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Qualitätvoll und attraktiv: Öffentlich gefördertes Wohnen

Die Bevölkerung in Regensburg wächst und vor allem preisgünstiger Wohnraum ist knapp. Als Leiter des Amtes für Stadtentwicklung beschäftigt sich Anton Sedlmeier (fast) jeden Tag mit dieser Thematik. Im Interview beantwortet er dazu die wichtigsten Fragen.

Fotografie aus der Vogelperspektive: Das Dörnbergviertel von oben
Alle Bevölkerungsschichten leben in gut durchmischten Quartieren zusammen. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

20. April 2022

Herr Sedlmeier, das Thema Mietwohnraumförderung liegt Ihnen besonders am Herzen. Warum ist das so?

Eine zentrale Anforderung, auf die Menschen in ihrer Lebensplanung großen Wert legen, ist das Wohnen. Entscheidend für die Attraktivität einer Stadt ist bezahlbarer Wohnraum mit einem Wohnumfeld, das von der Naherholung über die Kinderbetreuung bis zum Hausarzt alle wichtigen Infrastruktureinrichtungen und Dienstleistungen in zumutbarer Entfernung zur Wohnung aufweist. Drei Viertel aller Haushalte in Regensburg wohnen zur Miete, so dass sich fast zwangsläufig das Hauptaugenmerk auf diese Zielgruppe richten muss.

Was genau ist unter dem Begriff „Einkommensorientierte Förderung“ zu verstehen?

Mit der Einkommensorientierten Förderung (EOF) bietet der Freistaat Bayern zinsgünstige Darlehen und Zuschüsse für den Neubau, den Ersterwerb, den Umbau und für Sanierungsmaßnahmen an Mehrfamilienhäusern in Bayern an. Gleichzeitig erhalten die Mieterinnen und Mieter einer öffentlich geförderten Wohnung einen laufenden monatlichen Zuschuss, um eine zumutbare Miete zu erreichen. Die Einkommensgrenzen liegen seit 2018 so hoch, dass bis zu 60 Prozent aller bayerischen Haushalte in den Genuss einer Förderung kommen könnten – so dürfte zum Beispiel ein Haushalt mit zwei Kindern knapp 82.000 Euro im Jahr brutto verdienen, um die Voraussetzungen für eine geförderte Wohnung zu erfüllen. Zwischen geförderten und freifinanzierten Wohnungen gibt es in der Regel keinen Unterschied mehr hinsichtlich der Qualität und Ausstattung. Oft sind sie im selben Gebäude untergebracht, so dass man Tür an Tür in einer gemeinsamen Nachbarschaft wohnt.

Wie kommen Interessierte an eine öffentlich geförderte Wohnung?

Entscheidend für die erforderliche Wohnberechtigung ist das jeweilige Haushaltseinkommen. Darauf aufbauend wird eine Einordnung in die Einkommensstufe I, II oder III vorgenommen. Auf der Internetseite des Amtes für Stadtentwicklung, Abteilung Stadterneuerung und Wohnungswesen, findet sich eine Tabelle zur ersten Selbsteinschätzung. Um verbindlich klären zu können, ob die Voraussetzungen für einen Wohnberechtigungsschein vorliegen, ist ein Antrag auf Wohnberechtigung bei der zuständigen Stelle einzureichen – das ist für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Regensburg das Team öffentlich geförderte Mietwohnungen beim Amt für Stadtentwicklung.

Fotografie: Außenansicht eines Wohnhauses in der Lore-Kullmer-Straße auf dem Gelände der ehemaligen Nibelungenkaserne
Bis zum Jahr 2021 wurden im Stadtgebiet mehr als 2.000 einkommensorientiert geförderte Wohneinheiten geschaffen. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Wie viele einkommensorientiert geförderte Wohnungen gibt es im Stadtgebiet?

