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Sie macht die Stadt familienfreundlich

Anna Schledorn arbeitet als Jugendhilfeplanerin beim Amt für kommunale Jugendarbeit. Sie ist unter anderem zuständig für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei der Planung von Spielplätzen, für die Durchsetzung der Kinderrechte auf lokaler Ebene und für das Programm „Kinderfreundliche Kommune“, ein Leuchtturmprojekt für Regensburg.

Anna Schledorn

4. März 2020

Künstler wissen es: Das kritischste Publikum ist die eigene Familie. Wenn es danach geht, leistet Anna Schledorn gute Arbeit. Denn ihre Kinder (acht und elf Jahre) zieht es, wenn es ums Spielen geht, immer zu den städtischen Spielplätzen. Kein Wunder, waren sie doch häufig dabei, wenn es darum ging, die coolsten Spielgeräte zu planen. Und ein Glück, dass ihre Mama solch einen spannenden Job hat! Allerdings muss sie beruflich viel Flexibilität zeigen.

Aber das macht Anna Schledorn nichts aus. Zum einen, weil ihre Chefin Annerose Raith, die Leiterin des Amts für kommunale Jugendarbeit, viel Verständnis für berufstätige Mütter hat und auch unkonventionelle Lösungen ermöglicht, und zum anderen, weil die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Anna Schledorn keine Belastung bedeutet, sondern eine Herausforderung, die sie gerne annimmt. „Natürlich muss man mal schnell umplanen können, aber genau das kommt mir entgegen, weil ich dadurch selbst flexibel bleibe“, betont sie.

Anna Schledorn mit Ama Dwimoh, Brooklyn Borough President, beim 1rst International Child Friendly Cities Summit in Köln
Anna Schledorn mit Ama Dwimoh, Brooklyn Borough President, beim 1rst International Child Friendly Cities Summit in Köln © Fotobooth UNICEF

Flexibilität und Einsatzfreude gefragt

Weil ihre Arbeit auch viel Dokumentation erfordert, kann sie einen großen Teil zuhause am Telearbeitsplatz erledigen. Ortstermine sind auch für ihre Kinder spannend, geht es doch stets darum, Regensburg noch familienfreundlicher zu machen. Und für den Fall der Fälle hat Anna Schledorn auch noch eine Oma vor Ort, die bei der Kinderbetreuung einspringt.

Solch ein Backup ist durchaus hilfreich, denn die Arbeit der 41-jährigen Sozialpädagogin ist mittlerweile vielbeachtet. Ob China, die USA oder Argentinien: Das hiesige Modell der Kinderfreundlichen Kommune macht Schule; man fragt in Regensburg nach und übernimmt gerne die Leitlinien, die Anna Schledorn erarbeitet hat. Außerdem ist sie eine gefragte Referentin, die glücklicherweise keine Berührungsängste kennt. Sie flog nach China, hielt dort Vorträge und betreute Workshops. Sie empfängt Delegationen und pflegt die Netzwerkarbeit.

Zupass kommt ihr dabei, dass sie exzellent Englisch spricht – das Ergebnis von zwei Jahren USA während Schulzeit und Studium. Außerdem macht es ihr nichts aus, vor anderen Menschen zu sprechen und komplexe Inhalte zu erklären. Lehrerin im deutschen Schulsystem wollte sie dennoch nie werden. „Ich persönlich habe in meiner deutschen Schule die Erfahrung gemacht, dass hauptsächlich darauf geschaut wurde, welche Fehler man gemacht hat“, erklärt sie. In den USA hingegen habe sie erlebt, dass die Lehrer darauf achteten, wo die Stärken jedes einzelnen lagen und welche Talente noch weiter gefördert werden konnten.

Vorliebe für komplexe Themen

Dass sie später einmal gerne mit Kindern und Jugendlichen arbeiten wolle, das habe hingegen schon früh festgestanden. Deshalb entschied sie sich nach dem Abitur für das Studium der Sozialen Arbeit. Sie ergatterte ein Stipendium und engagierte sich auch schon während ihrer Studienzeit bei verschiedenen gemeinnützigen Projekten, arbeitete mit verhaltensauffälligen Kindern, hielt Berufsvorbereitungskurse für Jugendliche und betreute Flüchtlingsfamilien.

Dieses Engagement kam ihr nach dem Abschluss bei der Suche nach einem Job zugute. „2004 gab es eine Sozialpädagogenschwemme“, erzählt sie. „Auf eine Bewerbung für eine befristete Elternzeitvertretung konnten schon mal vier Wäschekörbe an Bewerbungen eingehen.“ Auf gut Glück bewarb sich die gebürtige Landshuterin schließlich bei der Stadt Regensburg – der Heimatstadt ihres Vaters – und bekam die Leitung für das Projekt MIR übertragen, ein befristetes, vom Bund gefördertes Projekt zur Integration von Migranten in Regensburg, das bei der Volkshochschule angesiedelt war. „Das hat mir großen Spaß gemacht, weil ich da Aufbauarbeit leisten durfte“, unterstreicht sie. „Ich mag komplexe Themen.“

Mit viel Engagement beteiligten sich die Kinder an der Spielplatzplanung Studentenwiesel.
Mit viel Engagement beteiligten sich die Kinder an der Spielplatzplanung Studentenwiesel. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

„Für diese Stelle bin ich geboren worden!“

Wirklich auf den Leib geschnitten ist Anna Schledorn ihre jetzige Aufgabe: „Als die Stelle ausgeschrieben wurde, wusste ich: Dafür bin ich geboren worden!“ – Was mehr als enthusiastisch klingt, wird nachvollziehbar, wenn man ihre Familiengeschichte hört. Denn ihre beiden Eltern waren Landschaftsplaner, und die Problematik, wie man Städte für alle Generationen lebenswert und zukunftsfähig machen kann, habe den Familienalltag stark geprägt. „Diese Stelle vereint das, was ich beruflich gelernt habe mit dem, was ich mit der Muttermilch aufgesogen habe. Denn die zentrale Frage für mich lautet: ‚Wie beeinflussen die Strukturen der Gesellschaft die Lebensrealität der einzelnen Menschen und was kann ich persönlich dafür tun, diese Strukturen positiv zu gestalten?‘“

Zuverlässige Fundamente – nachhaltige Strukturen

Aber wie plant man eine kinder- und familienfreundliche Stadt? Anna Schledorn ging systematisch vor. Zunächst erarbeitete sie Leitlinien, befragte Familien in den unterschiedlichen Stadtteilen, führte Workshops durch und analysierte die Ergebnisse. Sie formulierte Ziele, die schließlich in ein Konzept mündeten. Grundlage dieses Konzepts ist die Maxime „Unser ganzes Lebensumfeld muss kinderfreundlich sein“. Deshalb dürfen Planungen nicht nur einzelne Spielplätze und Spielgelegenheiten umfassen, sondern müssen die gesamte Stadt im Blick behalten. Denn: „Kinder spielen nicht nur auf dem Spielplatz, sondern auch auf dem Weg dahin“.

Dass Anna Schledorn mit ihrer Arbeit zuverlässige Fundamente und nachhaltige Strukturen für die Stadt Regensburg geschaffen hat, wurde auch überregional honoriert: Der Verein Kinderfreundliche Kommunen e. V. zeichnete Regensburg 2014 als eine der ersten Kommunen in Deutschland und als erste in Bayern mit dem Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ aus. So gesehen ist es kein Wunder, dass ihre Kinder, die im Landkreis aufwachsen, am liebsten in der Stadt spielen!

Text: Dagmar Obermeier-Kundel