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„In erster Linie geht es immer ums Tierwohl“

Dr. Dagmar Grandel ist Amtstierärztin im Umweltamt der Stadt Regensburg. Das Aufgabengebiet hier ist sehr vielseitig.

Dr. Dagmar Grandel kümmert sich um die Einhaltung des Tierschutzes und die Bekämpfung von Tierseuchen.
Dr. Dagmar Grandel kümmert sich um die Einhaltung des Tierschutzes und die Bekämpfung von Tierseuchen. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

10. Juli 2019

Dr. Dagmar Grandel ist Amtstierärztin im Umweltamt der Stadt Regensburg. Zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen kümmert sie sich um die Einhaltung des Tierschutzes und die Bekämpfung von Tierseuchen. Sie kontrolliert die Tierärzte im Stadtgebiet sowie Metzgereien und das Milchwerk und sorgt dafür, dass tierische Produkte gemäß den lebensmittelrechtlichen Vorschriften verarbeitet werden.

Dass sie einmal Tierärztin werden wollte, das war Dagmar Grandel schon ganz früh klar. „Das liegt bei uns quasi im Blut“, erzählt sie schmunzelnd. Die Praxis für Großtiere in Regenstauf war bereits vom Großvater auf den Vater übergegangen. „Ich war von klein auf mit dabei und bin praktisch mit Rindern, Schweinen und Pferden groß geworden. Klar, dass es für mich da nichts anderes gab, als Tiermedizin zu studieren.“

Weil ihr Vater aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig seinen Beruf aufgeben musste, scheiterte die Praxisübernahme. Heute ist die Mutter von zwei Schulkindern darüber froh. „Mit Familie kann man nicht 24 Stunden am Tag und das sieben Tage in der Woche präsent sein“, erklärt sie. Die Stadt Regensburg als Arbeitgeberin war da ein Kompromiss, den sie zunächst hauptsächlich wegen der guten Vereinbarkeit von Familie und Beruf einging, der sich aber bald als richtige Entscheidung herausstellte, denn neben der Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten warteten dort ein breites Aufgabenspektrum, nette Kolleginnen und Kollegen und viele interessante Tätigkeitsbereiche auf sie.

Auch zuhause dreht sich alles um Tiere – die Familie Grandel hat zwei jugendliche Maine Coon Kater.
Auch zuhause dreht sich alles um Tiere – die Familie Grandel hat zwei jugendliche Maine Coon Kater. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Tierschutzkontrollen

Gehen beim Umweltamt Hinweise darauf ein, dass Tiere vernachlässigt oder gequält werden, muss sie diesen nachgehen. Gemeinsam mit einem Kollegen – denn auch in diesem Bereich gilt das Vier-Augen-Prinzip – klingelt sie dann an der Haustür. Manchmal auch mehrmals, denn nicht immer ist die Bereitschaft groß, Amtsträger einzulassen. Manchmal braucht es ein paar Erklärungen, aber nur in ganz seltenen Fällen muss sie Konsequenzen androhen, um die Tiere überhaupt zu Gesicht zu bekommen.

Oft stellt sich der Verdacht der Vernachlässigung oder Tierquälerei als unbegründet heraus, manchmal aber treffen sie und ihre Kollegen auf völlig verwahrloste Haushalte, in denen die Haustiere sichtbar leiden. Die Halter seien in diesen extremen Fällen oft Menschen, die selbst psychische Probleme haben oder an einer Suchtkrankheit leiden. „Die bekommen ihr eigenes Leben schon nicht in den Griff – wie sollen sie sich da noch um ein Haustier kümmern?“ Ob es einem Tier gut oder schlecht geht, kann die Tierärztin oft schon auf den ersten Blick sehen: Ungepflegte Zähne, zu lange Krallen, stumpfes Fell mit Parasiten, Krankheitsanzeichen, Misshandlungsspuren, Abmagerung – die Liste ist lang und Handeln dann sofort angesagt. „In der Regel geben wir den Leuten erst einmal die Möglichkeit, die Situation selbst zu verbessern und kontrollieren engmaschig nach“, erläutert sie. „Aber wenn ganz schlimme Zustände herrschen, dann kommt es schon vor, dass wir das Tier wegnehmen müssen.“ Wie ihre Kollegen vom Jugendschutz, die sich um vernachlässigte Kinder kümmern und in erster Linie deren Wohl im Auge haben müssen, steht für Dagmar Grandel und ihre Kollegen das Tierwohl an erster Stelle. Eine Gratwanderung, die viel Fingerspitzengefühl erfordert!

Illegaler Welpenhandel

Ganz ähnlich ist es, wenn die Polizei im Rahmen von Regelkontrollen auf illegalen Welpenhandel stößt. Auch dann werden die Amtstierärzte zu Rate gezogen, die beurteilen müssen, in welchem Alter, bzw. in welchem Zustand sich die Tiere befinden. Schlimm ist es, wenn nur wenige Wochen alte Welpen oder Kätzchen vom Muttertier getrennt werden. Hier leiden die Tiere wirklich. Auch die genaue Kontrolle der Impfnachweise gehört zu solch einer Maßnahme. Immer wieder stoßen die Amtstierärzte dabei auf manipulierte Dokumente. Die Unverfrorenheit, solche Nachweise zu fälschen, sei manchmal wirklich erstaunlich. Das Spektrum reiche von gefakten Seitenzahlen über offensichtliche Fehlangaben im Pass bis hin zu angeblichen EU-Ausweisen aus Nicht-EU-Ländern, erzählt Grandel schmunzelnd.

