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18 Jahre Herausforderungen und Herzensprojekte

Christine Schimpfermann war seit Oktober 2005 als Planungs- und Baureferentin bei der Stadt Regensburg tätig. Ende September 2023 endet ihre Amtszeit. Im folgenden Interview erzählt sie uns von ihren Herzensprojekten, von gemeisterten Herausforderungen und blickt gemeinsam mit uns auf die letzten 18 Jahre zurück.

Fotografie: Planungs- und Baureferentin Christine Schimpfermann
Planungs- und Baureferentin Christine Schimpfermann © Bilddokumentation Stadt Regensburg

22. September 2023

Wie fühlen Sie sich angesichts Ihres bevorstehenden Abschieds nach 18 Jahren als Planungs- und Baureferentin der Stadt Regensburg?

Auf der einen Seite schwingt nach einer so langen Zeit natürlich eine gewisse Wehmut mit. Ich habe in meinem Job viele wunderbare Menschen kennengelernt und durfte an tollen Projekten arbeiten. Da fällt mir der Abschied natürlich schwer. Auf der anderen Seite kann ich auf vieles, das in meiner Amtszeit entstanden ist, stolz sein. Die Zeit, in der ich hier wirken durfte, hinterlässt positive Spuren. Deshalb kann ich auch mit einem guten Gefühl gehen.

 

Welche Projekte oder Entwicklungen sind Ihnen während Ihrer Amtszeit besonders ans Herz gewachsen und warum?

Meine Amtszeit war geprägt durch die Herstellung von dringend benötigten Wohnungen. In meiner Zeit als Planungs- und Baureferentin sind rund 18.000 Wohnungen entstanden. Ich habe den Bedarf an Wohnungen und insbesondere an geförderten Wohnungen schon zu Beginn meiner Tätigkeit erkannt. Der geförderte Wohnungsbau wurde damals ausschließlich von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, der Stadtbau, betrieben. Mit der Zeit konnte ich aber auch weitere Akteure dazu bewegen, sich um den geförderten Wohnungsbau zu kümmern. Inzwischen ist es selbstverständlich, dass wir in jedem unserer neuen Baugebiete 40 Prozent geförderten Wohnungsbau haben.

Fotografie: Sanierung der Steinernen Brücke
Die Sanierung der Steinernen Brücke empfand Christine Schimpfermann als eines der Highlights während ihrer Amtszeit. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

An Einzelprojekten sticht natürlich die Steinerne Brücke hervor. Es ist wirklich ein absolutes Highlight, dass die Steinerne Brücke, ein Bauwerk von Weltkulturerberang, in meiner Amtszeit saniert werden konnte. Die Sanierung ist auf besonders hohem Standard durchgeführt worden. Wir werden die Steinerne Brücke nun noch viele Jahrzehnte zu Fuß und mit dem Fahrrad weiter nutzen können.

Was ich außerdem hervorheben möchte, ist der Hochwasserschutz: Ich durfte die Umsetzung der einzelnen Abschnitte bis zum Bau mit Leidenschaft begleiten. Ich finde das Konzept sehr gut, dass man hier nicht einfach nur einen technischen Hochwasserschutz baut, sondern dass er sich landschaftlich einfügt. Wenn man sich die Ufer auf beiden Seiten des Regens anschaut, denkt man in erster Linie an eine Naherholungslandschaft mit Aufenthaltsqualität. Erst in zweiter Linie denkt man an Hochwasserschutz. Das ist wirklich sehr gelungen und sollte beispielgebend sein.

 

Als Planungs- und Baureferentin hatten Sie sicherlich mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen. Welche davon waren die größten und wie haben Sie diese gemeistert?

