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Regensburg in der frühen Neuzeit

Von 1663 bis 1803 erlebte Regensburg als Sitz des Immerwährenden Reichstags eine politische Blütezeit, verbunden mit einem wirtschaftlichen und geistig-kulturellen Gewinn

Wirtschaftlicher Niedergang

Dass Regensburgs innere Zustände jede Menge Konfliktpotenzial in sich trugen, blieb so lange verborgen, wie die Stadt wirtschaftlich blühte. Ab dem 15. Jahrhundert änderte sich das. Eine sich wandelnde Nachfrage; die Konkurrenz anderer, jüngerer Städte; die Sattheit allzu erfolgsverwöhnter Kaufleute. So wurde aus Expansion allmählich Stagnation. Hinzu kam eine sehr langfristige Strategie des Herzogs von Bayern, die verloren gegangene Hauptstadt wirtschaftlich auszubluten, durch Zollschranken, Verkehrsbehinderungen und Förderung von Konkurrenten. Endziel war es, die Stadt politisch zurückzugewinnen. Und schließlich ein externer Faktor: Mit der Eroberung Konstantinopels und der Donauländer durch die Türken wurde eine der Lebensadern des Regensburger Fernhandels abgeschnürt. In der Folge, mit der Entdeckung neuer, über die Ozeane führender Routen, orientierte sich der gesamte europäische Handel grundlegend um. Und Regensburg geriet komplett ins Abseits.

Die Krise um 1500

Die Folgen waren dramatisch. Die Stadt verlor jede Dynamik: kein Wachstum mehr, kaum Bautätigkeit, symptomatisch das Ende der Arbeiten am Dom. Regensburgs Aussehen fing an zu veralten. Zudem brachen vorhersehbare Konflikte aus: Patrizier gegen Handwerker, Bürger gegen Nicht-Bürger, Einmischungen des Herzogs von Bayern. Im Jahr 1486 gab die Freie Reichsstadt auf und unterwarf sich freiwillig der bayerischen Herrschaft. Allein deshalb weil der Kaiser dies nicht akzeptierte, musste der Deal 1492 wieder rückgängig gemacht werden.

Und doch war jetzt alles anders. Zwischen Regensburg und Bayern wurden enge Grenzen gezogen; schon das Gebiet jenseits der Donau in Stadtamhof war Ausland. Und die wiedererlangte Freiheit war nicht dieselbe wie zuvor. Eine neue Verfassung, die die Stadt erhielt, wurde vom Kaiser erlassen. Er war jetzt der eigentliche Herr im Haus, die „Freie Reichsstadt“ wurde zur „Stadt des Reichs“. Die herrschende Missstimmung lenkte man – ein bewährtes Mittel – auf Sündenböcke um. Im Jahr 1519, nach Jahrhunderten der Koexistenz, vertrieben die Regensburger die ansässigen Juden und zerstörten ihre Häuser samt der Synagoge. Die Stadt hatte auch einen moralischen Tiefpunkt erreicht.

Reformation

Es gab aber auch Entwicklungen, die in die Zukunft wiesen. Im frühen 16. Jahrhundert, wie in anderen Städten, kam die Reformation nach Regensburg. Offiziell evangelisch wurde die Stadt allerdings erst 1541. Im politischen Umfeld mit einem katholischen Bischof in der Stadt, einem katholischen Herzog im Umland und einem katholischen Kaiser als Schutzherren war große Vorsicht geboten. Nachdem die Entscheidung aber einmal feststand, war Regensburg „pur evangelisch“ – jedenfalls was die Bürger anging. Der Klerus und sonstige vom Bischof abhängige Personen blieben katholisch, so dass es von nun an vieles – Kirchen, Schulen, Krankenhäuser und so weiter – doppelt gab. Nach außen wurde die Stadt zunächst Vorposten der Reformation in Südosteuropa und später, während der Gegenreformation, Zufluchtsort evangelischer Glaubensflüchtlinge von dort. Erstaunlicherweise überstand sie den Dreißigjährigen Krieg trotz zweimaliger Eroberung relativ glimpflich und unversehrt.

Immerwährender Reichstag

Zwei Konfessionen, mehrere Herrschaftsträger: Regensburg war damit ein Spiegelbild des damaligen Deutschland, des „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation“. Und so ist es kein Zufall, dass sich gerade hier kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg der „Immerwährende Reichstag“ ansiedelte, jene Versammlung von Repräsentanten all der unzähligen Fürsten und Herren im Reich. Seine politische Wirksamkeit war zwar begrenzt; was für Regensburg zählte, war der wirtschaftliche und der geistig-kulturelle Gewinn. Mit einem Mal waren über hundert Gesandte aus Deutschland und Europa anwesend, an ihrer Spitze der Vertreter des Kaisers, der „Prinzipalkommissar“, ab 1748 in Gestalt der Fürsten von Thurn und Taxis. Sie alle brachten Geld in die Stadt – und sie weiteten den Horizont. Feste, Bälle, Konzerte, Theater am laufenden Band, aber auch ein ausdifferenziertes Zeitungswesen, wachsende Aufklärung, ein hohes Maß an Toleranz, Wissenschaft, Gelehrsamkeit: Regensburg erlebte durch den „Immerwährenden Reichstag“ in der Zeit von 1663 bis 1806 noch einmal eine Nachblüte voll Glanz und Gloria.

Diorama des historischen ReichssaalsBlick in den Reichssaal zu Zeiten der Reichstage. © Bilddokumentation Stadt Regensburg


Quelle: Matthias Freitag, stark gekürzt nach der „Kleinen Regensburger Stadtgeschichte“ vom selben Autor.