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„Ich sorge dafür, dass unsere Stadt sauber bleibt“

Ute Doß arbeitet bei der städtischen Straßenreinigung. Die Arbeit in einer Männerdomäne scheut sie nicht.

Der Job bei der Straßenreinigung macht Ute Doß wirklich Spaß.
Der Job bei der Straßenreinigung macht Ute Doß wirklich Spaß. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

12. Juni 2019

Egal, ob sengende Hitze oder eisige Kälte, Regen, Sonne oder Schneefall: Ute Doß rückt täglich um sechs Uhr morgens in der Altstadt an und sorgt dafür, dass sich Plätze, Straßen und Gassen den Besuchern sauber und ordentlich präsentieren. Im Winter ist sie zusätzlich dafür verantwortlich, dass die Wege auch bei Schnee und Eis passierbar bleiben. Keine leichte Tätigkeit, aber eine, die Ute Doß schon ans Herz gewachsen ist. Seit Herbst 2018 arbeitet sie als die erste und einzige Frau bei der städtischen Straßenreinigung.

(Nachtrag vom September 2019: Nach dem Erscheinen dieses Artikels in unserer Print-Ausgabe im Juli 2019 meldeten sich zwei Brüder bei der "Bei uns"-Redaktion und erzählten von ihrer Mutter Therese Fieger, die bereits am 18. August 1958 als Straßenkehrerin bei der Stadt Regensburg eingestellt wurde. Den Link zum Artikel über Therese Fieger und unserer Suche nach der "allerersten Straßenreinigerin", finden Sie im grauen Kasten.)

Arbeitsbesprechung mit Capo Mario Minin auf dem Bismarckplatz
Arbeitsbesprechung mit Capo Mario Minin auf dem Bismarckplatz © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Arbeitsbesprechung morgens früh um neun Uhr auf dem Bismarckplatz. Außendienstmeister Mario Minin trifft sich mit Ute Doß zu einer Lagebesprechung. Der gesamte Platz ist bereits wieder pieksauber. Von den nächtlichen Feiern, die hier stattgefunden haben, keine Spur mehr. Pizzakartons, leere Flaschen, Papierfetzen, To-Go-Becher und andere Hinterlassenschaften liegen jetzt in der großen grauen Tonne, die an dem zweirädrigen orangefarbenen Karren befestigt ist, den die 54-Jährige vor sich herschiebt. „Auf dem Gutenbergplatz sind am Abfallbehälter zwei Schrauben locker und eine der Sitzbänke ist beschädigt“, meldet sie ihrem Capo. Der verspricht, sich um eine Reparatur zu kümmern und geht schnell mit ihr den Dienstplan durch. Arbeitsbeginn ist morgens um 6 Uhr, damit der Abfall beseitigt ist, wenn die Stadt erwacht. Zwei Pausen können die Straßenreiniger in ihrer Unterkunft im Ägidiengang verbringen. Um 15 Uhr ist Schichtende. Dann werden die Karren zurück in die Remise gestellt und die Besen aufgeräumt.

Das richtige Werkzeug ist entscheidend

Apropos Besen: Auch wenn Kunststoffbesen auf manchem Untergrund die bessere Wahl sind – an einem echten Reisigbesen kommt ein professioneller Straßenreiniger oder natürlich eine Straßenreinigerin nicht vorbei. Doch heutzutage werden keine Birkenreiser mehr verwendet, sondern Bambusstroh. Das hält länger, lässt sich je nach Kehrtechnik zurechtstutzen und kann, wenn es schon ein bisschen abgearbeitet ist, noch gut für Engstellen und Rinnen verwendet werden. Mit den neuen Besen lassen sich hingegen glatte Flächen optimal säubern. Hinzu kommt ein Greifarm, damit auch Abfälle an schlecht zugänglichen Stellen entfernt werden können. Und natürlich eine große Schaufel, um den zusammengekehrten Müll aufzunehmen und in der Tonne zu entsorgen.

