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Durch die Krise zur Transformation

Wirtschafts-, Wissenschafts- und Finanzreferent Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß zieht erste Bilanz nach seinem Amtsantritt. Die Corona-Pandemie stellt ihn dabei vor eine Herausforderung.

Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis die Menschen wieder ins Theater gehen dürfen.
Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis die Menschen wieder ins Theater gehen dürfen. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

16. April 2020

Herr Professor Barfuß, Sie sind jetzt fast auf den Tag genau 100 Tage im Amt. Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen, die aber angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, anders ausfallen dürfte, als Sie noch im Januar bei Amtsantritt vermuten konnten. Worauf richten Sie derzeit Ihr Augenmerk?

Die ersten beiden Monate waren schon so, wie ursprünglich geplant. Da standen vor allem das persönliche Kennenlernen und die Einarbeitung in die ganze Bandbreite der Sachthemen im Vordergrund. Ich habe viele Antrittsbesuche bei Unternehmen und Hochschulen in Regensburg gemacht. Außerdem war mir natürlich der persönliche Kontakt zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Referates wichtig. Die Kooperation mit den anderen Referaten funktioniert sowieso gut und wir stehen im engen Austausch. In Summe waren es also Wochen der intensiven Einarbeitung – bis Corona kam.  

Seitdem liegt das Augenmerk natürlich nicht mehr auf „Einarbeitung“. Jetzt gilt es, im kalten Wasser zu schwimmen! Hier hilft mir aber ein Stück weit meine Erfahrung: In der Finanzkrise 2008/2009 war ich Leiter Konzerncontrolling in einem mittelständischen Unternehmen. Damals war es ähnlich wie heute. Die finanzielle Krise kam völlig unvermittelt und plötzlich war Krisenmanagement angesagt. Auch wenn die Corona-Krise andere Ursachen hat, gilt es doch nun, die Aufgaben im Krisen-Modus zu erledigen.

Derzeit befinden wir uns in einer Phase, die ich „Stabilisierungsphase“ nenne. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sind überall mit Händen zu greifen und viele Unternehmen leiden jetzt schon massiv unter den finanziellen Einbußen respektive den zu stemmenden Kosten. Nun kann es für mein Referat nur darum gehen, einerseits die größtmögliche Unterstützung für Unternehmen zu liefern, um diese zu stabilisieren. Allerdings darf die Stadt Regensburg rechtlich nur dann eingreifen, wenn es keine entsprechenden Maßnahmen von Bund und Freistaat gibt. Das führt häufig zu Verwirrung, weil oft gesagt wird „da muss doch die Stadt was tun“ – doch rechtlich dürfen wir das nur in einem eng gesteckten Rahmen.

Andererseits geht es darum, kurzfristig die anfallenden finanziellen Bedarfe für coronabedingte Zusatzkosen bereitzustellen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um die Anschaffung von Schutzkleidung, Schutzmasken, Desinfektionsmitteln, etc. Außerdem um zusätzliche Hard- und Software für die Erweiterung der Homeoffice-Plätze der Stadtverwaltung. Dabei bewegen wir uns mittlerweile im Millionenbereich und auch das muss erst einmal finanziert sein.

Wie wird sich die finanzielle Lag der Stadt entwickeln?

Das Gewerbesteueraufkommen hat sich in diesem Jahr bereits auf knapp 140 Millionen Euro verringert und wir erwarten, dass es weiter sinken wird. Aufgrund der Kurzarbeit muss mit einem niedrigeren Einkommensteueranteil gerechnet werden und auch die Anteile an der Umsatzsteuer werden – aufgrund der Beschränkungen für Handel, Veranstaltungen, Gastronomie und Tourismus – niedriger ausfallen. Allerdings muss man auch sagen, dass wir derzeit noch keine seriösen Prognosen abgeben können. Realistisch wird sich die Lage voraussichtlich erst in einem viertel bis halben Jahr einschätzen lassen können.

Dennoch hat am 21. April 2020 hat der Stadtrat auf Ihren, gemeinsam mit Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer erarbeiteten Vorschlag hin, beschlossen, die Budgets bei bestimmten Ausgabengruppen im Verwaltungshaushalt um zwanzig Prozent zu kürzen?

