Freiwilligendienste
Ein Freiwilligendienst im Ausland bietet die Möglichkeit, für eine bestimmte Zeit in einer Organisation oder einem Projekt in einem anderen Land mitzuarbeiten.
Ein Freiwilligendienst im Ausland bietet die Möglichkeit, für eine bestimmte Zeit in einer Organisation oder einem Projekt in einem anderen Land mitzuarbeiten. Insbesondere bei den sogenannten Langzeit-Freiwilligendiensten, die 3 bis 12 Monate oder sogar länger dauern, bekommt ihr so einen fundierten Einblick in eure Arbeitsstelle und lernt nebenbei noch eine andere Kultur, eine fremde Sprache und viele neue Leute kennen. Auch über sich selbst findet man im Laufe dieser Zeit in der Regel viel heraus. Am häufigsten nehmen sich junge Leute zwischen Abschluss der Schule und Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums die Zeit für einen Freiwilligendienst, doch auch wenn ihr schon in den „20ern“ seid, habt ihr noch gute Möglichkeiten, auf diesem Weg in eine andere Kultur einzutauchen.
Geförderte und nicht geförderte Freiwilligendienste
Generell unterscheidet man zwischen geförderten und nicht geförderten Freiwilligendiensten. Geförderte Freiwilligendienste werden von einer bestimmten Institution finanziell gefördert, sodass die Kosten für Teilnehmende relativ gering bleiben. Darüber hinaus handelt es sich um geregelte Programme, die festgelegten Qualitätsmerkmalen entsprechen. Die größten und bekanntesten vier Arten von geförderten Freiwilligendiensten sind weltwärts, kulturweit, der Internationale Jugendfreiwilligendienst (IJFD) sowie das Europäische Solidaritätskorps (ESK, ehemals Europäischer Freiwilligendienst). Alle genannten Dienste werden jeweils von einem konkreten Bundesministerium bzw. der EU gefördert und hier genauer vorgestellt.
Neben diesen Programmen bieten zahlreiche kommerzielle oder gemeinnützige Organisationen diverse Freiwilligendienste an. Bei manchen von ihnen besteht die Möglichkeit einer Teilförderung. Im Einzelfall erkundigt ihr euch am besten auf deren Homepage bzw. telefonisch bei dem von euch gewählten Anbieter.
Qualitätskriterien und Gütesiegel
Generell solltet ihr euch gut informieren, bevor ihr euch für einen bestimmten Freiwilligendienst bzw. Anbieter entscheidest. Über Qualitätskriterien und Gütesiegel könnt ihr euch auf den Seiten von QUIFD sowie RAL-Freiwilligendienst informieren.
Für alle genannten Arten von Langzeit-Freiwilligendienste gilt: Bewerbt euch mindestens sechs Monate, am besten sogar ein Jahr vorher! Aber: Es gibt auch „last minute“ noch Möglichkeiten.
Kurzzeit-Freiwilligendienst
Entscheidet ihr euch für einen Kurzzeit-Freiwilligendienst, so solltet ihr bedenken, dass Programme im sozialen Bereich, insbesondere mit Kindern, kritisch zu hinterfragen sind. Wäre es in Deutschland möglich, dass ein junger Mensch ohne entsprechendes Studium eine Klasse unterrichtet? Wohl kaum. Auch in Ländern des globalen Südens brauchen Lehrkräfte eine Ausbildung, die sie qualifiziert. Außerdem bauen Kinder, z.B. in einem Kinderheim, unweigerlich Beziehungen zu den Freiwilligen auf. Dass diese bereits nach wenigen Wochen immer und immer wieder abgebrochen werden, können die Mädchen und Jungen oft nicht verstehen. Die Mitarbeit in einem ökologischen Projekt, die Teilnahme an einem Workcamp oder WWOOFen könnten für euch ebenfalls interessant und sinnvoller sein.
