird es verstärkt darum gehen, den Wissenschaftsstandort Regensburg im Stadtbild sichtbar zu machen“, berichtet sie. Regensburg sei ein bedeutender Standort für Forschung und Entwicklung. „Allein auf dem Galgenberg mit der Universität und der OTH, dem Uniklinikum und den medbo, dem BioPark und dem TechCampus und vielen Unternehmen arbeiten und forschen rund 50.000 Menschen im wissenschaftlichen Bereich. Für eine Stadt mit 160.000 Einwohnern ist das doch bemerkenswert.“ Trotzdem werde die Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges in der Stadt oft wenig wahrgenommen. „Wir wollen deshalb verstärkt Aktionen und Veranstaltungen in die Innenstadt bringen, die Wissenschaft niederschwellig zugänglich machen und zeigen, was jeder Einzelne in seinem Alltag davon hat.“ Viel dazu gibt es bereits im DEGGINGER, zum Beispiel in Form von Ausstellungen im PopUp-Raum, bei denen etwa Virtual-Reality-Brillen getestet werden können. „Das wollen wir ausbauen.“ Nächsten September wird vor diesem Hintergrund eine größere Veranstaltung nach Regensburg kommen – das Wissenschaftsfestival „Highlights der Physik“. Auch hier geht es wieder um Zusammenarbeit der Stadt mit der hiesigen Wissenschaft, diesmal mit der Universität Regensburg, die wiederum mit der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung Veranstalterin ist. Und bereits am 6. Oktober 2021 werden die Bürgerinnen und Bürger beim „AIR:Leben-Tag“ die Möglichkeit haben, zu entdecken, wie sich Künstliche Intelligenz im täglichen Leben einsetzen lässt. Mit dabei sind die Cluster Sensorik, Mobility & Logistics und natürlich die Universität und die OTH Regensburg.
Daneben wird Dr. Litzel sich weiterhin um ein Projekt kümmern, das schon seit einigen Jahren läuft, und ihr am Herzen liegt: „ff – frauen führen 2.0“ lautet der Titel. Dahinter verbirgt sich ein Bündnis aus mehreren Regensburger Unternehmen und Institutionen, die das Ziel haben, die Chancen für Frauen in Führungspositionen zu verbessern und Chancengleichheit zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen. Zum Programm gehören Role-Model-Veranstaltungen, bei denen junge Frauen sich mit beruflich erfolgreichen Frauen unterhalten und sie zu ihren Erfahrungen befragen können. Die nächste Veranstaltung „Your Job, Your Passion“ findet am 24. November 2021 statt.
Ihr eigener Berufsweg ist für Dr. Litzel immer noch die Erfüllung eines Traumes: „Ich kann hier genau die Themen, mit denen ich mich früher wissenschaftlich beschäftigt habe, und die mir wichtig sind, in die Praxis umsetzen. Dass ich so eine Stelle gefunden habe, und das auch noch in meiner Heimatstadt – das ist ein echter Glücksfall.“

Text: Katrin Butz