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Der größte Puffer gegen Stress ist Sinn

Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß ist seit 1. Januar 2020 Regensburgs neuer Wirtschafts-, Wissenschafts- und Finanzreferent. Wir haben mit ihm über seine neue Aufgabe gesprochen.

Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß
Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß © Markus Wagner

1. Januar 2020 

In den Reihen der städtischen Referenten stand zum Jahreswechsel auch ein Personalwechsel an: Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß folgte am 1. Januar auf Dieter Daminger als neuer Wirtschafts-, Wissenschafts- und Finanzreferent der Stadt Regensburg. Der Volkswirt hat in den Niederlanden studiert und dabei sein Auslandssemester für die UNO in Riga, im Arbeits- und Sozialministerium von Lettland absolviert. Seit 1999 arbeitete er im Finanzbereich internationaler Konzerne. Dabei hat er stets den Schulterschluss zur Wissenschaft gesucht und sich berufsbegleitend fortgebildet: Controlling-Ausbildung in Wien, dann die berufsbegleitende Promotion in Augsburg. Darauf folgte noch ein MBA Studium in Lüneburg. Seit 2013 war er Professor an der betriebswirtschaftlichen Fakultät der Technischen Hochschule Ingolstadt und gleichzeitig Führungskraft in der Autoindustrie.

Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß bringt also eine breite Bandbereite aus Wirtschaftserfahrung, Finanzexpertise und Einblicke in das Hochschul- und Forschungswesen für seine neue Herausforderung in Regensburg mit.

Wie sich der Referent auf seine neue Position vorbereitet hat und wie er sie ausfüllen will, beantwortete er in einem Interview.

Was erwarten Sie sich von Ihrer neuen Aufgabe?

Ein Umfeld, in dem ich gestalten kann. Ich strukturiere gerne Themenfelder, ordne sie und richte sie in eine bestimmte Richtung aus. Das halte ich für den größten Reiz meines Referats: Im engen Austausch mit den internen und externen Partnern eine stringente Wirtschafts-, Wissenschafts- und Finanzpolitik für Regensburg gestalten zu dürfen.

Natürlich habe ich keine typische Verwaltungslaufbahn hinter mir. Trotzdem habe ich Erfahrung mit der Verwaltung in Deutschland gemacht: sowohl als Stadtrat meiner Heimatgemeinde Lauingen (Donau) als auch über verschiedene Projekte, welche ich für z. B. Lüneburg und Worms machen durfte. Nicht zuletzt die Exkursion zur Magistratsabteilung 17 der Stadtverwaltung Wien, welche ich im Zuge meiner Promotion besucht hatte, hat mir Einblicke in die Arbeitsweise der öffentlichen Verwaltung gegeben. Insofern sind mir die Unterschiede zwischen einer klassischen Verwaltung im öffentlichen Dienst und einem Managementsystem in der freien Wirtschaft durchaus bewusst – aber Führung wird beides Mal gebraucht, die Zielsysteme und Methoden sind nur andere.

Haben Sie sich auf Ihren neuen Job in den vergangenen Wochen besonders vorbereitet?

Selbstverständlich. Herr Daminger und ich tauschten uns trotz unserer vollen beruflichen Auslastung bereits vor meinem Antritt über Monate hinweg gemeinsam aus: So durfte ich in dieser Zeit neben der Frau Bürgermeisterin bereits meinen Führungskreis sowie einige der Referentenkollegen persönlich kennen lernen. Außerdem haben wir städtische Einrichtungen besucht sowie das Netzwerk zu Unternehmen und unseren Hochschulen gepflegt – selbst erste Kontakte zur Regierung der Oberpfalz sowie in die Ministerien nach München sind bereits geknüpft. Für diese Einarbeitungszeit bin ich Herrn Daminger sehr dankbar.

Was halten Sie für die größte Herausforderung in den nächsten Monaten?

Die ist zweigeteilt. Zum einen geht es mir darum, eine vernünftige Einarbeitungsphase zu absolvieren. Das bedeutet, mein bisheriges Netzwerk aus Wirtschaft und Wissenschaft mit Regensburg zu verknüpfen und mich darüber hinaus fachlich in die Themenvielfalt des Referats einzuarbeiten. Dabei ist mir eine gute Arbeitsebene zu meinen internen wie externen Ansprechpartnern besonders wichtig.

