Kontextualisierung Hans Herrmann
Die „Rathaus-Galerie der Stadtspitzen“ im Alten Rathaus, mit der die Stadt Regensburg an Persönlichkeiten erinnert, die die Geschichte der Stadt als Stadtoberhaupt geprägt haben, zeigt Porträts der seit dem Gemeindeedikt von 1818 gewählten Personen. Verzichtet wurde auf die Präsentation eines Porträts von Oberbürgermeister Dr. Otto Schottenheim, der nicht durch demokratische Wahlen für sein Amt legitimiert worden war.
Dagegen wurde Hans Herrmann zwei Mal von den Regensburger Bürgerinnen und Bürgern zum Oberbürgermeister gewählt, zunächst am 30. März 1952 (Wahlergebnis: 52,1 Prozent) und dann erneut am 18. März 1956 (Wahlergebnis: 62,5 Prozent).
Aus diesem Grund sollte das Porträt von Hans Herrmann aus der Galerie der Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister im Alten Rathaus nicht entfernt werden.
Mit dieser Kontextualisierung wird jedoch auf seine Rolle im NS-Staat hingewiesen:
Grundlage der Kontextualisierung sind eine 2015 im Auftrag der Stadt Regensburg erarbeitete Stellungnahme von Prof. Dr. Bernhard Löffler (Lehrstuhl für bayerische Landesgeschichte an der Universität Regensburg) und Dr. Werner Chrobak (langjähriger Stadtheimatpfleger) sowie Helmut Halters Standardwerk „Stadt unterm Hakenkreuz“.
Prof. Dr. Löffler und Dr. Chrobak kommen in ihrer Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass eine knappe und objektive Bewertung von Person und Wirken Hans Herrmanns nicht einfach sei. Sie weisen zunächst auf seine Lebensleistung hin: Herrmann war, als Mitglied der Bayerischen Volkspartei und Gründungsmitglied der CSU, beinahe vier Jahrzehnte lang ein engagierter Kommunalbeamter und Kommunalpolitiker. Er war also nicht nur ein Funktionsträger während der NS-Zeit, sondern hat auch den Aufbau und die Entwicklung des städtischen Gemeinwesens in der Weimarer Republik und der Nachkriegsdemokratie mitgetragen.
Allerdings beleuchten die Autoren auch eine andere, negative Seite:
Das NS-Regime war in der Verwaltung ganz wesentlich auf die Mitwirkung vermeintlich „neutraler“ Fachleute und administrativer Experten angewiesen. Zu diesen zählte auch Hans Herrmann, der von Juni 1933 bis April 1945 durchgehend nicht nur Funktionsträger des NS-Regimes, sondern im kommunalpolitischen Rahmen sogar Teil der Funktionselite war. Er war der Verwaltungsfachmann und wesentlicher Träger der administrativen Prozesse. Es ist deshalb nur schwer vorstellbar, dass er in dieser Funktion nicht Einsicht in Verlaufs- und Entscheidungsprozesse besaß, die zumindest mittelbar auch den Unrechtsmaßnahmen des Regimes administrativ zugearbeitet haben.
Auf die Verstrickungen Herrmanns in das NS-Regime weist auch Helmut Halter hin, der unter anderem die gute Zusammenarbeit von Herrmann mit dem damaligen NSDAP-Oberbürgermeister Dr. Otto Schottenheim erwähnt. Dieser bescheinigt ihm im Jahr 1940 eine aktive Betätigung in der NSDAP und besondere Verdienste „bei der Erledigung von kriegswichtigen Aufgaben“ der Stadtverwaltung.
Zur persönlichen Verquickung Hans Herrmanns mit dem Nationalsozialismus gehören dabei auch seine institutionellen Mitgliedschaften, so 1935 der Eintritt in die NSDAP oder 1935/36 die Fördermitgliedschaft in der SS.
Dass Hans Herrmann in den 1950er Jahren vielfach geehrt wurde, wirft laut den beiden Gutachtern ein Licht auf den Zeitgeist: Die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus war in dieser Zeit vor allem durch Verdrängung und kollektives Schweigen gekennzeichnet.