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Welterbe Donaulimes

Regensburg gehört als einer von 77 Orten zum Donaulimes, der im Juli 2021 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen worden ist. Wir werfen einen Blick auf die Spuren der Römer, die bis heute in der Stadt sichtbar sind.

Fotografie: Porta Praetoria

25. August 2021

Seit 30. Juli 2021 ist es offiziell: Regensburg darf sich über einen zweiten Welterbetitel freuen. Das Welterbekomitee bestätigte in der entscheidenden Sitzung den Antrag zur Erweiterung der UNESCO-Welterbestätte „Grenzen des römischen Reichs" um den Donaulimes. Neun der 77 Orte zwischen dem bayerischen Bad Gögging und dem slowakischen Iža, die das UNESCO-Welterbekomitee damit in die Welterbeliste aufgenommen hat, liegen in Bayern. Regensburg ist einer davon.

Fotografie: Document Legionslagermauer im Parkhaus am Dachauplatz
Document Legionslagermauer im Parkhaus am Dachauplatz © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Die Stadt fügt sich mit den Kastellen und den Zivilsiedlungen in Kumpfmühl und Großprüfening in die Welterbekette „Donaulimes“ ein, sowie natürlich mit dem Legionslager. Teile der Zivilsiedlung und ein großes Gräberfeld runden das Bild hier ab. Castra Regina, die Reste der einst 540 x 450 Meter langen, steinernen Umwehrung der Regensburger Römerfestung sind heute noch im Stadtbild an mehreren Stellen präsent. Neben dem archäologischen Freigelände am Ernst- Reuter-Platz, wo ca. 80 Meter Lagermauer mit ihren mächtigen Kalksteinquadern beeindrucken, finden sich weitere Spuren im Untergeschoss der IHK (D.-Martin- Luther-Straße 12), unter dem Parkhaus am Dachauplatz, sowie am St.-Georgen-Platz. Von der dort sichtbaren, einstigen Nord-Ost-Ecke der Befestigung führt die Straße Unter den Schwibbögen geradewegs zum sicherlich imposantesten Zeugnis der römischen Epoche, der Porta Praetoria. Vom ehemaligen Nordtor des Legionslagers sind der östliche Flankenturm sowie einer der beiden Torbögen weitgehend erhalten. 

Das Innere des Legionslagers ist heute von mittelalterlicher und neuzeitlicher Bebauung überdeckt. Nur wenige Stellen gewähren einen Blick in die römische Vergangenheit. Zum Beispiel das document Niedermünster: Ungefähr sechs Meter unter dem heutigen Straßenniveau entdeckte man unter dem Kirchenboden der Niedermünsterkirche die Spuren der Unterkunftshäuser der Soldaten. Mehrfach umgebaut spiegeln sie die wechselvolle Geschichte des Legionslagers von seinen Anfängen um 179 n. Chr. bis zum Übergang in das frühe Mittelalter im ausgehenden 5. Jahrhundert. Nur mehr geringe Überreste der Wohnhäuser römischer Offiziere kann man im document Neupfarrplatz besichtigen. In dieser archäologischen Dokumentation wird eindrucksvoll sichtbar, wie sich die mittelalterliche Steinbebauung auf die römischen Reste setzte, nachdem Teile des Lagerinneren anscheinend mehrere Jahrhunderte unbebaut waren.

Fotografie: Römische Brauerei am Kornweg
Römische Brauerei am Kornweg © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Etwa drei Kilometer flussaufwärts vom Legionslager befand sich einst ein römisches Kleinkastell zusammen mit einem handwerklich ausgerichteten Dorf (vicus). Es diente zur Überwachung des von Nordwesten auf das Donautal treffenden Flusstals der Naab überwachen und sicherte damit eine mögliche Einfallspforte für aus dem Norden angreifende Germanen. Der Grundriss einer zur Siedlung gehörenden römischen Bierbrauerei wurde in einem Holz-Glas-Pavillon konserviert (Kornweg). Bereits rund 100 Jahre vor dem Legionslager gründeten die Römer an der Stelle der jetzigen Wolfgangskirche in Kumpfmühl das erste Kastell im heutigen Stadtgebiet. Mitsamt der zugehörigen Zivilsiedlung ging es in den Markomannenkriegen (166 – 180 n. Chr.) zugrunde. In der Blütezeit des römischen Regensburg lebten 15.000 bis 20.000 Menschen im Donaubogen. Um ihre Versorgung zu gewährleisten, wurde das fruchtbare Land rund um Castra Regina mit Bauernhöfen (villa rustica) aufgesiedelt. Die Gutshöfe bewirtschafteten vorrangig ehemalige Soldaten (veterani) und deren Familien. Im Stadtteil Burgweinting entdeckten die Archäologen gleich mehrere dieser Höfe. Die Grundrisse einer Hofbebauung visualisierte man in Form einer kleinen Parkanlage (Burgweinting, nahe Kirchfeldallee).

