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Erste Hilfe im Pflegefall

Der Regensburger Pflegestützpunkt hat im September 2021 seine Arbeit aufgenommen. Er bietet Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen Orientierung im Pflege- und Behördendschungel – und auf Wunsch auch tatkräftige Unterstützung.

Fotografie: Beratungsgespräch im Pflegestützpunkt

18. Februar 2022

Manchmal beginnt es schleichend – mit zunehmender Vergesslichkeit oder Beschwerden bei alltäglichen Bewegungsabläufen wie Treppensteigen. Manchmal ist eine Pflegebedürftigkeit aber auch auf einen Schlag da, zum Beispiel nach einem Unfall oder einer plötzlichen schweren Erkrankung. In jedem Fall müssen Betroffene und Angehörige in dieser Situation weitreichende Entscheidungen treffen und sich gleichzeitig in einer Welt zurechtfinden, die ihnen bis dahin meist völlig fremd war: Zwischen Pflegegraden, Hilfsmitteln und Leistungsansprüchen aus dem Sozialgesetzbuch ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Seit September 2021 gibt es im Regensburger Pflegestützpunkt kompetente Hilfe. „Für unsere Bürgerinnen und Bürger, die einen Pflegebedarf haben, ist diese neue Einrichtung ein wichtiges Angebot. Wir beraten und unterstützen nicht nur ältere Menschen, sondern auch bei pflegefachlichen Fragen von Geburt an“, betont Bürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pflegestützpunkts, Florian Schön, Claudia Nißlbeck und Renate Rötzer, haben langjährige Erfahrung in unterschiedlichen Bereichen der Pflege und beraten unabhängig, kostenfrei und auf Wunsch auch völlig unverbindlich.

Fotografie: Das Team des Pflegestützpunkts (v. l.): Renate Rötzer, Florian Schön und Claudia Nißlbeck
Das Team des Pflegestützpunkts (v. l.): Renate Rötzer, Florian Schön und Claudia Nißlbeck © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Möglichst frühzeitig Unterstützung suchen

„Unser oberstes Ziel ist, dass die Betroffenen genau die Hilfe bekommen, die sie benötigen“, erklärt Claudia Nißlbeck. Dabei könne es um kleine Hilfestellungen im Alltag gehen, wie Essen auf Rädern oder andere Entlastungsangebote für pflegende Angehörige. „Wenn es nötig und gewünscht ist, können wir aber auch dabei unterstützen, einen ambulanten Pflegedienst oder andere Lösungen zu finden, um die Versorgung in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Zur Erleichterung des Alltags kann der Wohnraum an die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen angepasst werden (zum Beispiel durch Treppenlift, Badewannenlifter, Haltegriffe und vieles mehr), oder es können Hilfsmittel besorgt werden (zum Beispiel Notrufknopf, Gehhilfen, Aufstehhilfen, Duschstuhl und vieles mehr).“ Auch Präventions- oder Rehabilitationsmaßnahmen, wie etwa Gesundheitskurse oder ambulante Therapieangebote, könne man besprechen. Nißlbeck empfiehlt Betroffenen und Angehörigen, möglichst frühzeitig Kontakt zum Pflegestützpunkt aufzunehmen. „Wenn Eltern an ihrem Kind krankheitsbedingte Defizite im Vergleich zu Gleichaltrigen auffallen. Oder wenn erwachsene Kinder den Eindruck haben, dass ihre betagten Eltern kognitiv immer mehr abbauen oder im Alltag nicht mehr zurechtkommen. Oder wenn alleinlebende Seniorinnen und Senioren oder ältere Ehepaare merken, dass sie mit ihrer Selbstversorgung mehr und mehr überfordert sind.“ In diesen Fällen bieten die Fachkräfte des Pflegestützpunkts auch an, sich die Situation vor Ort bei einem Hausbesuch anzuschauen und mit professionellem Blick zu beurteilen. Eine Verpflichtung entsteht daraus nicht – weder finanziell noch was das weitere Vorgehen angeht. Neben den organisatorischen Fragen wird auch die psychische Situation der Betroffenen berücksichtigt. „Uns ist bewusst, dass eine Pflegebedürftigkeit eine enorme psychische Belastung bedeutet und oft mit Ängsten verbunden ist“, so Nißlbeck. „Wir legen deshalb großen Wert darauf, nicht nur zu beraten und zu organisieren, sondern die Menschen auch auf der emotionalen Ebene abzuholen und zu begleiten.“ Die Pflegefachkräfte gehen individuell und situationsgerecht auf Ihre Fragen ein und zeigen Möglichkeiten zur Bewältigung von Pflegebedürftigkeit auf. Dazu können konkret Angebote zur Unterstützung im Alltag, zur sozialen Teilhabe oder zur Selbsthilfe vermittelt werden.