Dass die städtischen Einnahmen deutlich einbrechen werden, kann nicht mehr geleugnet werden. Aus diesem Grund können wir nicht einfach die Augen zudrücken und genauso weitermachen wie bisher. Mit der Haushaltssperre wollen wir gut fünf Millionen Euro einsparen. Aber das wird nicht reichen: Auch bei den geplanten Investitionen müssen wir den Rotstift ansetzen. Damit wird sich dann aber der neue Stadtrat beschäftigen müssen.

Geschäftsinhaber und Gastronomen leiden sehr unter den Beschränkungen, die mit der Bekämpfung der Corona-Krise verbunden sind.
Geschäftsinhaber und Gastronomen leiden sehr unter den Beschränkungen, die mit der Bekämpfung der Corona-Krise verbunden sind. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Bund und Länder haben bereits Rettungsschirme für die gebeutelte Wirtschaft aufgespannt. Aber auch die Stadt tut einiges. Welche konkreten Maßnahmen können jetzt helfen, damit städtische Unternehmen und Betriebe möglichst gut über die schwierigen Zeiten kommen?

In der Tat, Bund und Freistaat arbeiten wirklich schnell und zuverlässig, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise so gut wie möglich abzufedern. Das ist nicht selbstverständlich und wir sollten dabei nie vergessen, dass kaum ein Land so schnell, gründlich und umfassend reagiert, wie es derzeit das unsere tut. Natürlich kann man hier und da immer noch besser werden, das steht außer Frage. Aber für mich ist das zumindest eine wichtige Erkenntnis aus der Krise: unser Staat funktioniert!

Was wir im Wirtschaftsreferat in den letzten Wochen konkret für die Unternehmen und Gewerbetreibenden auf die Beine gestellt haben, fügt sich meines Erachtens gut ein ins Gesamtbild. Da ist zum einen die Corona-Hotline für Unternehmen: Nur einen Tag nach Verkündung der Ausgangsbeschränkungen haben wir diese Kontaktmöglichkeit für Unternehmen angeboten. Dabei agieren wir als Lotsen durch die verschiedenen Fördermöglichkeiten des Bundes und des Freistaates. Durch den engen Austausch mit unseren Kunden erfahren wir auch, wer bildlich gesprochen durchs Raster fällt und – aus welchem Grund auch immer – (noch) keine Berechtigung für die verschiedenen Programme hat. Diese Fälle melden wir dann über unsere bewährten Kanäle an die Regierung und teilweise auch direkt nach München.

Außerdem haben wir die steuerlichen Liquiditätshilfen für Unternehmen auf den Weg gebracht, sprich: die Möglichkeit der Stundung der Gewerbesteuer respektive der Herabsetzung der Vorauszahlung. Das hilft den Unternehmen, ihre Liquidität ein Stück weit zu schonen und somit mehr Flexibilität zu haben.

Weiterhin hatten wir sehr früh an einem Corona-Notfall-Programm Regensburg (CNPR) für Unternehmen gearbeitet. Ziel war es, ein Programm für diejenigen Unternehmen, Gewerbetreibenden, Solo-Unternehmer, Start-ups etc. zu stricken, die nicht von den bestehenden Programmen von Bund und Freistaat profitieren konnten. Allerdings sind dann zwei Dinge gleichzeitig passiert: Zum einen haben wir für dieses Programm die Freigabe der Regierung nicht bekommen. Als Rechtsaufsicht hatte sie uns untersagt, so ein Programm aufzusetzen – was ich bitte nicht als Kritik, sondern nur als Feststellung verstanden haben möchte! Das Argument der Regierung und des Freistaates, angesichts der abnehmenden Steuereinnahmen und der steigenden Ausgaben eine finanzielle Überforderung der Kommunen abwenden zu wollen, ist ja auch nachvollziehbar.

Zum anderen haben wir über unser CNPR für Kulturschaffende – welches dagegen schon genehmigt wurde – erfahren dürfen, dass Bund und Freistaat so schnell den Kreis der Berechtigten erweitert haben, dass am Ende bei den Kulturschaffenden kaum mehr jemand „ins Netz“ gefallen ist! Das gleiche würde ich inzwischen auch für unser CNPR für Unternehmen vermuten. Insofern: Wichtig ist, dass Unterstützung ermöglicht wird, ob das nun über den Bund, den Freistaat oder subsidiär dann über uns auf kommunaler Ebene geschieht ist dabei sekundär.

In jedem Fall ist die Zusammenarbeit mit der Regierung nach wie vor exzellent: Wir unterstützen die Bescheidung der Soforthilfe des Freistaates Bayern – die über die Regierungsbezirke läuft – mit insgesamt sieben Mitarbeitern und damit ja auch unsere heimische Wirtschaft.