Fotografie: Reste einer römischen Fußbodenheizung im Untergeschoss des Velodroms
Reste einer römischen Fußbodenheizung im Untergeschoss des Velodroms © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Im ausgehenden 2. und dem beginnenden 3. Jahrhundert war die Großkaserne von einer umfänglichen Zivilsiedlung (canabae legionis) umgeben, die im Osten und Westen die Grenze der späteren, mittelalterlichen Stadtummauerung erreichte. Im Untergeschoss des Velodroms (Arnulfsplatz) sind die Reste einer römischen Fußbodenheizung (Hypokaustenheizung) zu besichtigen. Sie gehörte zu einem prächtigen Stadthaus. Auf ein gewisses Maß an Wohnkomfort weisen auch die Fragmente eines Wandgemäldes, die bei einer Grabung entdeckt wurden (Auergasse 4). Das Fresko zeigte einen Wagenlenker auf seinem „Rennwagen“ mit vier Pferden. Nördlich der Ostengasse, kurz vor dem mittelalterlichen Ostentor hatte eine größere Thermenanlage ihren Platz. Mithilfe moderner geoarchäologischer Methoden konnte der Grundriss der „Wellness-Oase“ nachvollzogen werden.

Wie im Grund beide Welterbetitel belegen, kann Regensburg wie kaum eine andere deutsche Stadt auf eine 2.000-jährige Kontinuität ihrer sichtbaren Geschichte zurückblicken und diese stolz mit römischen Zeugnissen erster Güte belegen. So stammt die einzige steinerne Gründungsurkunde für eine deutsche Stadt aus der Regensburger Römerzeit. Die Steintafel und viele andere Objekte aus der Römerzeit wie z. B. der Schatzfund von Kumpfmühl sind im Historischen Museum zu bestaunen – übrigens in einer der bedeutendsten Römerabteilungen deutscher Museen überhaupt. Die große Dimension des römischen Regensburgs ist zwar bereits durch zahlreiche Publikationen in der Öffentlichkeit präsent, aber wird in nächster Zeit vor allem im Besucherzentrum Welterbe und durch weitere gezielte Vermittlungsaktivitäten weiter beleuchtet werden.

Hintergrund: Das neue Welterbe "Grenzen des Römischen Reiches - Donaulimes (Westlicher Teil)"

Der Antrag zur Erweiterung der UNESCO-Welterbestätte „Grenzen des römischen Reichs" um den römischen Donaulimes wurde unter der Federführung der Republik Österreich vorbereitet. Bayern beteiligte sich an der Bewerbung. Dabei war die eigentliche Grenze (Limes) zur Römerzeit, also bis ins 5. Jahrhundert, natürlich die Donau selbst. Die aktuelle Eintragung als Welterbe gilt speziellen Stätten, die am Donaulimes liegen und aus der römischen Epoche erhalten sind.

Die Denkmäler sind teilweise unter der Erde, andere sind sichtbar. Es handelt sich um militärische Niederlassungen und zivile Siedlungen, die sich wie Perlen an einer Kette entlang der Donau gruppieren: So sind im Heilbad von Bad Gögging bei Neustadt a. d. Donau die Reste einer Badeanlage zu sehen. Sie galt als Heilbad der Legion III Italica, die ab 179 n. Chr. in Regensburg stationiert war. Ein großes Badebecken, vier Badewannen und ein Schwitzbad zeugen davon, wie wichtig den Römern ihre gesellschaftlich fest verankerte Badekultur war. In Eining hingegen regierten die Götter: Das Heiligtum aus dem 2. und 3. Jahrhundert auf dem dortigen Weinberg beherbergte Statuen der römischen Militärgottheiten Mars und Victoria. In Kelheim lässt sich ein Teil der ersten linearen Grenzsicherung Roms an der Donau nachzeichnen. Auf einer Terrasse über dem Ortskern von Weltenburg kontrollierte in der Mitte des 1. Jahrhunderts ein frühkaiserzeitliches Kleinkastell den Punkt, an dem sich die Donau in die Weltenburger Enge zwängt.

Donauabwärts wartet das niederbayerische Straubing mit dem sogenannten Ostkastell III als Standort einer Bogenschützenkohorte aus Syrien bis um die Mitte des 3. Jahrhunderts auf. Das Kastell ist bis heute nicht überbaut und gehört mit einem Teil der südwestlichen Zivilsiedlung zum Welterbe, genauso wie das spätantike Kastell auf dem Kirchhügel von St. Peter. In Künzing ist oberirdisch leider wenig zu sehen: Zum Welterbe wurden die nicht ausgegrabenen Teile eines hölzernen Amphitheaters und eine anschließende Fläche der zivilen Kastellsiedlung. Zudem befand sich in der Siedlung ein Mithras-Heiligtum – eines der wenigen bekannten in der Provinz Raetien. Die bayerische Welterbereise endet schließlich in Passau, wo im Areal des Klosters Niedernburg Reste einer Zivilsiedlung (1. bis 3. Jahrhundert) und des spätantiken Kastells Batavis eingeschrieben wurden. Das spätantike Kastell Boiotro befand sich auf der Seite des Inns, die früher zur Provinz Noricum gehörte. Flussabwärts von Boiotro stand ein Wachturm (burgus), der unter Kaiser Valentinian (364 – 375) errichtet wurde und bis in das 5. Jahrhundert besetzt war.

Text: Susanne Hauer