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Klimaschutz: Die Chance auf eine lebenswerte Zukunft

Verena Dembianny ist städtische Klimaschutzmanagerin. Auf lokaler Ebene koordiniert sie alle Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, dass die Stadt Regensburg ihr ehrgeiziges Ziel erreicht und 2035 klimaneutral wird. Wichtig ist ihr, dass sie dabei die Menschen in der Stadt mitnimmt. Denn klar ist: Klimaschutz geht uns alle an!

Fotografie: Klimaschutzmanagerin Verena Dembianny am Arbeitsplatz
Verena Dembianny koordiniert als Klimaschutzmanagerin alle städtischen Maßnahmen zum Klimaschutz. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

29. Juni 2023

Frau Dembianny, was genau sind die Aufgaben einer Klimaschutzmanagerin?

Klimaschutz funktioniert nur dann, wenn wirklich alle mit im Boot sind. Hier stehen die Kommunen in der gleichen Verantwortung wie die Länder, der Bund oder die Europäische Gemeinschaft. Meine Aufgabe ist es, auf lokaler Ebene gemeinsam mit verschiedenen Ämtern und Dienststellen Maßnahmen zusammenzutragen, zu koordinieren, umzusetzen und weiterzuentwickeln. Ich arbeite dabei ganz eng mit der Energieagentur zusammen, die die Projektsteuerung des Green Deal übernommen hat. Für mich als Klimaschutzmanagerin ist vor allem der Überblick wichtig, um zu erkennen, wo wir nachsteuern müssen.

 

Welche Rolle spielt dabei der Green Deal Regensburg?

Der Green Deal ist sozusagen die Dachmarke. Er bündelt alle Maßnahmen, die dem Klimaschutz dienen und sieht vor, den Ausstoß von Treibhausgasen in Regensburg bis zum Jahr 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Außerdem sollen die Stadtverwaltung bis 2030 und alle städtischen Töchter sowie die Gesamtstadt bis 2035 klimaneutral werden.

 

Das ist ein extrem ehrgeiziges Ziel. Ist das überhaupt zu erreichen?

Es ist zu erreichen, allerdings nur mit großer Anstrengung. Aber es muss erreicht werden, weil es der einzige Weg ist, die Lebensgrundlage von uns allen zu schützen und zu erhalten. Wenn wir jetzt nicht handeln, dann müssen wir damit rechnen, dass sich unsere Lebensqualität in den nächsten Jahrzehnten ganz entscheidend verschlechtert.

Fotografie: Trockene Erde und Natur
Die globale Erwärmung macht auch vor unseren Breiten nicht Halt. Deshalb geht Klimaschutz uns alle an. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Manche sagen ja, der Klimawandel betrifft die Menschen in Mitteleuropa gar nicht so. Sorgen müssten sich eher andere machen. Was sagen Sie dazu?

Der Klimawandel geht jeden einzelnen von uns an. Ganz egal, wo er oder sie lebt. Die globale Erwärmung macht ja auch vor unseren Breiten nicht Halt. Innenstädte erhitzen sich bereits jetzt in heißen Sommern so, dass gesundheitliche Auswirkungen spürbar sind. Hinzu kommt, dass der Grundwasserspiegel stetig sinkt. Wenn wir da nicht gegensteuern, ist die Versorgung mit Trinkwasser nicht mehr dauerhaft gesichert. Unwetter mit Starkregen nehmen zu. Das bedeutet, dass wir auch hier bei uns mit immer stärkeren Überflutungen rechnen müssen. Und mit der Klimaerwärmung kommen Krankheiten zu uns, die wir nur aus den Tropen kennen, weil die Überträger plötzlich auch in unseren Breiten eine Lebensgrundlage finden.

 

Das wird dann auch Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem haben?

Das betrifft fast alle Bereiche unseres Lebens: Die Natur, die Ökosysteme, das soziale Gefüge, die Wirtschaft und den Gesundheitssektor. Deshalb kann man es nur immer wiederholen – die Kosten, die wir jetzt investieren, um entgegenzusteuern, sind absolut nichts im Vergleich zu dem, was wir bezahlen müssen, wenn wir jetzt nicht entschlossen handeln.

 

Ein ziemlich düsteres Bild, das Sie da für die Zukunft malen.