Herausfordernd waren vor allem die vielen verschiedenen bundesweiten Krisensituationen, die sich auch auf unsere Arbeit in Regensburg niedergeschlagen haben. Angefangen 2015 mit der ersten großen Flüchtlingswelle. Wir mussten damals schnell für die vorübergehende Unterbringung von Asylbewerberinnen und -bewerbern sorgen. Das erste Wohnheim haben wir damals am Weinweg errichtet. Die größte Schwierigkeit bestand darin, dass wir ein höheres Aufgabenvolumen und zugleich weniger Personal hatten. Das lag daran, dass aus allen Ämtern einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgezogen wurden, um die Flüchtlinge zu betreuen. Im Nachhinein betrachtet hat das relativ gut funktioniert, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr verständnisvoll waren und erkannt haben, dass in einer solchen Notsituation manche Dinge anders ablaufen als im normalen Arbeitsalltag.
Dann kamen die Corona-Krise und bald darauf der Ukraine-Krieg, der sich in unserer Branche vor allem auf die Lieferketten ausgewirkt hat. Viele Baustoffe und Bauteile waren plötzlich nicht mehr vorhanden und die Preise sind in die Höhe geschnellt. Dadurch waren die Projekte nur noch schwer kalkulierbar. Das zieht sich bis heute hin. Auch die hohe Inflation macht das Bauen deutlich teurer, sodass wir mit unseren zur Verfügung stehenden Mitteln anders haushalten müssen.
Man kann also durchaus sagen, dass die zweite Hälfte meiner Amtszeit von Herausforderungen geprägt war, deren Ursache außerhalb der Stadt Regensburg liegt.

 

Wie hat sich Regensburg in den letzten 18 Jahren unter Ihrer Leitung im Bereich Planen und Bauen verändert?

Regensburg ist grüner geworden, weil wir in jedem unserer Baugebiete große Grünflächen, die der Allgemeinheit dienen, untergebracht haben. Zum Beispiel im Nibelungenkasernenareal sind circa 30 Prozent der Fläche öffentliche Grünfläche. Das ist wirklich ein großer Anteil, für den ich sehr gekämpft habe. Es ist wichtig, dass wir Parkanlagen haben, die den Namen auch verdienen, denn sie dienen den Regensburgerinnen und Regensburgern als wichtige Naherholungsgebiete. Solche Grünflächen und Parkanlagen müssen wir auch in Zukunft schaffen, wenn wir moderne Quartiere wie auf dem Areal der ehemaligen Prinz-Leopold-Kaserne planen und umsetzen. Diese Parks dienen nicht nur dem jeweiligen Baugebiet, sondern der gesamten Quartiersversorgung. Die Grünanlagen sollten außerdem gut miteinander vernetzt sein, sodass wir über der gebauten Struktur der Stadt eine zweite grüne Struktur haben, die den Menschen zugutekommt. Dafür haben wir unser Freiflächenentwicklungskonzept als Grundlage für Bebauungspläne gemacht. Wir haben bei unseren neuen großen Projekten gezeigt, wie man das macht und das muss unbedingt weiterverfolgt werden.

Außerdem wurde in den letzten 18 Jahren die Wertigkeit des öffentlichen Raums wieder hervorgehoben. Wir haben die in die Jahre gekommene Fußgängerzone komplett neugestaltet und Grün in die Altstadt gebracht.
In meiner Anfangszeit war die Steinerne Stadt aus dem Mittelalter das Leitbild. Bäume in der Stadt waren demnach damals nicht möglich. Es war ein langer Prozess, bis wir, vor allem unter den Gesichtspunkten des Klimawandels, Grün in die Altstadt bringen konnten. Bäume spenden ja nicht nur Schatten, sondern haben auch einen temperatursenkenden Einfluss auf die direkte Umgebung. Und inzwischen gibt es Bäume in der Altstadt – sogar auf der Südseite des Doms. Das hätte ich vor 18 Jahren nicht für möglich gehalten. Die Bäume tun dem ganzen Straßenraum gut und werten den öffentlichen Raum auf. Besonders gelungene Beispiele für eine Aufwertung des öffentlichen Raums sind die Wahlenstraße und der Donaumarkt. Die Menschen schätzen die neue Aufenthaltsqualität und nehmen sie auch an. Das ist etwas, was mir sehr am Herzen liegt. Als Weltkulturerbestadt sind wir auch Anziehungspunkt für viele Touristen – und auch die schätzen einen gut gestalteten öffentlichen Raum.