Doch leider sind die Konsequenzen, die aus solcher Tierquälerei resultieren, deutlich weniger erheiternd. Meist sitzen die Verursacher im Ausland und sind von den deutschen Behörden nicht zu belangen. Von den Kosten gar nicht zu reden. Denn illegal importierte Tiere müssen zunächst einmal unter Quarantäne gestellt werden, um sicherzugehen, dass durch sie keine Seuchen, wie beispielsweise die Tollwut eingeschleppt werden.

Doch die Kontrolle der illegalen Welpentransporte ist natürlich nicht die Hauptaufgabe der Amstierärzte, stellt Grandel fest. Weit weniger spektakulär, dafür aber mindestens ebenso wichtig ist die routinemäßige Überwachung im Bereich der Tiergesundheit, wenn beispielsweise Gesundheitszeugnisse für Hunde oder Katzen ausgestellt werden müssen, die mit ihren Besitzern ins Ausland fahren oder auswandern. Auch Pferde, die außerhalb Deutschlands ein Turnier bestreiten, benötigen ein Veterinärzertifikat. Außerdem gehören Kontrollen in Tierfachhandlungen, bei Hundetrainern oder Zirkussen, die in der Stadt gastieren, zum Arbeitspensum. Bei diesen Routineüberprüfungen komme es allerdings weitaus seltener zu Beanstandungen, betont die Amtstierärztin.

In voller Montur: Dr. Grandel beim Faulbrutmonitoring
In voller Montur: Dr. Grandel beim Faulbrutmonitoring © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Seuchenprävention und -bekämpfung

Auch wenn Tierseuchen im Stadtgebiet drohen, steht das Umweltamt der Stadt an vorderster Front, wie beispielsweise bei der Hasenpest, die Anfang Juni im Stadtgebiet auftrat. Die größte Gefahr stellt derzeit aber die afrikanische Schweinepest dar, die im Osten bereits bis Polen und Tschechien vorgedrungen ist und mit Belgien im Westen Deutschland im Zangengriff hält. Die Seuche, die zwar für Menschen nicht ansteckend ist, stellt eine gravierende Bedrohung für die Schweinebestände dar, hierzulande ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Deshalb habe das Umweltamt der Stadt gemeinsam mit dem Landkreis eine ganze Reihe von Präventivmaßnahmen ergriffen. Unter anderem wurden alle Schweinehalter und Jagdpächter informiert und auf die Verpflichtungen zum Schutz vor der Seuche hingewiesen. Mit der Feuerwehr wurden spezielle Notfallpläne ausgearbeitet, um im Seuchenfall gut vorbereitet zu sein, so Grandel.

Um die Prävention und Bekämpfung von Seuchen geht es auch bei der Ausstellung von Seuchenfreiheitsbescheinigungen für Bienen. Diese werden benötigt, wenn ein Imker seine Bienenstöcke aus dem Stadtgebiet heraus an einen anderen Standort bringen möchte. Dann nämlich müssen Grandel und ihre Kollegen zunächst ein Zeugnis ausstellen, das belegt, dass der Stock frei von ansteckenden Krankheiten, wie beispielsweise der Amerikanischen Faulbrut ist. „Das ist aktuell eine der größten Bedrohung unserer Bienenbestände“, sagt Grandel. Dabei handelt es sich um ein Bakterium, das sich über die Bienenmaden verbreitet, die sich in ihren Zellen zersetzen und einen fauligen Geruch ausströmen. Mittels Riech- oder Streichholzprobe kann die Tierärztin feststellen, ob ein Stock von der Krankheit betroffen ist. Eine daraufhin angeordnete mikrobiologische Untersuchung bringt Sicherheit. In leichteren Fällen kann der befallene Stock durch ein spezielles Verfahren erhalten bleiben. Ist der Befall schon weiter fortgeschritten, müssen alle Bienen getötet werden. In der Regel muss dann auch ein Sperrbezirk im Stadtgebiet eingerichtet werden.

Kontrolle von Tierärzten und Betrieben, die Lebensmittel verarbeiten

Alle Tierärzte die innerhalb der Stadt Regensburg praktizieren, unterstehen ebenfalls der Kontrolle des Umweltamtes. Bei unangekündigten Stichproben überprüfen Grandel und ihre drei Kolleginnen und Kollegen, ob die Tierärzte ihren Verpflichtungen im Umgang mit Tierarzneimitteln nachkommen.

Fleisch- und milchverarbeitende Betriebe müssen ebenfalls regelmäßig mit einer unangekündigten Stippvisite der städtischen Veterinäre rechnen. Gemeinsam mit der Lebensmittelüberwachung geht Grandel dann beispielsweise der Frage nach, ob die Milch entsprechend der Vorgaben erhitzt bzw. das Fleisch genügend gekühlt wird. Sie überprüft, ob alle Maschinen richtig gereinigt wurden und ob die Hygienestandards eingehalten werden. Regelmäßige Fortbildungen tragen dazu bei, dass auch neue Technologien bei der Lebensmittelherstellung kontrolliert werden können.

Text: Dagmar Obermeier-Kundel