Die derzeitige Krise hat ja drei Seiten: eine medizinische, eine wirtschaftliche und eine, die den Klimaschutz betrifft. Diesbezüglich zeigen jetzt bereits erste Untersuchungen, dass der globale Lockdown der Wirtschaft durchaus positive Folgen nach sich zieht. Ein Hinweis darauf, dass wir uns auch in Nach-Corona-Zeiten umbesinnen sollten?
Nein, ich finde es nicht integer, die derzeit weltweit laufenden Lockdown-Maßnahmen positiv auf das Klima anzurechnen – auch wenn die CO2-Emissionen ja tatsächlich sinken! Das wäre in etwa so, als würde man einem schwergewichtigen Patienten nach einem Autounfall auf der Intensivstation freudig mitteilen, dass er gerade am Abnehmen ist – das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!
Dass wir uns „umbesinnen“ sollten wissen wir ja schon lange. Es geht jetzt eher darum, die vorliegenden Erkenntnisse in Handlungen zu überführen und tatsächlich beispielsweise unser Verhalten zu ändern, andere Technologien einzusetzen bzw. Technologien anders einzusetzen, die Wirtschaft entsprechend umzubauen, den Konsum anzupassen, unser Mobilitätsgebaren zu ändern, etc. Das sind auf Langfristigkeit angelegte Projekte und orientieren sich nicht an kurzfristigen Krisen wie dem Corona-Virus.
Das einzige, was ich aus der Krise sozusagen mitnehmen möchte in die anstehende Transformationsphase unserer Wirtschaft und Gesellschaft ist die Erkenntnis, dass man deutliche Verhaltensänderungen erreichen kann – und die auch von der Mehrheit der Bevölkerung getragen wird, wenn die Gefahr konkret ist und uns auch mehrheitlich betrifft! Wie meine ich das? Stellen Sie sich die Diskussion zum Beispiel über ökologisch-bedingten Verzicht auf Fernreisen, Kreuzfahrten, Skifahren in den Ferien, oder auch nur das Thema autofreie Innenstadt vor. Oder die Diskussion über eine wieder stärker werdende Rolle des Staates, auch und gerade im wirtschaftlichen Umfeld! Scheinbar alles vorher nicht realistisch umsetzbar, jetzt faktisch – weil von Corona getrieben – Realität. Insofern kann doch die Frage für das Post-Corona-Zeitalter nur lauten: Wie schaffen wir es, dass die Notwendigkeit zur Transformation genauso eingesehen und mehrheitlich mitgetragen wird? Denn auch ein ungebremster Klimawandel jenseits der zwei Grad Erderwärmung wird jedes Jahr zu Kranken, ja sogar Toten führen – diese Gefahr ist genauso real, wie an Corona zu sterben! Psychologisch gesehen erreicht man allerdings gar nichts, wenn man über Panikmache oder mittels Druck versucht, das Verhalten der Menschen zu ändern. Viel spannender ist es doch, ob es uns gelingt eine sozial-ökologisch transformierte Wirtschaft samt empathischer, am Gemeinwohl orientierter Gesellschaft zu entwerfen und sie vorzuleben. Im Idealfall: Nicht weil sie buchstäblich notwendig ist, sondern weil es vernünftig und richtig ist – ja vielleicht sogar auch noch Spaß macht! Ich glaube in diese Richtung sollten wir nach der überstandenen Corona-Krise gehen.