Überblick über die regionalen Einrichtungen

Der Pflegestützpunkt wird vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gefördert. Rechtliche Grundlage ist § 7c des elften Sozialgesetzbuchs. Die laufenden Kosten teilen sich die Stadt Regensburg, der Bezirk Oberpfalz und die Träger der Pflege- und Krankenkassen. Die Ratsuchenden müssen nichts bezahlen. „Hintergrund dieser noch relativ neuen Institution ist insbesondere der demografische Wandel“, erklärt Florian Schön. Die steigende Zahl alter und sehr alter Menschen gehe mit einer Zunahme von Krankheiten einher, die in diesen Altersgruppen vermehrt vorkommen. „Das betrifft nicht nur körperliche Erkrankungen, sondern auch psychische Leiden wie Demenz oder Depressionen.“ Pflegestützpunkte vernetzen pflegerische und soziale Einrichtungen einer Region und stellen denjenigen, die Anspruch auf diese Leistungen haben, alle Informationen gebündelt zur Verfügung. Ob darüber hinaus auch praktische Hilfe gewünscht ist, etwa dabei, einen Pflegeantrag zu stellen, haben ganz allein die Ratsuchenden in der Hand. „Wir respektieren in jedem Fall die Eigenständigkeit der Betroffenen und entscheiden nichts über ihren Kopf hinweg“, betont Renate Rötzer. Sie erinnert sich etwa an eine ältere, schwer erkrankte Dame, die sich zunächst nur mit der Bitte um Adressen von ambulanten Pflegediensten an sie gewandt hatte. „Später kam sie noch einmal auf uns zu und bat uns, sie direkt bei der Kontaktaufnahme zu unterstützen. Das haben wir natürlich sehr gerne gemacht und am Ende auch einen Pflegedienst für sie gefunden.“

Das Recht auf Unterstützung in Anspruch nehmen

Zielgruppe des Regensburger Pflegestützpunkts sind Menschen aus dem Stadtgebiet. Eine Altersgrenze gibt es nicht. „Auch junge Menschen, sogar Kinder, können durch Krankheit oder Unfall pflegebedürftig werden. Dank unserer unterschiedlichen Berufserfahrung – ich selbst komme aus der Altenpflege, meine Kolleginnen aus der Kranken- und Kinderkrankenpflege – können wir im Pflegestützpunkt alle Bereiche bestens abdecken“, so Florian Schön. Interessenten haben die Möglichkeit, zu den Öffnungszeiten direkt, ohne vorherige Terminvereinbarung, in die Johann-Hösl-Straße 11b zu kommen oder telefonisch, beziehungsweise per E-Mail einen Termin außerhalb der Öffnungszeiten oder für einen Hausbesuch zu vereinbaren. „Wichtig ist, sich nicht zu schämen oder zurückzuziehen, wenn man merkt, dass man nicht mehr so gut zurechtkommt, sondern Mut zu fassen und sich zu melden“, betont Renate Rötzer. Für viele Betroffene sei dies eine große Herausforderung. „Wir raten daher immer, es von einer anderen Seite zu sehen: Hilfe zu suchen, bedeutet nicht, zu betteln, sondern ein Recht in Anspruch zu nehmen, das jedem selbstverständlich zusteht.“

Porträt: Florian Schön

Das Team des Pflegestützpunkts

Florian Schön ist gelernter Altenpfleger und Diplom Pflegewirt (FH). Er hat umfangreiche Erfahrung in der Altenpflege, unter anderem als Pflegedienstleitung und Heimleitung.

Porträt: Claudia Nißlbeck

Claudia Nißlbeck (B. Sc.), hat als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin insbesondere im intermediate Care Bereich mit Kindern gearbeitet, verfügt über die Zusatzqualifikation als Pflegeberaterin nach § 7a SGB XI und hat ein Pflegestudium absolviert.

Porträt: Renate Rötzer

Renate Rötzer war als Krankenschwester unter anderem in den Fachbereichen Psychiatrie, Geriatrie und in der ambulanten Pflege tätig und hat an Projekten zur Verbesserung der transsektoralen Versorgung mitgearbeitet. Momentan absolviert sie berufsbegleitend ein Studium der sozialen Gerontologie.

Text: Katrin Butz