Bis zum Jahr 2021 wurden im Stadtgebiet mehr als 2.000 einkommensorientiert geförderte Wohneinheiten geschaffen. Durch den Stadtratsbeschluss im Jahr 2010, in neuen Bebauungsplangebieten generell öffentlich geförderte Wohnungen im Stadtgebiet zu errichten, kann ein stetiger Zuwachs verzeichnet werden, der seit 2017 größer ist als die Anzahl der Wohnungen, die aus der Bindung fallen und folglich nicht mehr als geförderte Wohnung gelten. Durch das Regensburger Baulandmodell, in dem seit 2019 auch 20 Prozent EOF III-Wohnungen eingefordert werden, wird dieses Segment in Zukunft verstärkt wachsen und somit zu einer Entlastung auch für Mittelschichthaushalte führen. Insgesamt gibt es im Regensburger Stadtgebiet zwar bisher erst etwas mehr als 200 EOF III-Wohnungen. Da diese Wohnungen, im Gegensatz zu den stark reglementierten EOF I-Wohnungen, in Konkurrenz zu normalen Mietwohnungen treten, dürfte sich ein verstärkter Zubau in diesem Segment preismindernd auf den gesamten Wohnungsmarkt auswirken. Außerdem wird dadurch der Knappheit im preisgünstigen Wohnungsmarktsegment entgegengewirkt.

2016 wurde die Wohnbauoffensive ins Leben gerufen. Was kann man sich unter der Wohnbauoffensive vorstellen?

Die Wohnbauoffensive vereint alle Maßnahmen und Aktivitäten, die zu einer schnelleren Schaffung von Wohnraum beitragen. Wesentliche Akteure der Wohnbauoffensive sind das Amt für Stadtentwicklung, das Stadtplanungsamt, das Bauordnungsamt und das Liegenschaftsamt, die sich regelmäßig einmal im Monat austauschen und beraten. Das Ziel ist es, mehr und insbesondere geförderten Wohnraum zu schaffen, ohne dabei ein qualitätsvolles Wohnumfeld zu vernachlässigen. Die Aktivitäten, die dafür notwendig sind, sind sehr vielfältig. Neben den verbesserten Arbeitsabläufen innerhalb der Verwaltung spielt die Suche nach geeigneten Flächen eine wichtige Rolle. Dabei kommt es darauf an, schnell zu erkennen, bei welchen Grundstücken es sich lohnt, sich intensiver damit auseinanderzusetzen. Außerdem werden Akteure aus der Wohnungswirtschaft eingebunden, um verlässliche Partner für zukünftige Bauvorhaben zu gewinnen. Die Früchte dieser Bemühungen sind zwar nicht sofort sichtbar, werden aber voraussichtlich zu einer Entspannung auf dem Regensburger Wohnungsmarkt beitragen, wobei derzeit noch nicht absehbar ist, in welchem Ausmaß sich der Flüchtlingsstrom aus der Ukraine auswirken wird. Im Jahr 2020 war jedenfalls die Fertigstellungsrate für neue Wohnungen die höchste aller Großstädte im Bundesgebiet.

Was sind die Aufgabenschwerpunkte der nächsten Zeit?

In absehbarer Zeit werden zunehmend Wohnungen für die Einkommensstufe III, also die Mittelschicht, fertiggestellt werden. Hier wird es entscheidend darauf ankommen, mögliche Vorbehalte in der Bevölkerung gegenüber öffentlich gefördertem Wohnungsbau abzubauen und die Erteilung von Wohnberechtigungsscheinen noch unkomplizierter handzuhaben. Hinzu kommt, dass viele Mitbürgerinnen und Mitbürger gar nicht wissen, dass sie die Fördervoraussetzungen erfüllen. Einige Wohnungsbauunternehmen sind bereits jetzt in der Lage, eine verlässliche Vorprüfung durchzuführen, so dass die Ausstellung von Wohnberechtigungsscheinen sehr zügig erfolgen kann. Öffentlich geförderte Wohnungen sind von der Bauqualität her nicht schlechter als frei finanzierte Wohnungen, sie sind oft sogar vom Zuschnitt und von der Barrierefreiheit her gesehen besser, so dass es auch eine wesentliche Aufgabe sein wird, das Image des öffentlich geförderten Wohnungsbaus spürbar zu verbessern. Das Nebeneinander von gefördertem und freifinanziertem Wohnen wird nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel darstellen. Das Ziel sind gut durchmischte Quartiere, die das Zusammenleben aller Bevölkerungsschichten in einem angenehmen Wohnumfeld ermöglichen.

Herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Text und Interview: Verena Bengler