Fotografie: Innenansicht Welterbezentrum
Das Welterbezentrum im Salzstadel wurde während der Amtszeit von Christine Schimpfermann realisiert. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Zum Thema Weltkulturerbe möchte ich gerne noch etwas ergänzen: Die Altstadt Regensburgs mit Stadtamhof ist 2006 zum Weltkulturerbe ernannt worden. Anfangs mussten wir den Bürgerinnen und Bürgern sowie unseren Gästen erst einmal vermitteln, was das bedeutet. Dazu haben wir viele Veranstaltungen organisiert und den Welterbe-Managementplan aufgestellt. Außerdem konnten wir die wunderbare Ausstellung zum Weltkulturerbe im Salzstadel eröffnen. Dort kann man sich kostenlos, beinahe 365 Tage im Jahr zum Thema informieren. Das ist ein tolles Angebot! Es ist super, dass uns das damals so schnell gelungen ist, diese Einrichtung mit Hilfe von Fördermitteln des Bundes zu bekommen. Ich bin stolz darauf, dass wir das in meiner Amtszeit realisieren konnten.

Fotografie: Einsetzen eines Brückenteils
Die neue Radwegebrücke nach Sinzing ist ein wichtiger Baustein für ein gutes Radwegenetz. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrer Amtszeit gesetzt, um Regensburg nachhaltig zu gestalten und weiterzuentwickeln?

Neben den großen, bereits angesprochenen Themen habe ich meinen Schwerpunkt unter anderem auch auf das Thema Verkehr gesetzt. Die Verkehrswende ist zwischenzeitlich da, sie muss allerdings noch weiter vorangetrieben werden. Man merkt bereits jetzt einen deutlichen Wandel vom motorisierten Individualverkehr hin zum ÖPNV und Radverkehr. Der Radverkehrsanteil ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Das ist nicht nur statistisch belegt, sondern auch deutlich sichtbar. Es sind wesentlich mehr Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer auf Regensburgs Straßen unterwegs als vor 18 Jahren. Diese Entwicklung und damit auch die Verkehrswende müssen wir weiter unterstützen, indem wir dafür sorgen, dass es ein gutes Radwegenetz gibt – auch in den Landkreis hinaus. Die Radwegebrücke nach Sinzing halte ich für eine äußerst wichtige Maßnahme. Es freut mich sehr, dass die Brücke noch in meiner Amtszeit eingehoben werden konnte.

Natürlich muss man im Zuge der Verkehrswende auch etwas für den ÖPNV tun. Die Anzahl der Fahrgäste hat sich im Laufe der Zeit erhöht, weil Regensburg gewachsen ist. Prozentual ist der Anteil allerdings gleichgeblieben. Unser Ziel muss es sein, dass man in Regensburg auch in 20 Jahren noch bezahlbar mobil sein kann. Individuelle Mobilität wird immer teurer werden und deshalb ist es wichtig, dass es einen guten öffentlichen Nahverkehr gibt. Deswegen hänge ich sehr stark an unserem Stadtbahnprojekt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie der öffentliche Nahverkehr in Zukunft funktionieren soll, wenn er ausschließlich auf Bussen aufgebaut wird, denn die Busse sind heute schon an ihrer Kapazitätsgrenze. Die Stadtbahn kann einen großen Teil der Beförderungskapazität übernehmen und die Verkehrswende voranbringen. Sie ist nicht der einzige, aber ein entscheidender Baustein.

 

Frau Schimpfermann, bitte verraten Sie uns zum Abschluss: Was war Ihr Erfolgsgeheimnis?

Das ist ganz einfach: Alles, was in meiner Amtszeit auf den Weg gebracht und umgesetzt werden konnte, konnte nur mit Hilfe der guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelingen. Sie haben ihre Gedanken mit eingebracht und sich engagiert. Sie haben alle tatkräftig mitgewirkt, dass Regensburg jeden Tag ein kleines bisschen besser wird. Damit hängt mein Erfolg entscheidend zusammen. Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass sie mich in diesen 18 Jahren begleitet haben. Sie sind diejenigen, die das alles überhaupt erst ermöglichen.


Welchen Ratschlag möchten Sie Ihrem Nachfolger mitgeben, um erfolgreich in Ihre Fußstapfen zu treten?

Jeder muss seinen eigenen Weg finden. Ich würde ihm empfehlen, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut zuzuhören und auf der Grundlage dieser Informationen weiterzudenken – mit eigenen Schwerpunkten und sicherlich auch mit eigenen Zielrichtungen.

Text und Interview: Verena Bengler