Neuer Armutsbericht für die Stadt Regensburg
Wie zeigt sich Armut in einer wirtschaftlich starken Stadt wie Regensburg und wen betrifft sie vor allem? Antworten liefert der neue Regensburger Armutsbericht, den ein Forschungsteam der OTH Regensburg mit Unterstützung der Stadt Regensburg und weiteren Partnern diese Woche vorgelegt hat.

16. Mai 2025
Die wissenschaftlichen Auswertungen zeigen ein breites Spektrum: „Armut in Regensburg ist sehr stark mit Fragen der Herkunft, mit Geschlecht, Familienformen, Bildung und dem Alter verbunden“, fasst Prof. Dr. Wolfram Backert von der OTH Regensburg die Erkenntnisse knapp zusammen. Prof. Dr. Ina Schildbach und Prof. Dr. Wolfram Backert erstellten mit ihrem Team den umfassenden Bericht. „Der Armutsbericht zeigt, dass Armut auch in einer wirtschaftlich starken Stadt wie Regensburg ein bedeutendes Thema bleibt“, so Bürgermeisterin Astrid Freudenstein. „Der Bericht liefert wertvolle Erkenntnisse, um gezielte Maßnahmen zu ergreifen und den betroffenen Menschen die notwendige Hilfe zukommen zu lassen. Gemeinsam werden wir weiterhin daran arbeiten, Armut in unserer Stadt zu bekämpfen und allen Bürgerinnen und Bürgern eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.“
Die Hauptergebnisse im Überblick
Neben Alleinerziehenden und Langzeitarbeitslosen sind vor allem Menschen mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich häufig von Armut betroffen. Die Anzahl Alleinerziehender ist in Regensburg überdurchschnittlich hoch. Besonders auffällig ist auch das Armutsrisiko bei älteren Frauen mit Migrationsgeschichte.
Ein prägender Faktor des Armutsgeschehens ist der angespannte Wohnungsmarkt in der Stadt. „Eine Verbesserung des allgemeinen Wohnraumangebots – insbesondere im Bereich des sozialen Wohnungsbaus – wäre ein wesentlicher Schlüssel zur Entlastung“, sagt Tobias Kraus, Sozialraumexperte im Team der Forschenden.
Neben hohen Mieten belasten steigende Lebenshaltungskosten die Betroffenen zusätzlich. Hinzukommt, dass in Regensburg im Jahr 2022 laut der Statistik der Bundesagentur für Arbeit 12,5 % der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten im „unteren Entgeltbereich“ arbeiteten, das ist jeder Achte. Auffällig: Die Zahlen für Migrantinnen und Migranten ohne Abschluss sind sehr hoch und liegen auch über denen vergleichbarer bayerischer Städte wie Fürth (49,8 Prozent), Ingolstadt (45,7 Prozent) oder Würzburg (45,4 Prozent). Zentral ist hier oft die fehlende Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse, wodurch viele Menschen trotz vorhandener Qualifikation vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen bleiben. Gleichzeitig zeigt sich ein enger Zusammenhang zwischen niedrigem Bildungsniveau und Langzeitarbeitslosigkeit: In Regensburg verfügen 17,2 Prozent der Langzeitarbeitslosen über keinen Schulabschluss, mehr als die Hälfte hat keinen Berufsabschluss.
Ein weiteres Problem sind die psychosozialen Folgen – vor allem für ältere Menschen. „Armut ist mit Scham verbunden. Diese führt zu gesellschaftlichem Rückzug bis hin zur Exklusion. Das hat auch zur Folge, dass viele Betroffene ihre Rechte auf Unterstützung aus Scham gar nicht in Anspruch nehmen“, betont Prof. Dr. Schildbach. Gerade ältere Menschen seien häufig unsichtbar – mit negativen Folgen für ihre gesellschaftliche Teilhabe. Eine offenere Kommunikation in der Stadtgesellschaft könne helfen, diese Scham abzubauen.
Positiv bewertet das Forschungsteam den Regensburger Stadtpass als Instrument, um gesellschaftliche Teilhabe zu fördern. Allerdings bleibt die Zahl der tatsächlichen Nutzerinnen und Nutzer hinter der Zahl der Anspruchsberechtigten zurück.

Für den Bericht wertete das OTH-Team der Fakultät Sozial- und Gesundheitswissenschaften amtliche Statistiken, städtische Zahlen und Daten verschiedener Ämter und staatlicher Einrichtungen aus – wie zum Beispiel den Regensburger Sozialindex aus dem Jahr 2023 oder das städtische Sozial- und Demographiemonitoring 2022. Zusätzlich interviewten die Forschenden Mitarbeitende in Behörden und sozialen Einrichtungen, Ehrenamtliche sowie direkt von Armut betroffene Menschen. „Unser Ziel war es, ein möglichst breites Spektrum der Stadtgesellschaft abzubilden und auch die Menschen, die von Armut betroffen sind, zu Wort kommen zu lassen“, sagt Prof. Dr. Ina Schildbach. Außerdem führte das Team eine Sozialraumanalyse durch und integrierte studentische Arbeiten in den Bericht.
Damit der Bericht auch von praktischem Nutzen für die Stadt und ihre Einwohnerinnen und Einwohner ist, wurde eine Liste von Einrichtungen, Initiativen und von Orten erstellt, an denen armutsbetroffene Menschen Unterstützung finden können.
Weiterführung geplant
Der Regensburger Armutsbericht 2025 wurde u. a. auch finanziell gefördert durch die Stadt Regensburg, den Rotary Club Regensburg-Millennium, die Sanddorf-Stiftung sowie die Caritas Regensburg. Er soll in den nächsten Jahren weiter fortgeschrieben werden. Eine entsprechende Vorlage, die u. a. ein Folgeprojekt zur Erarbeitung von Handlungsvorschlägen in einzelnen Bereichen vorsieht, wird dem Sozialausschuss des Stadtrats in Kürze von der Verwaltung vorgelegt.
Text: Claudia Biermann / OTH Regensburg