Mit einem Greifarm können auch Abfälle an schwer zugänglichen Stellen beseitigt werden.
Mit einem Greifarm können auch Abfälle an schwer zugänglichen Stellen beseitigt werden. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Aber das ist noch lange nicht alles. Genau wie ihre 16 männlichen Kollegen, die für den Bereich der gesamten Altstadt zuständig sind, muss Ute Doß auch mit unterschiedlichen Fahrzeugen und Maschinen umgehen können und zwar egal, ob es sich dabei um Räumfahrzeuge, Kehrmaschinen, kleine Müllautos oder um eine Unkrautentfernungsmaschine handelt.

„Wir verlangen schon einiges von unseren Leuten“, sagt denn auch Minin, der seinen Stolz über das, was sein Trupp leistet, nicht verhehlen kann. „Viele reden nur von der Umwelt, wir tun auch was!“ Für die erste Frau, für die er zuständig ist, findet er nur lobende Worte: „Die Ute macht einen wirklich tollen Job. Wir sind total zufrieden mit ihr!“

Ausbildung zur Gewandmeisterin

Die zierliche Frau mit dem norddeutschen Zungenschlag behauptet sich in einer bislang reinen Männerdomäne. Sie packt dort an, wo sie gebraucht wird und ist sich auch nicht zu schade, Hundekot und Kotze zu entfernen. Dass sie einmal für saubere Straßen und Plätze in Regensburg sorgen würde, hätte sich die gebürtige Bad Segebergerin sicher nicht träumen lassen, als sie sich in Hamburg zur Gewandmeisterin ausbilden ließ. Sie arbeitete an unterschiedlichen Theatern in ganz Deutschland als Kostümmalerin, leitete in Hamburg sogar die Kostümwerkstatt und war dort für die Ausstattung des Musicals „Cats“ zuständig. 1998 erhielt sie ein Angebot, beim Theater Regensburg als Kostümassistentin zu arbeiten. „Damals wusste ich überhaupt nicht, wo Regensburg liegt“, schmunzelt sie. Das hielt sie aber nicht davon ab, in den Süden der Republik überzusiedeln, wo sie Wurzeln schlug, die sie bis heute halten. Vom Einkauf bis zur Auswahl der Schuhe war sie für die Ausstattung diverser Stücke zuständig, wie beispielsweise „Trainspotting“ oder „Die Glasmenagerie“. „Ich war einfach das Mädchen für alles in der Kostümabteilung“, resümiert sie.

Nach fünfeinhalb Jahren wechselte die Intendanz und Ute Doß beschloss, sich selbstständig zu machen. Sie versuchte es mit Schneiderei, Polsterei und Raumausstattung und landete schließlich bei der Gebäudereinigung. „Ich habe später dann auch viel frühmorgens in Kneipen sauber gemacht“, erzählt sie. Mit den Männern von der Straßenreinigung, die so früh ebenfalls unterwegs waren, sei sie immer wieder ins Gespräch gekommen. Was sie dort über die Tätigkeit erfuhr, interessierte sie und so bewarb sie sich im Sommer 2018 auf eine Stellenanzeige, die ausdrücklich auch Frauen ansprach und wurde sofort eingestellt. „Sogar unbefristet“, betont sie stolz.

Von der Gewandmeisterin zur Straßenreinigerin – ein sozialer Abstieg? Ute Doß widerspricht da ganz entschieden. „Mir macht mein jetziger Job wirklich Freude“, unterstreicht sie. „Ich hab einfach die nettesten Kollegen, die es überhaupt gibt, kann mir meine Zeit einteilen, bin viel an der frischen Luft, leiste einen Beitrag dazu, dass unsere Stadt sauber ist und habe ein festes Einkommen, von dem ich gut leben kann. Was will ich mehr?“

Text: Dagmar Obermeier-Kundel