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Neue Stolpersteine in Regensburg

Lebenslinie von Elise und Julius Sommer

Elise Sommer, geb. Reis entstammt einer Karlsruher Familie und wurde am 13. August 1874 geboren. Sie heiratete mit 23 Jahren Julius Sommer in Karlsruhe.

Julius Sommer, geb. 2.März 1869 in Steeg/Bacharach. Er war von Beruf Kaufmann und Handelsvertreter.

Nach Regensburg verzogen Elise und Julius mit ihren Kindern Erich (7 Jahre) und Elfriede (4 Jahre) im November 1907 aus Darmstadt. Kurz danach wurde das dritte Kind Erna am 27.November 1907 geboren. Zuerst wohnte die Familie Sommer  in der Kumpfmühler Straße . 1922 zog die Familie hierher  Hinter der Grieb 2. Vielleicht war da der Kontakt zu Herrn Max Uhlfelder, der auch hier wohnte und im Vorstand der jüdischen Gemeinde war, mit entscheidend.

Dieses Haus war ca. 20 Jahre lang die Heimat von Familie Sommer. Seit Februar 1919 waren Elise und Julius bayerische Staatsbürger, mit allen damit verbundenen Rechten. Julius Sommer war ein angesehener Regensburger Geschäftsmann und Mitglied der jüdischen Gemeinde.

Zur Situation Mitte der 30er Jahre in Regensburg: In der Bayerischen Ostmark, der Zeitung der Nationalsozialisten stand zu lesen:“Die Mitglieder der Regensburger „Judenkolonie“ betrieben ihre Geschäfte mit Hilfe einiger dummer und unbelehrbarer Judenknechte“ … Zusätzlich zu diesen Ermahnungen gegenüber „verräterischen Ariern“  wurden 59 Geschäfte und Rechtsanwaltskanzleien genannt, deren jüdische Besitzer nach Meinung des seinerzeitigen Journalisten „abzuhauen hätten“. (Bayer. Ostmark 31-5-1938, Wittmer 305 ff)

Einer dieser 59 namentlich erwähnten, jüdischen Besitzer war  auch Julius Sommer.* Der Familie Sommer ging es schon ab 1935 wirtschaftlich sehr schlecht. Familie Sommer besaß bis ca. 1937 ein Anwesen in der Lederergasse. Aufgrund von nationalsozialistischen Zwangsmaßnahmen gegen Juden wurde dieser Besitz zwangsverkauft. Bei diesem Verkauf wurde ein Preis erzielt, der von den Nationalsozialisten als überhöht – also nicht angemessen für jüdisches  Vermögen, angesehen wurde. Der Käufer hatte dadurch erhebliche Schwierigkeiten. Allerdings nach dem Kriege auch wieder, da er einem Vergleich mit dem Freistaat Bayern zustimmen musste und eine erhebliche Summe nachzuzahlen hatte.

Da keine Rückgabe des Grundstücks gefordert wurde, ist davon auszugehen, dass die überlebenden Kinder alle Kontakte ablehnten.

Ab 1937 wurde von Herrn Sommer keine Gewerbesteuer mehr entrichtet und Herr Sommer gab 1938 an:“ lebe ich nur von der Unterstützung meiner Kinder“ (Einheitssteuererklärung), wahrscheinlich von den Töchtern, da der Sohn Erich auch bereits 1932 arbeits- und verdienstlos war.

Einige Erkenntnisse zu den drei Kindern von Elise und Julius Sommer:

Alle drei wohnten auch als Erwachsene bis 1928/1929 und Erna sogar bis 1937 bei den Eltern hier Hinter der Grieb. Der Sohn Erich Daniel, geb. 3.5.1900 in Fimsentrog/Kreis Meschede war von Beruf Techniker und wohnte bei den Eltern; ab 1.4.1929 war er in Berlin und ab 1932 dort arbeitslos und ohne Einkommen. Sein weiteres Schicksal ist leider unbekannt.

Die ältere Tochter Elfriede, geb. 3.10.1903 in Fimsentrog/ Kreis Meschede war Beamtin und wohnte ebenfalls Hinter der Grieb bis 1928, anschließend in München bis 1.9.37. Sie heiratete einen Herrn Friedenhain, änderte ihren Vorname nun auf Elfred und zog ab 1938 nach New York.

Die zweite Tochter Erna, geb. 27.11.1907 in Regensburg war Kinderfräulein und lebte ebenfalls bei ihren Eltern Hinter der Grieb. Mit 18 Jahren verzog sie nach Hamburg, dann wohnte sie wieder Hinter der Grieb, sie wechselte mehrfach ihren Wohnort innerhalb Deutschlands: Trier, Frankfurt, Berlin; wohnte aber immer wieder bei den Eltern hier Hinter der Grieb bis zum Jahr 1937. Mit 30 Jahren heiratete sie. Danach ist ihr weiteres Schicksal ungeklärt.

Julius Sommer kam nach der Reichspogromnacht vom 10.11. – 2.12.38 ins KZ Dachau.

Das Ehepaar Sommer wurde vermutlich im Frühjahr 1942 in der Weißenburgstraße 31 zwangseinquartiert und von dort (aus dem jüd. Altenheim) am 23.9.1942 nach Theresienstadt deportiert. Julius Sommer ist ca. 9 Monate  später  im Alter von 74 Jahren am 30.6.1943 in Theresienstadt (lt. Sterbebuch Arolsen v. 17.12.59) verstorben.

Seine Ehefrau Elise wurde am 18.5.44 mit dem Transport Ebc1797 (Transport Ost V/44 Auschwitz) von Theresienstadt  weiter nach Auschwitz deportiert  Ihr Sterbedatum ist nicht bekannt.

Durch die Verlegung dieser beiden Stolpersteine, kommen auch wieder die Freunde Max Uhlfelder und Julius Sommer zusammen, die 20 Jahre im gleichen Haus wohnten.

Recherche in holocaust.cz, Gedenkbuch, Stadtarchiv Regensburg, Staatsarchiv Amberg

*entnommen aus Wittmer, Siegfried: Regensburger Juden, S. 305 -307