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So ist die Jahninsel in ihrer heutigen Form entstanden

Vor rund 100 Jahren war der Obere Wöhrd noch nicht mit der Jahninsel verbunden. Martin Kempter hat sich mit der Geschichte intensiv beschäftigt und erklärt die Veränderungen, die innerhalb eines Jahrhunderts mitten in der Donau passiert sind.

Jahninsel 2018
Heute ist die Jahninsel mit dem Oberen Wöhrd direkt verbunden © Bilddokumentation Stadt Regensburg

27. August 2018

Dort, wo sich in den Sommermonaten die Feiernden vor dem Panorama der Altstadt tummeln, floss bis in die 1940er-Jahre Donauwasser. Die Jahninsel beschränkte sich auf den Bereich der Schwimmabteilung des SSV Jahn. Martin Kempter ist Bauingenieur und hat beruflich viel mit der Auswertung von Karten zu tun. In seiner Freizeit hat er sich besonders intensiv mit dem Bereich unterhalb der Steinernen Brücke zwischen Donaunordarm und Brandnerkanal beschäftigt und uns den folgenden Text zukommen lassen. Wir bedanken uns ganz herzlich bei ihm für seine Mühe!

Die Anfänge der Insel reichen zurück ins Jahr 1388. Wie man im Standardwerk über Regensburg von Karl Bauer nachlesen kann, wurden in diesem Jahr die beiden Donauinseln, die Wöhrde, durch das heute noch bestehende Beschlächt verbunden. Damit sollte der natürliche Wasserspiegelunterschied, der durch die Pfeilerinseln der Steinernen Brücke erheblich zugenommen hatte, zum Antrieb von Mühlen nutzbar gemacht werden. Diese Mühlen lagen entlang der heutigen Müllerstraße. Damit dieser Kanal, der Vorläufer des heutigen Brandner-Arms, seine Wirkung erzielen konnte, war von Anfang an ein zweites Beschlächt erforderlich, das unter der heutigen Rampe zur Brücke den Oberen Wöhrd mit dem zehnten sichtbaren Pfeiler verband.

Merian Prospect 1644Auf der berühmten Ansicht von Merian "Schöner Prospect der Steinern Brücken zu Regenspurg" von 1644 ist die Jahninsel noch nicht zu sehen © Museen der Stadt Regensburg
Jahninsel 1784
Eine anonyme Federzeichnung zeigt die Situation im Jahr 1784. Die Donau fließt hier noch frei durch die Brückenbögen. Die Jahninsel ist aber bereits erkennbar. © Zentrale Denkmalregistratur des Amtes für Archiv und Denkmalpflege

Donau setzt Sand und Kies ab

So wurde ein Zustand geschaffen, in dem das schnell durch den Mühlschuss (den Kanal, in dem sich die Wasserräder befanden) fließende Wasser sich nach der Brücke verlangsamte und den mitgeführten Kies, Sand und Letten wieder absetzte. Die dadurch entstehende Insel ist - bereits von Büschen bestanden - erstmals auf einer Federzeichung von 1784 dargestellt, während sie auf der berühmten Ansicht von Merian "Schöner Prospect der Steinern Brücken zu Regenspurg" von 1644 noch nicht hinter den Brückenbögen hervorschaut. Dieses frisch entstandene Land wurde offenbar rasch in Nutzung genommen und 1811 im Urkataster des Königreichs Bayern registriert und für die Grundsteuer erfasst.

Eine Veränderung ergab sich Mitte des 19. Jahrhunderts, als das bislang nur vom Oberen Wöhrd bis zum zehnten Pfeiler reichende nördliche Beschlächt um rund 400 Meter flussabwärts verlängert wurde, wohl um den von den Mühlen nutzbaren Wasserspiegelunterschied weiter zu erhöhen. Damit grenzte die Insel nun nicht mehr an den Donau-Nordarm, sondern lag mitten im in einem separaten Kanal.