Zu guter Letzt haben wir noch eine weitere wichtige Maßnahme auf den Weg gebracht: die Stundung von Miete bzw. Pacht und anderen Gebühren für unsere Gewerbetreibenden.

Gähnende Leere in der sonst so pulsierenden Altstadt: Die wirtschaftlichen Folgen sind derzeit noch nicht absehbar.
Gähnende Leere in der sonst so pulsierenden Altstadt: Die wirtschaftlichen Folgen sind derzeit noch nicht absehbar. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Der bereits gefürchtete Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen wird sich voraussichtlich deutlich vergrößern. Was bedeutet das für die Stadt Regensburg?

Das ist vom Grunde her erstmal ganz einfach: Das bedeutet, dass weniger Geld zur Verfügung steht! Mein Vorgänger hat noch von einer „Delle“ gesprochen, als die Gewerbesteuereinnahmen 2019 von den geplanten 220 Millionen Euro auf 170 Millionen reduziert werden mussten – tatsächlich sind wir dann Ende 2019 bei gut 166 Millionen gelandet. Nach den derzeitigen vorliegenden Informationen liegen wir bei 140 Millionen, das wird sich aber nach der Steuerschätzung im Mai und den weiterhin eintreffenden Meldungen der Unternehmen noch deutlich im zweistelligen Bereich nach unten bewegen. Abhängig davon, wie lange die Corona-Krise dauert und in ihrer Folge die Wirtschaft nicht hochgefahren werden kann, ist selbst eine Unterschreitung der Dreistelligkeit möglich, also Gewerbesteuereinnahmen unterhalb der 100 Millionen. Hier müssen wir einerseits abwarten, wie sich die Lage entwickelt. Andererseits handeln wir schon jetzt, was das Investitionsprogramm 2020 bis 2024, respektive den laufenden Haushalt angeht.

Bei diesen Themen befinden wir uns schon voll in der Phase, die ich nach der vorhin erwähnten „Stabilisierungsphase“ die „Konsolidierungsphase“ nenne. Sobald wir Kassensturz gemacht haben – ich vermute das wird so Ende Mai zum ersten Mal einigermaßen realistisch möglich sein – und grob abschätzen können, wohin die Einnahmen sowie die coronabedingten Zusatzkosten in diesem Jahr laufen, geht es daran, mit den noch verbleibenden Mitteln innerhalb eines genehmigungsfähigen Haushalts zu wirtschaften.

In jedem Fall werden die geplanten Projekte genauestens unter die Lupe genommen werden müssen. Die Begriffe „strecken, streichen, reduzieren“ werden in den nächsten Wochen und Monaten wohl öfters fallen, anders werden ein genehmigungsfähiger Haushalt respektive ein realistisches Investitionsprogramm nicht darstellbar sein.

Welche Konsequenzen werden Sie dem Stadtrat vorschlagen?

Zuerst einmal sprechen Sie ganz richtig davon, dass ich „vorschlagen“ werde. Als Referent habe ich zwar innerhalb der Stadtverwaltung eine herausragende Stellung (sowie die anderen Referenten ja auch), aber im Endeffekt ist natürlich der Stadtrat der Souverän, welcher final entscheidet, wo wie viel eingespart wird.

Neben den vorhin angesprochenen Sparmaßnahmen in Teilen des Verwaltungshaushaltes spielt die Musik vor allem in unserem Investitionsprogramm – dort geht es um richtig viel Geld. Das bislang gültige IP beläuft sich für die Jahre 2019 bis 2023 in Summe auf 721 Millionen Euro. Jetzt geht es darum, die Einbrüche in den Steuereinnahmen und die erhöhten notwendigen Ausgaben als Anlass zu nehmen, das IP deutlich „auszulichten“ und auf ein finanziell wie kapazitativ darstellbares Gesamtvolumen von rund 540 Millionen zu reduzieren. Das ist ein großes Ziel, welches in den nächsten Wochen und Monaten harte Verhandlungen nötig machen wird!

Die derzeitige Krise hat ja drei Seiten: eine medizinische, eine wirtschaftliche und eine, die den Klimaschutz betrifft. Diesbezüglich zeigen jetzt bereits erste Untersuchungen, dass der globale Lockdown der Wirtschaft durchaus positive Folgen nach sich zieht. Ein Hinweis darauf, dass wir uns auch in Nach-Corona-Zeiten umbesinnen sollten?

