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Hier schlummert Mini-Regensburg

Hinter einem massiven Holztor einer riesigen Lagerhalle verbirgt sich Mini-Regensburg – zerlegt in Einzelteile. Jakob Pfreimer, Sozialpädagoge bei der Stadt Regensburg, hat den Schlüssel dafür und sperrt uns das Tor auf. Dahinter eröffnet sich alles, was man sich für eine Spielstadt für Kinder so vorstellen kann.

Fotografie: Lagerhalle mit Materialien für Mini-Regensburg

27. Juni 2023

Nach einem wohl durchdachten System sind hier im Stadtosten Möbel und Schilder etwa für die Polizeistation, die Post, das Personalbüro, das TV-Studio oder die Imbissbuden eingelagert, bis sie im August wieder auf dem Schulzentrum Nord (Isarstraße) zum Leben erweckt werden. Auch ein Freibad wartet beharrlich auf seinen Einsatz, genauso wie Kostüme fürs Theater oder Kittel fürs Labor. All die Tische und Stühle, Sofas und Schränke werden im August wieder für Mini-Regensburg verwendet, genauso wie Fahrzeuge, Werkzeuge, Kühlschränke und Spültische sowie hunderte von Kisten. Auch die Weihnachtsbuden vom Christkindlmarkt finden für Mini-Regensburg eine ganz neue Aufgabe: Im Außenbereich werden sie umfunktioniert zu beliebten Spielstationen.

Fotografie: Vor dem Eingang zum beliebten Mini-Regensburg kann sich schon mal eine Schlange bilden.
Vor dem Eingang zum beliebten Mini-Regensburg kann sich schon mal eine Schlange bilden. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Alle zwei Jahre wieder

Die Spielstadt für Kinder ist ein großangelegtes Ferienangebot der Stadt Regensburg, das sie seit 2007 alle zwei Jahre auf die Beine stellt. In den ersten drei Augustwochen können dann mehr als 1.000 Kinder pro Tag „Stadt“ spielen. Erwachsene sind nur als Besucher mit Visum auf Zeit erlaubt, pädagogisches Personal natürlich ausgenommen. Beim letzten Mal – pandemiebedingt bereits 2019 – haben 3.000 Kinder zwischen 8 und 14 Jahren mitgemacht. Manche kamen nur einmal, die meisten allerdings ganz begeistert immer wieder, sodass am Ende insgesamt 15.000 Besuche zusammenkamen – eine mittlere Kleinstadtgröße also.
Wer sich einen Spielpass holt, kann in Mini-Regensburg (fast) alles tun und auch (fast) alles werden: Bürgermeisterin, Stadtrat, Banker, Reisekaufrau, Streitschlichter oder auch Freizeitparkmitarbeiterin – wie im echten Leben eben.

„Und wie im echten Leben treten in unserer Mini-Stadtgesellschaft auch mal Probleme auf. Aber bei uns beheben die Kinder diese in der Regel selbst“, erklärt Sozialpädagoge Jakob Pfreimer das offene Spielkonzept. „Wir stehen mit unserem pädagogischen Personal natürlich zur Seite und geben Impulse, wenn die Kinder Fragen haben oder nicht weiterkommen, aber tatsächlich finden die Kinder meistens selbst sehr kreative und gute Lösungen.“ So lernen sie Selbstwirksamkeit: Ihr Tun hat Konsequenzen – oft positive, manchmal aber auch negative. „Scheitern ist eine Erfahrung, die Kinder ebenfalls kennenlernen und damit umzugehen lernen müssen“, betont er. Man kann in Mini-Regensburg aber auch einfach nur entspannt herumschlendern, seine Ratiserl im Mini-Kino ausgeben, sich zum Bolzen im Außenbereich treffen oder im Mampfenden Maulwurf essen.

Fotografie: Jakob Pfreimer trägt einen Karton in der Lagerhalle.