Zum anderen gilt es dann im zweiten Schritt all meine Kraft und Energie darauf zu verwenden, bei der Strategie für unserer Stadt mitzuarbeiten: Wo wollen wir in zehn, fünfzehn Jahren stehen? Wie soll Regensburg dann aufgestellt sein? Hier werde ich mit der Wirtschafts-, Wissenschafts- und Finanzkompetenz meines gesamten Teams Ideen und Vorschläge einbringen, wie die Zukunft unserer Stadt aussehen kann.

Welche Themen erachten Sie in Ihrem Referat zukünftig als besonders wichtig?

Hier muss ich kurz ausholen.
Regensburg blickt auf Jahre des wirtschaftlichen Booms zurück. Dabei haben wir uns an kontinuierlich steigende Steuereinnahmen und somit an einen größer werdenden Handlungsspielraum für die Politik gewöhnt. Das spiegelt sich u. a. in dem ehrgeizigen Investitionsprogramm wider, welches der Stadtrat aufgelegt hat. Nun bricht eine Zeit an, in der nicht mehr automatisch mit stetig steigenden Einnahmen gerechnet werden kann. Insofern werden die „Verteilungskämpfe“ spürbarer und es gilt, sich wirtschaftlich zu fokussieren, um handlungsfähig zu bleiben. Hierbei möchte ich als Kämmerer „ehrlicher Makler“ sein und die finanzpolitischen Auswirkungen offen und transparent darlegen, sowie Alternativen durchdenken helfen. Wir dürfen nicht vergessen: Die städtischen Einnahmen sind das „politische Kapital“, mit dem wir gestalten können. Bricht dieses Kapital ein oder gar weg, verlieren wir mit jedem Euro Handlungsoptionen, welche wir für die Gestaltung der kommenden Herausforderungen in Regensburg dringend brauchen. Es gibt leider genügend Beispiele, wo sich Kommunen in der misslichen Lage befinden, nur noch den gesetzlich vorgegebenen Pflichtaufgaben nachzukommen – dann braucht es eigentlich gar keine Politik mehr, dann kann man das Elend nur noch verwalten…

Das Spannende an meinem Referat ist aber, dass ich die Einnahmenseite der Stadt nicht nur passiv hinnehmen muss, sondern ganz im Gegenteil aktiv beeinflussen kann: Zumindest die Rahmenbedingungen kann ich als Wirtschaftsförderer zusammen mit meinem Team ja auch mitgestalten. Insofern wird es für die Zukunft wichtig bleiben, den bestehenden und möglichen zukünftigen Unternehmen in Regensburg eine gute Heimat zu geben – damit sie prosperieren und über Arbeitsplätze und Steuern auch wirtschaftliche Vorteile für Regensburg bringen.

Im Bereich der Wissenschaftsförderung möchte ich die gute Zusammenarbeit mit unseren Hochschulen in Regensburg fortführen. Neben der engen Verzahnung mit der Wirtschaft, welche wir mittelbar mit der OTH und der Uni Regensburg realisieren, als auch unmittelbar z. B. über unseren Biopark, die RTech oder die TechBase, freue ich mich besonders über unsere Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik: Wissenschaft und Kunst haben eben auch einen Stellenwert, welcher über deren wirtschaftliche „Verwertbarkeit“ hinausgeht! Außerdem möchte ich die VWA Ostbayern nicht vergessen, welche gerade in der Lehre einen sehr guten Job macht – hier bin ich stolz, dass ich dort weiterhin als Dozent im Bereich „Business Ethics“ meinen Beitrag leisten kann.  

Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß

Woran möchten Sie in Zukunft gemessen werden?

Ob ich die gesteckten Ziele erreichen kann, ohne Leute zu „verbrennen“ – sondern sie im Gegenteil zu unterstützen, damit sie mit ihrer jeweiligen Aufgabe auch wachsen können.