Ganz generell gilt außerdem: Einen Freiwilligendienst macht ihr in erster Linie für euch selbst, nicht so sehr für die Anderen! Die Menschen in eurer Einsatzstelle freuen sich über eure Unterstützung, sind aber meist nicht von eurer Hilfe abhängig. Einige junge Freiwillige sind enttäuscht, weil sie nicht in dem Umfang gebraucht werden, wie sie es erhofft hatten oder weil sich die Leute (z.B. Kinder in einem Kinderheim) nicht in dem Maß dankbar zeigen, wie erwartet. Stellt euch darauf ein, dass ihr nicht der „rettende Engel“ sein werdet, auf den alle nur gewartet haben. Vielmehr werdet ihr wahrscheinlich unterstützende Tätigkeiten ausüben und euch eure Aufgaben unter Umständen auch ein Stück weit selbst suchen. Unvoreingenommenheit und Offenheit sind hier wie bei allen Auslandsaufenthalten hilfreich.
Inklusive Freiwilligendienste
Auch für Menschen mit besonderen Bedürfnissen ist es durchaus möglich, einen Freiwilligendienst zu absolvieren. Der Verein Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit (bezev) informiert und unterstützt Organisationen und interessierte junge Menschen.
Und noch ein Tipp
Egal für welchen Freiwilligendienst im Ausland ihr euch entscheidet, klärt unbedingt rechtzeitig vorher eure (Kranken-)Versicherung ab.
Das Europäische Solidaritätskorps ist eine neue Initiative der Europäischen Union, die neben dem früheren Europäischen Freiwilligendienst (EFD) auch sog. Freiwilligenteams, Solidaritätsprojekte sowie Praktika und Jobs umfasst. Den größten Anteil am Programm haben Freiwilligeneinsätze, für die ca. 90% der Fördergelder zur Verfügung stehen. Auf den Langzeitfreiwilligendienst, den früheren EFD, soll an dieser Stelle besonders eingegangen werden.
Junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren können sich auf diesem Weg 2 bis 12 Monate lang vor allem im europäischen Ausland engagieren. Einsatzstellen sind gemeinnützige Projekte im sozialen, ökologischen, kulturellen oder im sportlichen Bereich. Ein Beispiel wäre hier die Mitarbeit im einem Jugendzentrum oder bei einer Nichtregierungsorganisation (NGO), die sich für Umweltschutz einsetzt. Zentral beim ESK ist der Gedanke, mit dem Freiwilligendienst ein Zeichen für ein solidarisches und soziales Europa zu setzen und einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zu leisten.
Der ESK ist besonders niedrigschwellig und inklusiv angelegt, auch Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit geringern Chancen soll eine Teilnahme ermöglicht werden. Grundsätzlich werden weder ein bestimmter Schulabschluss noch Sprachkenntnisse vorausgesetzt. Dennoch kann es je nach Einsatzstelle sein, dass ihr zumindest Grundkenntnisse der Landessprache mitbringen sollt, um in eurem Projekt zurecht zu kommen.
Als Teilnehmer und Teilnehmerinnen erhaltet ihr Unterkunft, Verpflegung, begleitende Seminare, einen Sprachkurs (ggf. online), Versicherung und ein Taschengeld. Ihr selbst bezahlt in der Regel lediglich eure Reisekosten, teilweise sogar nur einen Teil davon. Vor Ort habt ihr eine persönliche Ansprechperson, die euch zur Seite steht. Untergebracht seid ihr je nach Projekt in einer Gastfamilie, häufig aber auch in einer Wohngemeinschaft mit anderen jungen ESKlern aus verschiedenen Ländern.
Für die Bewerbung grundlegend wichtig ist, dass ihr jeweils eine Entsende- und eine Aufnahmeorganisation braucht. Die Entsendeorganisation ist für eure Vorbereitung zuständig und schickt euch sozusagen auf die Reise, die Aufnahmeorganisation ist im Ausland vor Ort für euch da. Als erstes registriert ihr euch in der ESK-Datenbank. Nachdem ihr euch dort ein Profil angelegt habt, können euch zugelassene Organisationen finden und kontaktieren, wenn sie euch gerne in ihrem Projekt empfangen würden.
Aber Achtung: Da es – zumindest aktuell – keineswegs sicher ist, dass ihr auf diese Weise angeschrieben werdet und eine passende Einsatzstelle findet, ist es unbedingt empfehlenswert, zusätzlich online nach Aufnahmeprojekten zu suchen und mit diesen konkret Kontakt aufzunehmen. Anerkannte Aufnahmestellen findet ihr ebenfalls in der ESK-Datenbank. Außerdem findet ihr hier über die Suchfunktion deutsche Entsendeorganisationen. Auch diese kann es sich lohnen, zu kontaktieren.