Es ist nur dann bedrückend, wenn wir nichts tun. Ich denke, man muss die Perspektive wechseln und nicht die Einschränkungen, also Kosten oder Unbequemlichkeiten in den Fokus nehmen, die mit dem Klimaschutz einhergehen. Wir müssen erkennen, dass wir nur dann eine Chance auf eine lebenswerte Zukunft erhalten, wenn wir uns aus unserer Komfortzone herausbewegen. Das ist eine große Aufgabe, die wir aber nur gemeinschaftlich lösen können.

Welchen Beitrag leistet die städtische Klimaschutzmanagerin dazu?

Ganz wichtig ist mir, nicht über die Köpfe der Menschen hinweg zu handeln, sondern sie auf jedem Schritt mitzunehmen und glaubhaft zu vermitteln, warum Klimaschutz lebensnotwendig ist und welche Vorteile wir alle dadurch haben werden.

 

Aber bestimmt gibt es auch konkrete Maßnahmen von Seiten der Stadt?

Wir arbeiten derzeit an einem Gesamtkonzept zur Klimaneutralität der Stadtverwaltung. Die Vorarbeit haben wir schon geleistet, indem wir die Bedingungen für den „European Energy Award“ erfüllt haben. Diese Auszeichnung hat die Stadt im November 2022 erhalten. Dazu haben wir eine Status-Quo-Analyse in allen städtischen Ämtern und Dienststellen durchgeführt und viele unterschiedliche Themenbereiche abgefragt. Das reicht vom Energieverbrauch in den städtischen Liegenschaften bis zur Verwendung von Recycling-Papier oder der Nutzung von Dienst-Fahrrädern.
Auf diesem Erfolg können wir uns aber nicht ausruhen, denn alle zwei Jahre wird abgefragt, ob sich die Stadt in Sachen Klimaschutz weiterentwickelt hat. Nur so können wir den European Energy Award behalten.

Was soll das Gesamtkonzept zur Klimaneutralität, das derzeit auf dieser Datenbasis entwickelt wird, denn enthalten?

Wir haben jetzt erst einmal den Ist-Zustand analysiert mit allen Maßnahmen, die wir bereits umgesetzt haben. Auf dieser Basis wollen wir sozusagen in einem zweiten Schritt einen Fahrplan erstellen, der aufzeigt, wo noch Handlungsbedarf auf dem Weg zur Klimaneutralität besteht. Das ist wichtig, denn nur so können wir gezielt Maßnahmen ergreifen. Die Erarbeitung des Konzeptes und der darin enthaltenen Maßnahmen soll mit der Beteiligung der relevanten Akteure in der Stadtverwaltung geschehen.

 

Sie sprachen davon, wie wichtig es sei, die Bürgerinnen und Bürger auf dem Weg in die Klimaneutralität mitzunehmen. Wie kann das gelingen?

Noch in diesem Jahr starten wir im Rahmen des Green Deal Regensburg mit einer Öffentlichkeitskampagne, die wir in Zusammenarbeit mit der Energieagentur durchführen. Da wollen wir unsere Ziele noch bekannter und plausibler machen und Informationen rund um den Klimaschutz zur Verfügung stellen. In diesem Rahmen werden wir auch Veranstaltungen für die Menschen in Regensburg durchführen.

 

Gibt es denn auch konkrete Hilfen, wenn jemand auf klimafreundlichere Alternativen setzt?

Das Programm „Regensburg effizient“ bietet unterschiedliche Fördermöglichkeiten für umweltfreundliche Technologien. Seit dem Jahr 2016 fördern wir den Kauf von energieeffizienten Haushaltsgeräten. Wir unterstützen finanziell den Kauf von Lastenrädern, Lasten-Pedelecs, Fahrradanhängern, zahlen Prämien für die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden mit nachwachsenden Rohstoffen und seit März 2023 fördert die Stadt auch Photovoltaik-Anlagen oder sogenannte Balkonkraftwerke. Da ist die Nachfrage wirklich enorm. In den ersten Tagen nach Freischaltung der Formulare haben bei uns die Telefondrähte förmlich geglüht. Mit solchen Förderungen wollen wir gezielt einen Anreiz setzen, über klimafreundliche Alternativen nachzudenken und ich denke, der Erfolg gibt uns recht.

Text und Interview: Dagmar Obermeier-Kundel