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„Jede eingesparte Kilowattstunde zählt!“

Was unternimmt Regensburg, um sich auf eine drohende Energieknappheit vorzubereiten? Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer erläutert, wo die Stadt bereits Energie einspart und welche Maßnahmen geplant sind.

Porträt: Gertrud Maltz-Schwarzfischer
Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer © Bilddokumentation Stadt Regensburg

29. Juli 2022

Frau Maltz-Schwarzfischer, die Frage, was wir jetzt tun müssen, damit uns das Gas in diesem Winter nicht ausgeht, wird derzeit heiß diskutiert. Wie beschäftigt sich die Stadt Regensburg mit dem Thema?

Mit der Frage, wie wir in Regensburg Energie einsparen können, beschäftigen wir uns schon ziemlich lange – auch wenn wir dabei bisher weniger die Versorgungssicherheit im Sinn hatten als vielmehr den Klimaschutz. In diesem Zusammenhang steht das Thema schon seit Jahren sehr weit oben auf unserer Agenda. Um die Aktivitäten zu bündeln und zu intensivieren, haben wir vor ziemlich genau einem Jahr, im Sommer 2021, den Green Deal Regensburg ins Leben gerufen und uns damit ehrgeizige Klimaziele gesetzt: Bis 2030 wollen wir den Ausstoß an Treibhausgasen in Regensburg um 65 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 senken. Außerdem sollen bis 2030 die Stadtverwaltung und bis 2035 alle städtischen Töchter und die Gesamtstadt klimaneutral werden.

Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundene Unsicherheit der Gasversorgung hat das Thema jetzt natürlich noch einmal eine andere Richtung und Brisanz erhalten. Damit wir möglichst gut durch den Winter kommen, müssen wir bereits jetzt überall, wo es geht, Gas einsparen. Und wir brauchen Pläne und Notfallpläne für die kommende Heizperiode. Um frühzeitig zu klären, was kurz- und längerfristig umgesetzt werden kann, habe ich bereits Ende März einen Runden Tisch „Sofortprogramm Energie und Mobilität“ einberufen mit allen, die bei der Stadtverwaltung und den städtischen Töchtern für diese Fragen zuständig sind. Nach der Ausrufung der Frühwarnstufe des Notfallplans Gas am 30. März durch die Bundesregierung hat sich auch unser Katastrophenschutz umgehend mit der Versorgungssicherheit der kritischen Infrastruktur befasst. Seitdem haben sich unsere Fachämter und städtischen Tochterunternehmen weiterhin mit Einsparmöglichkeiten beschäftigt und geprüft, was sinnvoll und umsetzbar ist. Herausgekommen sind eine Reihe von Maßnahmen, die wir dem Stadtrat am 28. Juli vorgelegt haben. Einige davon sind bereits umgesetzt, einige sollen ab Herbst umgesetzt werden und einige halten wir bereit für den Fall, dass die Krise weiter eskalieren sollte.

Schwimmbecken im Sommer im Regensburger Westbad
Die Außenbecken in den städtischen Bädern werden derzeit nur durch die Sonne beheizt. © das Stadtwerk Regensburg, Rainer Fleischmann

Welche Maßnahmen sind das im Einzelnen?

Einer unserer ersten Schritte – übrigens als eine der allerersten Kommunen in Bayern – waren Energieeinsparmaßnahmen in den städtischen Bädern. In Zusammenarbeit mit unserem Stadtwerk haben wir dort bereits am 1. April 2022 die Wassertemperaturen in den Becken verringert und Spül- sowie Duschintervalle reduziert. Die Außenbecken werden derzeit nur durch die Sonne beheizt. Maßnahmen in diesem Bereich sind äußerst effektiv – schon das Absenken der Wassertemperatur bringt für jedes Grad weniger einen erheblichen Einspareffekt. Für den Fall einer weiteren Eskalation haben wir deshalb gemeinsam mit der „das Stadtwerk Regensburg GmbH“ Maßnahmenlisten erstellt, die von einer Reduzierung bis zum Einstellen des Wellen- oder Saunabetriebs oder der Außerbetriebnahme einzelner Becken reichen. Natürlich hoffen wir, dass es dazu nicht kommt, aber die Möglichkeit müssen wir in Betracht ziehen.

Eine weitere Maßnahme mit großem Einsparpotenzial ist die Absenkung der Temperaturen in unseren städtischen Gebäuden, die wir für die kommende Heizperiode planen. Wir greifen dabei die Diskussionen auf Ebene der EU-Kommission auf, das heißt: Büros und Schulen werden nur noch auf 19 statt auf 20 Grad geheizt, Flure auf 10 statt auf 12 Grad und Turnhallen auf 16 statt auf 17 Grad. Für weitere Räume, zum Beispiel Unterrichtsräume, Lehrerzimmer oder Kindertagesstätten, läuft noch die Prüfung in Abstimmung mit den zuständigen Fach- und Aufsichtsstellen. Außerdem sollen die Zeiten, in denen die Heizung überhaupt eingeschaltet wird, weiter optimiert und noch besser an die Kernarbeitszeiten angepasst werden. Auch die Möglichkeiten des Homeoffice, die wir in der Corona-Pandemie bereits massiv ausgebaut haben, wollen wir entsprechend weiterentwickeln. Grob geschätzt lassen sich auf diese Weise in der kommenden Heizperiode rund 2,5 Millionen Kilowattstunden Gas einsparen.