Übrigens:
Unter www.youthreporter.eu findet ihr zahlreiche Reportagen und Blog-Einträge junger Menschen, die an Freiwilligenprogrammen im Rahmen des ESK teilnehmen oder teilgenommen haben.
Weitere Infos zu den Freiwilligendiensten im Solidaritätskorps sowie den beiden weiteren Aktionen des Programms, den Solidaritätsprojekten sowie Jobs und Praktika, gibt es unter www.solidaritaetskorps.de.
Ähnlich wie bei einem ESK verbringt ihr bei einem IJFD mehrere Monate im Ausland, um dort bei einem gemeinnützigen sozialen, ökologischen, kulturellen oder sportlichen Projekt mitzuarbeiten. Auch Einsätze im Bereich der Denkmalpflege sind möglich. Wie der Name schon sagt, kann der Internationale Jugendfreiwilligendienst jedoch anders als das Europäische Solidaritätskorps nicht nur in europäischen Ländern, sondern weltweit absolviert werden.
Für 6 bis 18 Monate können sich junge Leute im Alter zwischen 18 und 26 Jahren engagieren. Besondere Vorkenntnisse sind nicht nötig. Wenn ihr an einem IJFD teilnehmen wollt, bewerbt ihr euch direkt bei einer anerkannten Entsendeorganisation in Deutschland. Diese ist dann eure Träger-Organisation, die mit konkreten Einrichtungen in bestimmten Ländern zusammenarbeitet.
Das bedeutet, dass ihr euch nicht darum kümmern müsst, eine Organisation oder Einsatzstelle im Ausland ausfindig zu machen. Wenn euch eure Entsendeorganisation ins Programm aufgenommen hat (in der Regel nach einem Auswahlseminar), kümmert sich diese um eure Vorbereitung, pädagogische Begleitung und Nachbereitung. Begleitseminare während des Freiwilligendienstes, die in eurem Einsatzland stattfinden, werden von deren Kooperationspartnern und -partnerinnen durchgeführt.
Der IJFD wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) finanziell gefördert. Um den verbleibenden Teil der Kosten zu decken, werden die Freiwilligen von der Organisation meist dazu angehalten, einen Unterstützerkreis aufzubauen. Nähere Infos dazu findet ihr auf rausvonzuhaus.de
Weitere Infos zum IJFD stehen auf der Seite des BMFSFJ sowie weiterhin unter www.internationaler-jugend-freiwilligendienst.de zur Verfügung.
Weitere Möglichkeiten, einen geförderten Langzeit-Freiwilligendienst zu absolvieren, bieten die Programme weltwärts, kulturweit sowie naturweit. Sie werden vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (weltwärts) bzw. dem Auswärtigen Amt (kulturweit, naturweit) finanziell gefördert.
weltwärts
Das bereits am längsten etablierte und dadurch wohl bekannteste der Programme ist mit mehr als 3.000 Teilnehmenden weltwärts, welches 2018 sein 10-jähriges Bestehen feierte. Es handelt sich hierbei um einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst, was bedeutet, dass sich Teilnehmende aus Deutschland in Ländern des globalen Südens, Asien oder Osteuropa engagieren. Neben dieser Nord-Süd-Komponente gibt es auch eine Süd-Nord-Komponente des Programms, mit welcher junge Erwachsene aus Ländern des globalen Südens für einen Freiwilligendienst nach Deutschland kommen können.
Wie häufig bei Freiwilligendiensten ist die Bandbreite an potenziellen Aufgaben groß: Vom Bereich der Bildung über Gesundheit und Umwelt bis hin zu Menschenrechtsarbeit oder Sport ist fast alles möglich. Von Vorteil ist es, wenn ihr offen für verschiedene Aufgaben und Länder seid. Variabel ist auch der Einsatzzeitraum, welcher zwischen 6 und 24 Monaten liegt. Am weitesten verbreitet ist aber auch hier das Engagement über ein Jahr. Voraussetzung für eine Teilnahme ist, dass ihr zwischen 18 und 28 Jahren als seid, Kenntnisse in einer Sprache des Gastlandes aufweist und (Fach-)Abitur oder einen Mittel- oder Realschulabschluss mit abgeschlossener Berufsausbildung habt.
