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„Der Umgang mit Abfall hat auch mit der Lebenseinstellung zu tun“

Erderwärmung, Naturkatastrophen, Ressourcenknappheit – die Schlagworte kennt inzwischen fast jedes Kind. Doch es ist nicht nur Aufgabe der Politik, Konsequenzen zu ziehen und gegenzusteuern. Jeder Einzelne muss sein Verhalten ändern und seinen Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten.

Fotografie: Müllauto auf dem Rathausplatz
In Abfall steckt viel Wertvolles. Deshalb ist Recycling so wichtig. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

17. Mai 2022

Dr. Regina Elsner, Abteilungsleiterin fachlicher Umweltschutz, und Franziskus Müller, Abfallberater im städtischen Umweltamt, ist es ein persönliches Anliegen, aufzurütteln und zum Umdenken zu bewegen. „Wir müssen uns die Frage stellen, ob die Konsumgesellschaft der 1960er-Jahre heute noch zukunftsfähig ist“, sagt Elsner. Das Umdenken müsse bereits beim Einkaufen beginnen. „Die Freizeitbeschäftigung Shopping möchte ich eigentlich abschaffen“, erklärt sie. Es sei wichtig, sich genau zu überlegen, was man wirklich benötigt und sich nicht von Billigangeboten verführen zu lassen. „Werfen Sie einen Blick in Ihren Kleiderschrank und fragen Sie sich, ob Sie wirklich eine weitere Hose oder Bluse brauchen.“ Auch einen Einkauf aufzuschieben und eine Nacht darüber zu schlafen, könne den Konsumrausch eindämmen. Wichtig sei es auch, beim Kauf von Kleidung auf den Produktionsort zu achten. Während in der EU strenge Auflagen gelten, sind die Bedingungen, unter denen Kleidung hergestellt wird, in anderen Ländern oft verheerend. Siegel wie der „Grüne Knopf“ oder „Fair Trade“ bürgen hingegen für akzeptable Produktionsbedingungen.

Fotografie: Eine Hand schneidet Gemüse.
Lebensmittel sollten nach Möglichkeit aufgebraucht werden oder in der Biotonne landen. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Unnötige Einkäufe vermeiden – auf Qualität achten

Unnötige Anschaffungen zu vermeiden ist in jedem Fall besser als auf die Wiederverwertung von Altkleidern zu setzen. Kleidungsstücke, die in Altkleidercontainern landen, werden in etwa zur Hälfte zu Putzwolle, Dämmmatten u. ä. verarbeitet. Die andere – noch brauchbare – Hälfte wird zum größten Teil in Entwicklungsländer oder nach Osteuropa verkauft. Der hohe Energieeinsatz, der für dieses sogenannte Downcycling notwendig ist, ist größtenteils vermeidbar. Dennoch arbeitet die Textilindustrie bereits an Möglichkeiten, Fasern aus Altkleidern zu gewinnen, um daraus neue Stoffe herzustellen.

Und nicht nur bei Kleidung gilt: Auf Qualität achten! „Es ist besser hochwertige Ware zu kaufen und dafür etwas mehr Geld auszugeben.“ Müller veranschaulicht dies am Beispiel von Werkzeug, das im Discounter häufig zu Schnäppchenpreisen angeboten wird. „Aber nach ein paar Einsätzen gibt der Akkuschrauber dann seinen Dienst auf und wird weggeworfen. Professionelles Werkzeug ist zwar deutlich teurer, aber es ist effizienter, hält viel länger und kann gegebenenfalls auch repariert werden.“ Für diejenigen, die sich den Kauf von teuren Geräten nicht leisten können oder möchten, bieten viele Baumärkte mittlerweile Leihgeräte an.

Bei Elektrogeräten bürgen Prüfsiegel und CE-Zeichen für Qualität und Haltbarkeit. Auch ein gemeinschaftlicher Kauf, beispielsweise eines Rasenmähers, der dann von der ganzen Nachbarschaft genutzt werden kann, ist eine sinnvolle Sache. Steigende Preise beim Papier signalisieren, dass auch dieser Rohstoff nicht unendlich vorhanden ist. Umso wichtiger, Papier zu sparen und auf Recycling-Ware umzusteigen, die mittlerweile in so guter Qualität verfügbar ist, dass man kaum Unterschiede zu normalem Papier merkt.

