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Städtischer Empfang für den Zeitzeugen Ernst Grube

Durch Zeitzeugen wird Geschichte lebendig gemacht: eine lebendige Erinnerungskultur. Sie bieten einen emotionalen Zugang zu geschichtlichen Ereignissen, insbesondere die einzelnen Lebensgeschichten und die noch erhaltenen Quellen sind bedeutsam für die Zukunft des Erinnerns. Als Zeitzeuge berichtet Ernst Grube in Gedenkstätten, Schulen und Bildungseinrichtungen sowie in TV- und Rundfunkbeiträgen von der Verfolgung seiner Familie und setzt sich für eine gelebte Demokratie ein.

Ernst Grube wurde am 13. Dezember 1932 in München geboren.

Als Sohn einer jüdischen Mutter und eines evangelischen, kommunistischen Vaters waren er und seine beiden Geschwister Ausgrenzungen und Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Der Gebäudekomplex, in dem die Familie wohnte, gehörte der Israelitischen Kultusgemeinde. Als im Juni 1938 infolge der nationalsozialistischen „Arisierung“ alle jüdischen Mieter vertrieben wurden, widersetzten sich Grubes Eltern zunächst, musste jedoch ihre Wohnung, in der Gas, Strom und Wasser bereits abgestellt worden waren, im November 1938 räumen.

Die Eltern brachten Ernst und seine Geschwister in ein jüdisches Kinderheim in Schwabing. Hier erlebte Ernst erstmals ein reiches jüdisches Leben mit gemeinsamen Festen, was ihn bis heute tief berührt. Die Geborgenheit wird überschattet von Maßnahmen systematischer Ausgrenzung. Der Schulbesuch wird jüdischen Kindern verboten und sie müssen ab September 1941 den gelben Stern tragen. Nach dem ersten Transport im November 1941 müssen sie erleben, wie immer mehr Heimkinder deportiert werden. Im April 1942 werden die verbliebenen 13 Kinder – unter ihnen die Grube-Geschwister – mit ihren Betreuerinnen in das Sammel- und Deportationslager Milbertshofen und anschließend in die „Heimanlage für Juden“ in Berg am Laim gebracht. Als dieses Lager im Frühjahr 1943 aufgelöst wird, kehren die Kinder zu ihren Eltern zurück, die ein Bleibe zur Untermiete gefunden hatten.

Wegen ihrer jüdischen Mutter und der Zeit im jüdischen Kinderheim stuften die Nationalsozialisten die Grube-Kinder als sog. Geltungsjuden ein, die allen Diskriminierungen und Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sind. Lediglich die Deportation ist durch die „Mischehe“ der Eltern noch aufgeschoben. Trotz wiederholter Vorladungen zur Gestapo weigert sich der Vater, sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Dennoch wird Ernst Grube mit seiner Mutter und den beiden Geschwistern im Februar 1941 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort erleben sie am 8. Mai 1945 die Befreiung durch die Roten Armee.

Alle Verwandten, die Familien der Schwestern mütterlicherseits, wurden nach Riga, Izbica, Piaski deportiert und sind dort, bzw. in einem Außenlager des KZ Dachau ermordet worden.

Nach einer Malerlehre bei seinem Vater holte Ernst Grube das Abitur nach und wurde Berufsschullehrer. In den Jahren des Kalten Krieges engagierte er sich politisch gegen die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik und die Besetzung wichtiger Positionen mit Nationalsozialisten. Aufgrund seiner Mitgliedschaft in der verbotenen KPD wurde er mehrfach verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Ein drohendes Berufsverbot konnte er jedoch erfolgreich abwenden.

Ernst Grube ist einer der bekanntesten Münchner Überlebenden des NS-Terrors. Als Zeitzeuge berichtet er in Gedenkstätten, Schulen und Bildungseinrichtungen sowie in TV- und Rundfunkbeiträgen von der Verfolgung seiner Familie und setzt sich für eine gelebte Demokratie ein. Er gehört der VVN, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, seit frühesten Zeiten an. Heute ist er u. a. Präsident der Lagergemeinschaft Dachau e.V. und Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Bayerische Gedenkstätten sowie stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins für internationale Jugendbegegnung e.V.

Heute lebt Ernst Grube in Regensburg.

Er ist Pate des Albrecht-Altdorfer-Gymnasiums und des Werner-von-Siemens-Gymnasiums in der bundesweiten Initiative "Schule ohne Rassimus", er nimmt an sehr vielen Kundgebungen und Aktionen teil, die sich für die Rechte von Geflüchteten, für das Asylrecht, gegen Abschiebungen einsetzen, ebenso gegen Rassismus und Antisemitsmus, gegen Krieg und erneutes Aufleben von undemokratischen und neofaschistischen Entwicklungen.

Wir wünschen Herrn Grube alles Gute zu seinem Geburtstag und wünschen ihm, dass er seinen wunderbaren Elan und seinen inspirierenden Kampfgeist gegen das Vergessen und für das Erinnern bewahrt.