Dazu kommen Maßnahmen, die im Vergleich dazu alleine nicht ganz so viel Potenzial haben, in der Summe aber doch einiges ausmachen, wie das Abstellen der Warmwasserbereitung in ausgewählten öffentlichen Gebäuden oder der Verzicht auf die nächtliche Scheinwerferbeleuchtung von prominenten Bauwerken, sofern sie nicht für die Verkehrssicherheit erforderlich ist (zum Beispiel wird das Alte Rathaus dunkel bleiben). Darüber hinaus gibt es noch einige Energieeinsparmaßnahmen, die wir gar nicht neu aufsetzen müssen, weil wir sie im Sinne des Klimaschutzes bereits vor Jahren in die Wege geleitet haben. Allerdings wollen wir auch hier das Tempo nochmals steigern, soweit das möglich ist.

Welche Bereiche betrifft das?

Zum Beispiel achten wir seit Jahren bei städtischen Neubauten stark darauf, dass sie möglichst energieeffizient sind. Das gilt nicht nur für ein Leuchtturmprojekt wie das RUBINA, unser Haus für Umweltbildung auf dem Gelände der ehemaligen Nibelungenkaserne, sondern für alle öffentlichen Gebäude wie Schulen, Kitas oder auch Feuerwehrgerätehäuser. Die Neubauten, die die Stadt in den vergangenen zehn Jahren errichtet hat, unterschreiten die jeweiligen gesetzlichen Vorgaben zur Energieeinsparung zum Teil ganz erheblich um bis zu 20, 50, über 70 oder – im Fall des Kinderhauses Naabstraße, das als Passivhaus errichtet wurde – sogar um 94 Prozent.

Bei den Ampeln und der Straßenbeleuchtung sind wir seit längerem dabei, auf energiesparende LEDs umzustellen und haben aktuell eine Quote von ca. 50 Prozent erreicht. Auch die Schaltzeiten wurden bereits weitgehend optimiert. Hier schauen wir aber natürlich auch, was darüber hinaus noch möglich ist und dass wir die Umstellung auf LED weiter beschleunigen können. Ähnliches gilt für die Optimierung und Wartung der Heizungs- und Lüftungsanlagen in öffentlichen Gebäuden.

Gebaäude des Neuen Rathauses von AußenIn den Dienstgebäuden der Stadt wird die Temperatur in der kommenden Heizperiode abgesenkt. © Stadt Regensburg, Peter Ferstl

Was passiert mit den Lüftungsanlagen, die während der Pandemie zum Beispiel in Schulen eingebaut oder aufgestellt worden sind?

Hier planen wir erst einmal keine generelle Abschaltung. Schließlich wurden diese Geräte angeschafft, um die Sicherheit der Kinder und des Betreuungspersonals zu erhöhen.

Angesichts der aktuellen Entwicklung der Pandemie und den Erwartungen für den Herbst wäre es nicht vernünftig, an dieser Stelle jetzt alles wieder auf den Vor-Corona-Stand zurückzusetzen. Natürlich ist nicht ausgeschlossen, dass wir irgendwann in eine Lage kommen, die eine andere Bewertung erforderlich macht. Dazu würden wir uns aber, wenn es soweit käme, eng mit den zuständigen Trägern und dem Gesundheitsamt abstimmen.

Regensburg besteht ja nicht nur aus der Stadtverwaltung. Wie holen Sie die Stadtgesellschaft ins Boot und was können die Bürgerinnen und Bürger tun?

Energiesparen ist in der Tat eine Gemeinschaftsaufgabe, bei der alle zusammenhelfen müssen. Das gilt für unseren Green Deal, und das gilt natürlich genauso in der aktuellen Situation. Um bei drohender Gasknappheit schnell reagieren zu können, haben wir bei der Stadt eine ARGE Energiekrise eingerichtet, zu der bei Bedarf u.a. die REWAG als unser regionaler Energieversorger, Betreiber kritischer Infrastruktur sowie die Regierung der Oberpfalz hinzugezogen werden. Hier könnten kurzfristig Maßnahmen abgestimmt und beschlossen werden.
Was die Bürgerinnen und Bürger angeht, setzen wir schon seit längerem auf Beratung und das wollen wir jetzt weiter verstärken. Die Energieagentur Regensburg – eine gemeinsame Einrichtung der Stadt und der Landkreise Regensburg und Kelheim – hat viele Tipps und Tricks für Privathaushalte zusammengestellt. Informationen dazu gibt es online, oder auch in der interaktiven Ausstellung um:welt im RUBINA. Darüber hinaus bietet die Energieagentur auch Vorträge sowie eine kostenlose Energieberatung an und wird ihre Angebote weiter ausbauen.

Die Stadt kann nur mit gutem Beispiel vorangehen, und das machen wir auch. Aber um diese Krise gut zu bewältigen, müssen wir alle an einem Strang ziehen und dürfen Energie nicht mehr als Selbstverständlichkeit betrachten. Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde zählt!