Navigation und Service

Experimentelle Blumenbeete für Insekten

Was können wir mit Anpflanzungen im Stadtgebiet für Insekten tun – und damit für Artenvielfalt und Naturschutz? Diese Frage beschäftigt nicht nur das städtische Gartenamt, sondern auch ein vierköpfiges Forscherteam der Universität Regensburg. Was gibt es da Besseres, als sich zusammenzutun, um es herauszufinden?

Fotografie: Eine Frau sitzt mit einem Klemmbrett vor einem Blumenbeet.

2. Juli 2024

Steinerne Stadt wird Regensburg auch genannt. Direkt in der historisch gewachsenen Altstadt finden sich mehr weite Plätze als große Grünflächen. Dennoch muss das dicht bebaute städtische Zentrum keine „Wüste“ für Insekten sein. Mit insektenfreundlicher Bepflanzung kann man dem entgegenwirken und gleichzeitig langfristig die Artenvielfalt im gesamten Stadtgebiet fördern. Doch welche Pflanzen locken besonders viele nützliche Insekten – wie zum Beispiel Wildbienen – an? Selbst Forschende haben da keine eindeutige Antwort parat.

 „Ohne ein sorgfältig kontrolliertes Experiment können wir es nicht mit Sicherheit wissen“, sagt Dr. Christoph Kurze, Zoologe und Bienenexperte der Regensburger Universität. „Deshalb brauchen wir die experimentellen Blumenbeete“.

Weil die Forschenden im Vorfeld schnell festgestellt haben, dass das Gartenamt die meisten Blumen im Stadtgebiet anpflanzt, war die Stadtverwaltung ihr Wunschpartner. Und das Gartenamt war sofort dabei. „Wenn wir konkrete Aussagen erhalten, welche Pflanzen besonders viele nützliche Insekten anlocken, wollen wir das in Zukunft noch mehr berücksichtigen“, so Gartenamtsleiter Michael Daschner. 

Wichtig für Tiere und Menschen

Insekten bestäuben beim Nektarsammeln auf den Blüten die Pflanzen und sorgen so für deren Erhalt bzw. deren Weiterverbreitung. Davon profitieren in Folge auch heimische Vögel, genauso wie wir Menschen. Denn Erdbeeren oder Kirschen gedeihen besonders gut, wenn sie von Wildbienen bestäubt wurden. Bestäuber-Insekten sind daher unersetzlich für unsere Ökosysteme. „Natürlich ist die Nahrung nur eines der vielen Dinge, die Insekten brauchen“, sagt Dr. Tomer Czaczkes, Co-Leiter des Forscherteams. Auch Orte, an denen sie ein Nest bauen können oder einen Unterschlupf finden, sind wichtig. Darüber hinaus gibt es noch viele andere Herausforderungen für Insekten, wie Pestizide, Schadstoffe und den Klimawandel. „Dieses Projekt wird nicht im Alleingang alle Insekten in Regensburg retten“, warnt Czaczkes, „aber wir hoffen, dass es ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Regensburger Artenvielfalt sein wird.“

Fotografie: Eine Biene sitzt in einer gelben Blüte.

Acht Versuchs-Standorte quer übers Stadtgebiet

Für das wissenschaftliche Experiment wurden vom Gartenamt an acht Standorten auf insgesamt 25 Quadratmetern 80 kleine Versuchsbeete angelegt – eine Hälfte im belebten Stadtzentrum (z. B. an der Kreuzung Arcaden oder in der Allee), die andere am ruhigeren und grüneren Stadtrand – u. a. im Hegenauerpark oder dem Dreifaltigkeitsfriedhof. An jedem Standort wurden in bestehende, größere Beete zehn dieser Experimentierfelder mit je einer Blumensorte integriert: fünf der in Regensburg bisher am häufigsten gepflanzten, einjährigen Zierpflanzen und fünf Staudensorten, von denen angenommen wird, dass sie besonders attraktiv für Insekten sind (siehe Kasten rechts).

Fotografie: Theresa Ranieri zählt auf einem Versuchsbeet im Ostpark die „Besucher“ auf den eigens gesetzten Pflanzen.
Theresa Ranieri zählt auf einem Versuchsbeet im Ostpark die „Besucher“ auf den eigens gesetzten Pflanzen. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Masterarbeit entsteht aus Experiment

Im Rahmen ihrer Masterarbeiten haben die beiden Forschungsstudentinnen Theresa Ranieri und Angelika Hacker zunächst gelernt, wilde Insekten zu bestimmen. „Wir konzentrieren uns auf Wildbienen, weil sie als Gruppe eine große Vielfalt von Pflanzen bestäuben“, erklärt Theresa Ranieri. In den Sommermonaten werden sie die verschiedenen Insektengruppen auf den unterschiedlichen Testpflanzen sorgfältig zählen. Heike Ismer, verantwortlich für den Grünflächenunterhalt im Gartenamt, ist schon gespannt auf das Ergebnis: „Es ist unsere Pflicht und unsere Freude, Regensburg zu einer schönen grünen Stadt zu machen. Wir wissen, welche Pflanzen gut aussehen und gut wachsen, aber wenn wir zusätzlich wissen, welche Sorten bei den Insekten besonders beliebt sind, können wir die Situation gerade für die so genannten Bestäuber sehr schnell verbessern, um die Artenvielfalt in unserer Stadt zu erhalten und zu fördern.“

Text: Claudia Biermann