Im Kern möchte ich die zuweilen extrem hohe Arbeitsbelastung nicht einfach nur aushalten, sondern gerade als Führungskraft gegensteuern. Es geht doch meist darum, die richtigen Ideen zu haben, gründlich nachzudenken und sein Netzwerk richtig zu spielen. Hierfür braucht es auch Ruhepausen und Rehabilitationsphasen, um weiterhin geistig frisch zu bleiben und sein Potenzial auszuschöpfen.  Hierbei kann uns z. B. die Digitalisierung helfen. Kombiniert mit einer Vertrauenskultur, welche Freiräume für mehr Eigenverantwortung gibt, ist das ein großer Schritt in Richtung einer vernünftigen Arbeitsatmosphäre. Ein Thema, was meines Erachtens auch ein wichtiger Pluspunkt für Regensburg als Arbeitgebermarke sein kann: Wir müssen ja heute schon um die guten Leute am Arbeitsmarkt ringen, das wird in Zukunft nicht einfacher! Da wir nicht unbedingt mit Geld locken können, müssen es eben vermehrt die soft facts sein, wozu ich auch das Führungsverhalten sowie das Arbeitsklima zähle. Vor diesem Hintergrund sehe ich meine Aufgabe als Führungskraft auch darin, Themen zu priorisieren: Wenn alles dringend ist, ist eben nichts mehr dringend!

Welche Eigenschaften beschreiben Ihre Art zu arbeiten?

Ich würde mich zum Einen als strategiebasiert bezeichnen, das bedeutet, ich möchte das „große Bild“ verstehen und mitgestalten – hier kommt der Volkswirt in mir durch. Daraus abgeleitet gehe ich dann die einzelnen operativen Schritte im Tagesgeschäft.   

Ich bin außerdem sehr zielorientiert. Es lohnt sich regelmäßig zu hinterfragen, ob das, was man tut auch zielführend ist – hier bricht sich der Betriebswirt in mir Bahn, ich war ja auch jahrelang als Controller tätig. Um das beurteilen zu können, ist es notwendig mit Zahlen, Daten und Fakten zu arbeiten. Das hilft im Übrigen auch dabei, im teilweise hitzigen politischen Tagesgeschäft die Sachverhalte zu entemotionalisieren – und eben kühl und faktenbasiert zu argumentieren.

Schlussendlich sehe ich mich als jemand, der den Menschen zugewandt arbeitet. Ich wünsche mir, dass es mir gelingt, hart in der Sache, aber freundlich und kollegial im Ton zu agieren. Das ist mein Leitbild, an dem ich mich orientiere.

Welche Hobbies haben Sie privat? Was sorgt für den nötigen Ausgleich?

Der größte Puffer gegen Stress ist „Sinn“! Wenn man das, was man täglich macht, als sinnvoll erachtet, ist man „resilienter“, sprich: Man kann besser mit der Arbeitsbelastung umgehen. Insofern habe ich mich auf die neue Herausforderung in Regensburg sehr gefreut, denn es gibt für mich nichts Sinnvolleres, als mich für die Allgemeinheit – in diesem Falle für die Bevölkerung der Stadt Regensburg – einzubringen.

Nichtsdestotrotz wird es immer wieder Zeiten geben, in denen „richtig Dampf auf dem Kessel“ ist und die Arbeitsbelastung überhandnimmt. Hier wirken dann meine Familie und mein Umfeld ausgleichend. Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern zu verbringen, macht das wahre Leben aus. Hinzu kommt unser Leben auf dem „flachen Land“: Wenn ich in den Wäldern rund um Hohenthann spazieren, oder mit meinen zwei Hunden laufen gehe, wenn ich mit unseren Pferden oder im Garten arbeite, dann tanke ich Energie und Kraft. Dabei kommen mir übrigens immer die besten Ideen, weil dann der Kopf „frei“ ist. Zu guter Letzt bin ich ein großer Sportfan: Ich schaue gerne live Fußball- oder Eishockeyspiele an. Bisher in Ingolstadt, Landshut und München – aber zum Glück hat hier ja Regensburg auch in diesem Bereich ganz viel zu bieten…

Text: Eva Karl-Faltermeier