Darüber hinaus verlangen die meisten weltwärts-Entsendeorganisationen, dass ihr einen sogenannten Unterstützerkreis aufbaut. Dieser soll aus Menschen oder Institutionen bestehen, die euch während eures Auslandsaufenthalts finanziell oder ideell unterstützen. Mit den Geldern, die ihr auf diese Weise sammelt, finanziert ihr einen Eigenanteil der Kosten eures Freiwilligendienstes. Darüber hinaus übt ihr, auf Menschen zuzugehen, habt die Möglichkeit über euer „Projekt“ zu recherchieren, zu berichten und dafür zu werben. Die Höhe des Betrags, den ihr auf diese Weise beisteuern sollt, ist je nach Organisation unterschiedlich. Weitere Infos rund um das Thema Unterstützerkreise findet ihr auf rausvonzuhaus.de. Hier steht auch eine kostenlose Broschüre zum Download zur Verfügung.
Ähnlich wie für einen IJFD sucht ihr euch auch für eine Teilnahme an weltwärts zunächst eine Entsendeorganisation. Diese übernimmt die Auswahl der Teilnehmenden sowie später deren Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung. Ihr findet eine mögliche Entsendeorganisation, indem ihr über die Einsatzstellensuche auf der Seite www.weltwaerts.de nach für euch interessanten Projekten sucht. Zu allen Projekten gibt es dort die entsprechenden entsendenden deutschen Organisationen, denen ihr dann direkt eine Mail schreiben könnt.
kulturweit
Neben weltwärts hat sich mittlerweile auch das Programm kulturweit in Deutschland einen Namen gemacht. Dieses hat zum Ziel, deutsche Sprache und Kultur im Ausland zu fördern und einen Einblick in die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands zu ermöglichen. Demzufolge ist der Bereich möglicher Einsatzstellen hier deutlich abgesteckter als bei den vorher beschriebenen Freiwilligendiensten. Ihr leistet euren Einsatz in einer deutschen Partnerorganisation, z.B. an einem Goethe-Institut oder deutschen Auslandsschulen. Mögliche Einsatzländer sind auch hier die sog. Länder des globalen Südens sowie mittel-, südost- und osteuropäische Staaten und die GUS (= verschiedene Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion). Für einen kulturweit-Einsatz müsst ihr zwischen 18 und 26 Jahren alt sein, Kenntnisse in Englisch und einer der Sprachen des Gastlandes haben sowie Abitur oder einen Mittel- oder Realschulabschluss mit abgeschlossener Berufsausbildung vorweisen können. Bezüglich der Dauer habt ihr die Auswahl, ob ihr euch für sechs oder für zwölf Monate engagieren möchtet. Die Bewerbung ist über die Webseite von kulturweit möglich, wobei es zwei Bewerbungsfristen jährlich gibt.
Mit knapp 400 Teilnehmenden pro Jahr ist kulturweit zwar bei weitem nicht so groß wie weltwärts, jedoch sicherlich eine gute Alternative für Leute, die sich für Bildungs- und Kulturarbeit interessieren.
naturweit
Seit 2019 bietet das Programm naturweit die Möglichkeit, ein Freiwilliges Soziales Jahr im Bereich des Weltnaturerbes abzuleisten. Da naturweit eine Untergliederung von kulturweit ist, wird das Projekt ebenso wie kulturweit vom Auswärtigen Amt und der UNESCO, der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation getragen. Ebenso gelten die gleiche Altersspanne, die gleichen möglichen Einsatz-Zeiträume sowie die finanzielle Unterstützung durch das Auswärtige Amt wie bei kulturweit. Der große Unterschied liegt in den Einsatzstellen: Entscheidet ihr euch für naturweit, engagiert ihr euch in UNESCO-Weltnaturerbestätten, in einem Geopark oder einem Biosphärenreservat. Einsätze sind in aller Welt möglich. Zentrales Element ist das Lernen über die Beziehung zwischen Mensch und Umwelt. Die Bewerbung läuft über die Internetseite von kulturweit.