Nein, ich finde es nicht integer, die derzeit weltweit laufenden Lockdown-Maßnahmen positiv auf das Klima anzurechnen – auch wenn die CO2-Emissionen ja tatsächlich sinken! Das wäre in etwa so, als würde man einem schwergewichtigen Patienten nach einem Autounfall auf der Intensivstation freudig mitteilen, dass er gerade am Abnehmen ist – das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!

Dass wir uns „umbesinnen“ sollten wissen wir ja schon lange. Es geht jetzt eher darum, die vorliegenden Erkenntnisse in Handlungen zu überführen und tatsächlich beispielsweise unser Verhalten zu ändern, andere Technologien einzusetzen bzw. Technologien anders einzusetzen, die Wirtschaft entsprechend umzubauen, den Konsum anzupassen, unser Mobilitätsgebaren zu ändern, etc. Das sind auf Langfristigkeit angelegte Projekte und orientieren sich nicht an kurzfristigen Krisen wie dem Corona-Virus.

Das einzige, was ich aus der Krise sozusagen mitnehmen möchte in die anstehende Transformationsphase unserer Wirtschaft und Gesellschaft ist die Erkenntnis, dass man deutliche Verhaltensänderungen erreichen kann – und die auch von der Mehrheit der Bevölkerung getragen wird, wenn die Gefahr konkret ist und uns auch mehrheitlich betrifft! Wie meine ich das? Stellen Sie sich die Diskussion zum Beispiel über ökologisch-bedingten Verzicht auf Fernreisen, Kreuzfahrten, Skifahren in den Ferien, oder auch nur das Thema autofreie Innenstadt vor. Oder die Diskussion über eine wieder stärker werdende Rolle des Staates, auch und gerade im wirtschaftlichen Umfeld! Scheinbar alles vorher nicht realistisch umsetzbar, jetzt faktisch – weil von Corona getrieben – Realität. Insofern kann doch die Frage für das Post-Corona-Zeitalter nur lauten: Wie schaffen wir es, dass die Notwendigkeit zur Transformation genauso eingesehen und mehrheitlich mitgetragen wird? Denn auch ein ungebremster Klimawandel jenseits der zwei Grad Erderwärmung wird jedes Jahr zu Kranken, ja sogar Toten führen – diese Gefahr ist genauso real, wie an Corona zu sterben! Psychologisch gesehen erreicht man allerdings gar nichts, wenn man über Panikmache oder mittels Druck versucht, das Verhalten der Menschen zu ändern. Viel spannender ist es doch, ob es uns gelingt eine sozial-ökologisch transformierte Wirtschaft samt empathischer, am Gemeinwohl orientierter Gesellschaft zu entwerfen und sie vorzuleben. Im Idealfall: Nicht weil sie buchstäblich notwendig ist, sondern weil es vernünftig und richtig ist – ja vielleicht sogar auch noch Spaß macht! Ich glaube in diese Richtung sollten wir nach der überstandenen Corona-Krise gehen.

Gesund bleiben, heißt jetzt die Devise. Es bleibt die Hoffnung, dass sich die Lage bald soweit bessert, dass wieder mehr öffentliches Leben möglich ist.
Gesund bleiben, heißt jetzt die Devise. Es bleibt die Hoffnung, dass sich die Lage bald soweit bessert, dass wieder mehr öffentliches Leben möglich ist. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Der SPD-Politiker, Arzt und Wissenschaftler Karl Lauterbach hat in einem ZDF-Interview gesagt, die Wirtschaft könne sich erholen, eine dauerhaft geschädigte Lunge oder gar ein Toter hingegen nicht. Was sagt der Wirtschafts-, Wissenschafts- und Finanzreferent der Stadt Regensburg dazu?

Das ist absolut richtig, ich sehe das genauso! Wir erfahren in der Corona-Krise, dass in unserer Gesellschaft eben nicht „Leben gegen Geld“ aufgewogen wird. Derzeit ist der Staat – und auch wir als die staatstragende Gesellschaft – mit übergroßer Mehrheit dazu bereit, die Gesundheit und das Leben einer Minderheit  buchstäblich „koste es, was es wolle“ zu schützen. Die aufkeimende Diskussion um den „Exit“ aus dem Shutdown zeigt jedoch, dass der wirtschaftliche Druck massiv ansteigt und die – im Vergleich zu anderen Ländern – vergleichswiese moderaten Todesfallzahlen dazu verleiten, womöglich vorschnell diesen Kompromiss zu verlassen. Das halte ich für gefährlich. Ich möchte jedenfalls keine Diskussion führen nach dem Motto „ein gerettetes Leben darf nicht mehr als soundso viel Euro kosten“.