Regional und saisonal einkaufen

Was für Kleidung und Gebrauchsgegenstände gilt, sollte auch beim Einkauf von Lebensmitteln berücksichtigt werden. „Schreiben Sie vor dem Besuch des Supermarktes einen Einkaufszettel, kaufen Sie nur das, was Sie wirklich brauchen und auch verwerten können. Kaufen Sie regional und saisonal. Vermeiden Sie Verpackungen soweit möglich“, rät Elsner. Wer sich klar mache, welcher Energieaufwand nötig sei, um im Januar Himbeeren aus Kolumbien nach Europa zu transportieren, der greife hoffentlich lieber auf Tiefkühlware zurück oder warte auf die heimische Saison, um sich dann an den frischen Früchten zu erfreuen. Mitgebrachte wiederverwendbare Obst- und Gemüsenetze können problemlos die „Hemdchenbeutel“ aus Plastik ersetzen. Getränke in Mehrwegflaschen aus Glas oder Wasser aus der Leitung sind für die Umwelt allemal besser als PET-Flaschen oder Verbundkartons, selbst wenn diese wieder dem Wertstoffkreislauf zugeführt werden.

Lebensmittel haltbar machen

Gerade im Sommer sollte man auch an die verschiedenen Möglichkeiten der Konservierung von Lebensmitteln denken, die dann aus heimischer Produktion in Hülle und Fülle verfügbar sind. Einfrieren ist meist ohne großen Aufwand möglich, Einkochen häufig eine gute Alternative. Immer mehr in Mode kommt das Fermentieren, das es ermöglicht, rohes Gemüse durch Milchsäuregärung so haltbar zu machen, dass die Vitamine keinen Schaden leiden. Und: Sollten doch einmal Reste übrigbleiben, dann kann man die eigene Kreativität walten lassen. So entstehen beispielsweise leckere Nudelsoßen oder phantasievolle Currys. Weniger Experimentierfreudige können auf verschiedene Restekochbücher zurückgreifen, die im Handel oder auch online erhältlich sind.
Doch ganz ohne Abfälle wird auch der organisierteste Haushalt nicht auskommen. Dann heißt es richtig trennen, so dass ein Maximum an Wertstoffen wiederverwendet werden kann. Organische Abfälle, also Gemüsereste, schimmliges Brot, kleine Mengen an Öl und Fett oder ungenießbar gewordenes Essen sollten in der Biotonne entsorgt werden. Rohes Fleisch und größere Knochen hingegen gehören in den Restmüll. Große Mengen an Frittierfett dürfen ausschließlich auf dem Recyclinghof entsorgt werden.

Fotografie: Leuchtstoffröhren, Energiesparlampen und LEDs in einer Kiste
Leuchtstoffröhren, Energiesparlampen, LEDs und Elektroschrott entsorgen die Fachhändler oder der Recyclinghof. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Wertstoffe richtig trennen

Das Trennen von Wertstoffen ist den meisten Haushalten bereits in Fleisch und Blut übergegangen. Dennoch gibt es immer wieder Unsicherheiten und Missverständnisse, die ungewollt dazu beitragen, dass Ressourcen unbrauchbar werden. „Dass falsche Abfälle in verwertbare Fraktionen geraten, ist beim Recycling heutzutage eigentlich das größte Problem“, fasst Müller zusammen. Speiseabfälle sollten also definitiv nicht in die Papiertonne, auch wenn sie auf Karton haften. Trinkgläser, Blumenvasen, Flachglas oder Spiegel gehört nicht in den Glascontainer, nur Flaschen und Konservengläser sind hier an der richtigen Stelle. Und der gelbe Sack ist die falsche Adresse für Einmalhandschuhe aus Plastik, OP-Masken. Große Kunststoffgegenstände wie Gießkannen oder Eimer können am städtischen Recyclinghof entsorgt werden.

Stets sollte man sich aber folgendes vor Augen halten: Jeder Abfall, der nicht entsteht, ist ein Beitrag zum Klimaschutz. Recycling nimmt weniger Energie in Anspruch als die Produktion eines neuen Gegenstandes, und die Müllverbrennung ist besser als die Deponie, weil dadurch neue Energie gewonnen wird. Es wiege aber keinesfalls die Energie auf, die für die Herstellung notwendig war“, unterstreicht Elsner.

Einen großen Beitrag zur Vermeidung von Müll soll das neue Gesetz leisten, das zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt und vorschreibt, dass Mehrwegbehälter für Take-away-Essen angeboten werden müssen. Auch Pizzakartons sollen ab diesem Zeitpunkt im Pfandsystem erhältlich sein – ein weiterer Baustein zu mehr Achtsamkeit im Umgang mit wertvollen Ressourcen. Dennoch müssen wir alle lernen umzudenken, denn, so Elsner: „Der Umgang mit Abfall hat auch etwas mit der persönlichen Lebenseinstellung zu tun.“

Fotografie: Dr. Regina Elsner und Franziskus MüllerDie Lebenseinstellung ändern: Dr. Regina Elsner und Franziskus Müller wollen zum Umdenken anregen. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Text: Dagmar Obermeier-Kundel