Nebeneffekt war aber auch eine vermehrte Sedimentation (Ablagerung) im ruhigen Wasser nach den Mühlen. Zudem führte die Donau damals deutlich mehr Kies als heute, eine Folge der 1837 begonnenen Korrektionen, Uferbegradigungen und Einengungen des Flusses zur Schiffbarmachung. Eine nicht datierte, wohl auf Vermessungen vom Ende des 19. Jahrhunderts basierende Katasterkarte zeigt das Anfangsstadium dieser zunächst von den Pfeilerbeschlächten ausgehenden Ablagerungen.

Ablagerungen mit Bewuchs

Bereits vor dem Bau der Straßenbahn, also spätestens 1901, aufgenommene Fotos zeigen diese unregelmäßig geformten, aber schon von Büschen bewachsenen Ablagerungen vor der Brücke. Dabei versandete allmählich der Durchfluss unter dem neunten Brückenbogen. Dazwischen verlief ein schmaler, stark gewundener Nebenarm unter dem heute trockenen zehnten Bogen hindurch und trennte in seinem weiteren Verlauf die Jahninsel vom nördlichen Beschlächt.

Im Laufe der 1910er-Jahre setzte sich dann auch dieser Arm immer mehr zu. Etwa ab 1920, so zeigen es Luftaufnahmen, war somit die ursprüngliche Jahninsel zu einer am Oberen Wöhrd hängenden Halbinsel geworden. Man gelangte auf sie, indem man sich vom Ende der Lieblstraße aus auf der Steinpflasterung unter der Wöhrdrampe entlang auf dem schmalen Pfad zwischen Ufermauer und Pfeilern durchdrückte. Dieser Weg muss frequentiert gewesen sein, auf Fotos sieht man, wie sich am Nordufer der Jahninsel ein breiter Trampelfpfad entwickelte.

Dieser Pfad wurde durch die Sprengung des zehnten Pfeilers am 23. April 1945 jäh unterbrochen. Auf einem Foto vom August 1945 türmt sich dort meterhoch der Schutt des Bogens, und die Behelfsstützen stehen darauf. Für den rasch beginnennden Wiederaufbau zumindest des Pfeilers wurde nun aber auch eine Zufahrt geschaffen.

In einer Karte der topographischen Landesaufnahme von 1947 sind auf der Insel die Badehütten des SSV Jahn in Rot als Neubestand verzeichnet. Von den Hütten führt ein Holzsteg über ein Altwasser zum Nordufer, über den Überrest des Flussarmes, der einst die Insel vom Land getrennt hat. Der Donauarm durch den zehnten Brückenbogen ist wieder als wasserführend eingezeichnet.

Freibad und Badebucht

Auf Bildern von 1952 und 1953 sieht man die Baustelle geräumt und das vorher unwegsame Gelände zwischen Alter Linde und Brücke ordentlich planiert. Der Donauarm durch den zehnten Brückenbogen ist offensichtlich zugeschüttet. In der Bucht zwischen Brücke und Jahninsel (an dieser Stelle befindet sich heute die Sandbucht direkt bei der Brücke) betrieb der Verein ein mit Pontons eingegrenztes Freibad betrieben. Beim großen Hochwasser im Juli 1954 wurde es mitgerissen und zerstört

Auf Fotos des Jahres 1956 erscheint dann der Bereich zwischen Alter Linde und Brücke als ordentliche Grünfläche mit einem gekiesten Weg zur eigentlichen Jahninsel. Die Badebucht ist zugeschüttet. Damit hatten die Jahninsel und die ihren Namen tragende Landbrücke zum Oberen Wöhrd im Wesentlichen das Erscheinungsbild erhalten, das wir heute kennen.

Jetzt ist die Jahninsel also eine Halbinsel, die man normalerweise trockenen Fußes vom Oberen Wöhrd aus erreichen kann. Erst bei Hochwässern ab etwa vier Metern (Pegel Eiserne Brücke) wird sie wieder zur Insel, bei einem Pegelstand von rund 5,75 Metern heißt es komplett Land unter. 

Text: Martin Kempter