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Der städtische Weihnachtsengel

Seit 2012 gibt es in Regensburg die Aktion Kinderbaum. Jedes Jahr zu Weihnachten ruft die Stadt Regensburg Menschen und Unternehmen dazu auf, bedürftigen Kindern und Jugendlichen eine Freude zu machen. Wer den Kindern ein Geschenk besorgen möchte, findet am Kinderbaum jede Menge Wünsche und sucht sich einen aus, den er erfüllen möchte.

Porträt Melanie Brunner quer - vor Kinderbaum

11. November 2019

Ihre Optik passt schon mal perfekt zu ihrer Aufgabe: Blonde, lange Haare, strahlende Augen und ein gewinnendes Lächeln. Insofern erfüllt Melanie Brunner leicht die gängigen Klischees über Weihnachtsengel. Ihr fürsorgliches Wesen macht sie – trotz fehlender Flügel – zur Idealbesetzung als Assistentin des Christkinds. „Es gibt in unserer Stadt tatsächlich Kinder, die kein richtiges Weihnachtsgeschenk bekommen, weil ihre Eltern einfach nicht genug Geld dafür haben“, schildert sie die Situation, die sie Jahr für Jahr aufs Neue antrifft. „Dagegen tun wir etwas mit unserer Aktion Kinderbaum.“

2012 organisierte die gelernte Bankkauffrau und Wirtschaftsfachwirtin zum ersten Mal die städtische Benefizaktion. Ein Jahr zuvor hatte sie aus der freien Wirtschaft zur Stadtverwaltung gewechselt und bei den Stiftungen angefangen. Sie kümmert sich dort um das operative Stiftungswesen, was bedeutet: Sie berät Menschen, die Geld für einen guten Zweck stiften möchten und sorgt dafür, dass dieses Geld dann auch bei denen ankommt, die es benötigen. Insgesamt zehn gemeinnützige und mildtätige Stiftungen verwaltet die Stadt.

500 Wünsche von Kindern warten auf ihre Erfüllung.
500 Wünsche von Kindern warten auf ihre Erfüllung. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Geld für Menschen in Not

Die Aktion Kinderbaum entstand vor sieben Jahren aus dem etwas angestaubten Kinderweihnachtshilfswerk, das seit Kriegsende ebenfalls bei der Stadt angesiedelt war und ein neues Image bekommen sollte. Der Regensburger Künstler Josef Mittlmeier kreierte ein Logo – einen fröhlichen Kinderbaum mit Hut. „Da war dann bei mir sofort die Idee geboren, dass wir auch eine Aktion mit einem echten Weihnachtsbaum machen müssen.“ Seitdem steht jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit im Bürgerverwaltungszentrum (BVZ) im Neuen Rathaus ein Christbaum, behängt mit rund 500 Kinderwünschen.
Wer möchte, nimmt sich einen Anhänger herunter, kauft den darauf formulierten Wunsch und gibt das verpackte Geschenk wieder im BVZ ab. Kurz vor Weihnachten organisiert Melanie Brunner dann auch die „Bescherung“ – eine gemeinsame Feier mit den Familien der beschenkten Kinder bei Plätzchen und Tee.

Weihnachten beginnt im Oktober

Die Vorbereitungszeit für den städtischen Weihnachtsengel beginnt jedoch schon im Oktober. Sie fragt bei verschiedenen sozialen Einrichtungen nach, ob es dort Kinder und Jugendliche gibt, die an Weihnachten wohl ohne Geschenk bleiben werden. Diese Kinder dürfen dann je einen Kinderbaumanhänger ausfüllen und auf ein Päckchen hoffen. „Unser Ziel ist es, dass jedes Kind auch einen richtigen Wunsch erfüllt bekommt und nicht nur den abgetragenen Pullover des älteren Bruders oder etwas ganz Kleines erhält“, erklärt Melanie Brunner. Bei 50 Euro ist die Grenze, Gewalt- oder Kriegsspiele sind verboten, sonst gibt es keine Einschränkungen. Am meisten gerührt hat Melanie Brunner bisher der Wunsch eines Kindes nach Kopfhörern für ein Iphone: „Aber nicht etwa weil das Kind ein Smartphone hatte. Es wollte nur durch das Tragen der Kopfhörer den Eindruck vermitteln, dass es auch eines besitzt und daher dazugehört.“

Wenn im Dezember dann alle Geschenke eingetrudelt sind, muss Melanie Brunner mit weiteren Helferinnen dafür sorgen, dass auch das richtige Geschenk beim richtigen Kind landet – bei 500 Geschenken eine ganz schöne Herausforderung!  „Anfangs hatte ich noch Sorge, ob auch alle Anhänger überhaupt einen Abnehmer finden würden“, sagt sie heute lachend. Diese Sorge hätte sie sich sparen können. Die Aktion Kinderbaum ist schnell zu einer festen und etablierten Einrichtung geworden, die auch außerhalb der Adventszeit Benefizaktionen durchführt, Spendengelder einsammelt oder Benefizkonzerte veranstaltet. Mit den Spenden werden Schulranzen angeschafft, Ferienausflüge bezahlt oder auch mal kieferorthopädische Rechnungen beglichen. „Wir übernehmen auch Kosten für unvorhergesehene Ausgaben bei bedürftigen Familien oder helfen bei kurzfristigen finanziellen Engpässen aus.“ Auch das neue Kinderschutzhaus konnte dank der Aktion Kinderbaum bereits mit 110 000 Euro unterstützen werden.

Text: Claudia Biermann