Ein kurzes Rechenbeispiel: Nehmen wir einmal an, die Corona-Krise kostet uns in Deutschland in Summe eine Billion Euro, also eine Eins mit zwölf Nullen! Das ist nur ein Schätzwert, mit dem sich aber leicht rechnen lässt. Nehmen wir weiter an, wir retten dadurch 100 000 Menschenleben – wiederum ein Schätzwert. Somit beliefen sich die Kosten pro gerettetes Menschenleben auf zehn Millionen. Ist es das wert? Sie merken, wie absurd diese Frage anmutet und wie schwierig sie gleichzeitig zu beantworten ist. Sie können gerne mit den Zahlen „spielen“, Nullen dazu- bzw. wegrechnen. Sie werden aber merken, dass in diesem Fall rein wirtschaftliches Denken nicht wirklich weiter hilft.

Die Corona-Krise wirft im Übrigen natürlich auch die Frage auf, wie man sich künftig besser rüstet, falls erneut ähnliche oder möglicherweise noch weit schlimmere Pandemien auf die Menschheit zukommen. Für Sie ein Grund, weiter und noch mehr als bisher Gas zu geben, was die medizinische Forschung in unserer Stadt angeht?

Sie haben Recht, zum einen unterstreicht die Corona-Krise, wie wichtig die gesundheitliche und medizinische Versorgung für die Bevölkerung ist. Mit unseren vier Krankenhäusern in Regensburg sowie den verschiedenen Forschungseinrichtungen beispielsweise an der Universität oder im Biopark sind wir in Regensburg ja schon wirklich richtig gut aufgestellt. Darüber hinaus unsere Pflegeheime, die mobilen Dienste, in Summe doch eine ganze Menge, was im Bereich Medizin/Pflege/Gesundheit alles am Standort passiert.

Andererseits wird vielen von uns dieser Tage bewusst, wie schändlich unsere Gesellschaft seit Jahren mit unserem medizinischen und pflegerischen Personal umgeht. Meine Schwiegermutter ist selbst bis vor kurzem OP-Schwester gewesen. Es ist ja nicht so, dass Begriffe wie „Pflegenotstand“, „Personalmangel“ oder „betriebswirtschaftlicher Primat im Gesundheitswesen“ erst seit Corona Schlagzeilen machen. Insofern wünsche ich mir für die Zeit nach Corona mehr Wertschätzung für diese Bereiche, was sich selbstverständlich auch in der Bezahlung niederschlagen muss. Zum anderen sehen wir aber auch, dass die anderen Institutionen wie Rotes Kreuz, Feuerwehr, Polizei, THW, Bundeswehr, die Tafel, usw. unglaublich wichtig für den Zusammenhalt und das Funktionieren unserer Gesellschaft sind und somit nach der Rückkehr in den Normalbetrieb nicht vergessen werden dürfen.

Was die medizinische Forschung angeht, so bringen sich viele Unternehmen aus dem Biopark respektive der BioRegio Regensburg im Kampf gegen das Coronavirus erfolgreich ein: Mit innovativen Produkten und Technologien im Bereich Hygienemaßnahmen, der Diagnostik und der Entwicklung von Therapiemöglichkeiten sind unsere Kollegen vor Ort ja schon dabei! Selbstverständlich kann man den Biopark weiter ausbauen, um auch zukünftig entsprechend aufgestellt zu sein – an den dafür nötigen Planungen arbeiten wir derzeit intensiv.

Zum Schluss eine vorsichtige Prognose: Wie könnte Regensburg in zwei Jahren wirtschaftlich dastehen?

Ach ja, Prognosen! Da fällt mir das Bonmot ein: „Prognosen sind schwer, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.“ Insofern kann und möchte ich keine Vorhersage abgeben. Allerdings bin ich sehr positiv gestimmt, dass die wirtschaftliche Lage in Regensburg sich binnen zweier Jahre stabilisiert hat und wir gestärkt die nächste Phase der Entwicklung angehen können: die „Transformationsphase“ unserer Wirtschaft und Gesellschaft!

                                                   

Herr Professor Barfuß, vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Dagmar Obermeier-Kundel