Rund 40 Spielstationen zur Auswahl

Bis heuer am 31. Juli zum ersten Mal die Pforten von Mini-Regensburg geöffnet werden, geht jede Menge Arbeit hinter den Kulissen voraus. Es ist wie im Fußball: „Nach Mini-Regensburg ist eigentlich schon wieder vor Mini-Regensburg“, grinst Projektleiter Pfreimer, der die Spielstadt heuer schon zum vierten Mal verantwortet. Was lief gut, was schlecht? – Die Bilanz des vergangenen Mini-Regensburg fließt immer ein in die Planung des nächsten. „Außerdem tauschen wir uns mit anderen Kommunen, die Mini-Städte veranstalten, aus und helfen uns gegenseitig.“
Rund 40 Stationen werden heuer für die Kinder aufgebaut, etwas weniger als beim letzten Mal. „Wir werden heuer wahrscheinlich nicht so viel ehrenamtliches Personal zusammenbekommen wie 2019, das schränkt die Spielstadt etwas ein“, bedauert der Sozialpädagoge aus dem Amt für kommunale Jugendarbeit. Rund 40 hauptamtliche Pädagogen und zwischen geplanten 80 und 100 ehrenamtliche Helferinnen und Helfern pro Tag sind dennoch im Einsatz. Das bedeutet: Auf zehn bis zwölf Kinder kommt in der Regel ein Betreuender – ein guter Schlüssel findet Pfreimer.

Fotografie: Jakob Pfreimer in der Lagerhalle
Jakob Pfreimer organisiert Mini-Regensburg seit 2015 als Hauptverantwortlicher und Teil des Projektleitungsteams. Auch beim Aufbau packt er selbst mit an. © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Sozialpädagoge und Baustellenleiter in einem

Ab Mitte Juli ist er dann weniger Sozialpädagoge, sondern eher Leiter einer Großbaustelle: Binnen zweier Wochen verwandeln sich die beiden Turnhallen an der Isarstraße und der dazugehörige Außenbereich in Mini-Regensburg: Sanitär- und Elektrofirmen, IT, Spedition und Aufbauhelfer müssen von ihm mit Unterstützung der restlichen Projektleitung bestellt und koordiniert werden. „Manchmal haben wir 40 Leute gleichzeitig auf der Baustelle“, so Pfreimer. Weit vorher hat er mit seinen Kolleginnen und Kollegen bereits das vorhandene Inventar in der Lagerhalle gecheckt: Was kann heuer nochmal verwendet werden, was brauchen wir neu? Was hat ausgedient? „Oft entstehen bei dieser Besichtigung auch tolle Ideen für neue Stationen“, erzählt Pfreimer begeistert. „Wenn Mini-Regensburg dann mal eröffnet wurde, können wir unser Angebot flexibel anpassen“, erklärt Pfreimer. „Wir sehen, was gut ankommt und was weniger – und natürlich haben auch die Kinder selbst immer wieder Ideen, die dann umgesetzt werden.“ Glücklicherweise werden dem Amt für kommunale Jugendarbeit gelegentlich Möbel oder Materialien gespendet, die für den Aufbau verwendet oder etwa in der Mini-Schreinerei von den Kindern verbaut werden können. Denn zusätzlich zu den festen Personalkosten beim Amt für kommunale Jugendarbeit gibt die Stadt Regensburg für Mini-Regensburg alle zwei Jahre rund 240.000 Euro aus.
Während des dreiwöchigen Spielbetriebs ist Pfreimer dann mit zwei Kolleginnen und Kollegen pädagogische Spielleitung von Mini-Regensburg und zugleich ein Mann für alle Fälle. Wenn am 18. August 2023 um 16 Uhr die Pforte von Mini-Regensburg zum letzten Mal schließt, rückt Pfreimer wieder für ein paar Tage in die Rolle des Bauleiters. Binnen dreier Tage muss alles wieder abgebaut und nach System eingelagert sein, damit in zwei Jahren auch jedes Kostüm und jeder Kochtopf wiedergefunden werden kann – für Mini-Regensburg 2025.

Text: Claudia Biermann