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Laudatio Dr. Lisa Wiesent

Laudatio von Prof. Dr.-Ing. Aida Nonn, Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg, Fakultät Maschinenbau, Computational Mechanics and Materials Lab, anlässlich der Verleihung des Preises für Frauen in Wissenschaft und Kunst der Stadt Regensburg am 16. November 2023 an Dr. Lisa Wiesent

-Es gilt das gesprochene Wort-

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer,
sehr geehrte Preisträgerinnen,
verehrte Festgäste,

es ist mir eine außerordentliche Ehre, heute die herausragenden Leistungen von Frau Dr. Lisa Wiesent zu würdigen. Mein aufrichtiger Dank gilt auch der Stadt Regensburg für die Verleihung dieses bedeutsamen Preises.

Ich hatte das große Vergnügen, Frau Dr. Wiesent bei der Präsentation ihrer Masterarbeit persönlich kennenzulernen. Ihre fachliche Kompetenz und ihr Enthusiasmus haben mich sehr beeindruckt. Bereits während ihres Masterstudiums der Medizintechnik an der OTH Regensburg hat sich Frau Dr. Wiesent durch hervorragende Leistungen ausgezeichnet. Nach dem Abschluss des Studiums war sie dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin in meinem Labor tätig. In dieser Zeit hat sie nicht nur herausragendes technisches Fachwissen unter Beweis gestellt, sondern auch eine leidenschaftliche Begeisterung für die Forschung gezeigt.

Wie der Präsident, Herr Prof. Schneider, bereits erwähnt hat, lag der Fokus von Frau Dr. Wiesents Arbeit auf dem Verhalten von Stents, mit dem Ziel, die Behandlung von Atherosklerose zu verbessern. Wie Sie sicher wissen, ist Arteriosklerose eine Erkrankung, bei der sich das Innere einer Arterie durch Ablagerungen verengt, und weltweit die häufigste Todesursache. Zur Behandlung werden vor allem Stents eingesetzt, d. h. kleine, dehnbare Netzröhrchen, die verstopfte Arterien offenhalten und das Innere der Arterie stützen. Allein in Deutschland werden jedes Jahr über 300.000 Stentimplantationen durchgeführt. Leider tritt in 10-20% aller Fälle in den ersten 6 Monaten nach der Stentimplantation eine erneute Verengung des behandelten Blutgefäßes auf. Dies ist hauptsächlich auf Gefäßwandverletzungen zurückzuführen, die durch die besondere Öffnung des Stents während der Implantation verursacht werden. In diesem Zusammenhang bieten additive Fertigungsverfahren oder 3D-Druckverfahren ein großes Potenzial für die Herstellung optimierter und vor allem patientenspezifischer Stents, die an die Anatomie des Patienten angepasst sind. Diese könnten die Konformität zwischen Stent und Arterie verbessern und die Rate der Wiederverengung reduzieren.

In ihrer interdisziplinären Dissertation hat sich Frau Dr. Wiesent intensiv mit der Frage beschäftigt, ob und wie 3D-gedruckte Stents den Belastungen während der Implantation standhalten und ob sie zu solchen Verletzungen führen können. Ihre Forschung umfasste ein breites Methodenspektrum, das von detaillierten experimentellen Untersuchungen der mechanischen Eigenschaften bis hin zur komplexen geometrischen Rekonstruktion von Stents aus μCT-Bildern reichte. Darüber hinaus erstellte sie unzählige hochkomplexe Modelle von Proben und gefertigten Stents. Durch ihre Arbeit hat sie ein umfassendes Verständnis für die Besonderheiten und Herausforderungen der additiven Fertigung komplexer Stentstrukturen entwickelt. Ihre Ergebnisse und Methoden sind von großer Bedeutung und bilden eine solide Grundlage für die Entwicklung patientenspezifischer Stents, die sich besser an die Arterie anpassen und das Auftreten von Wiederverengungen verringern.

Im Jahr 2018 wandte ich mich an Frau Dr. Wiesent mit dem Vorschlag, einen Forschungsaufenthalt an der University of Utah im Labor von Frau Prof. Spear zu absolvieren. Frau Dr. Wiesent nahm dieses Angebot sehr gerne an und konnte sich erfolgreich für das renommierte Fulbright Stipendienprogramm bewerben. Trotz der Herausforderungen der Pandemie gelang es ihr, ihre Forschung durch die Kombination innovativer Ansätze aus verschiedenen Disziplinen voranzutreiben. In weniger als einem Jahr konnte sie bereits zwei Publikationen in renommierten Fachzeitschriften veröffentlichen.

Das Promotionsverfahren wurde an der Universität Regensburg durchgeführt. An dieser Stelle möchte ich Herrn Prof. Dr. Schmid als Erstbetreuer und Prüfungsvorsitzenden und Frau Prof. Lehle als Zweitbetreuerin und Zweitgutachterin danken. Mein Dank gilt auch meinen Kollegen Prof. Schratzenstaller und Prof. Noster für ihre Unterstützung und Mitarbeit in der Prüfungskommission sowie den externen Gutachtern Herrn Prof. Gee von der TU München und Frau Prof. Spear.

Parallel zu ihrer Dissertation unterstützte Frau Dr. Wiesent den Aufbau und die Forschungsarbeiten des Technologiecampus Leichtbau und Werkstoffsimulation am Standort Neustadt a.d. Donau mit dem Ziel des übergreifenden Wissensaustausches durch Kooperationsprojekte mit Industriepartnern aus der Region. An dieser Stelle möchte ich unserem Dekan, Herrn Prof. Briem, Herrn Dr. Kastenmeier und Herrn Prof. Ehrlich und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken.

Während ihrer Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin stellte Frau Dr. Wiesent ihre hervorragenden analytischen und interdisziplinären Fähigkeiten unter Beweis, indem sie die Bereiche Herzchirurgie, Medizintechnik, Werkstofftechnik und numerische Werkstoffmechanik nahtlos miteinander verknüpfte. Das bemerkenswerte Engagement, der unermüdliche Einsatz, die Beharrlichkeit und die hohe Leistungsfähigkeit von Frau Dr. Wiesent zeigten sich in den von ihr durchgeführten umfangreichen Untersuchungen, in der außerordentlichen Qualität ihrer Ergebnisse, sowie in der Klarheit, Nachvollziehbarkeit und Ausführlichkeit ihrer Präsentationen. Ihre bahnbrechenden Forschungsergebnisse gipfelten in fünf von Experten begutachteten Veröffentlichungen in hochrangigen internationalen Fachzeitschriften.

Neben ihrer Forschungstätigkeit engagierte sich Frau Dr. Wiesent auch in der Lehre, betreute wissenschaftliche Assistenten und Studierende und schuf eine inspirierende Lernatmosphäre. Was Frau Dr. Wiesent darüber hinaus auszeichnet, ist ihre Fähigkeit, Teams zu bilden und ihre Kolleginnen und Kollegen in der Forschung zu unterstützen und zu Höchstleistungen anzuspornen. An dieser Stelle möchte ich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Labors meiner Kollegen Prof. Schratzenstaller und Prof. Noster danken. Besonders beeindruckend ist ihre Vorbildfunktion für junge Studentinnen. Frau Dr. Wiesent betreute eine Projektarbeit mit ausschließlich Studentinnen zum Thema "Simulation des Stent-Lebenszyklus", die für mich bis heute die beste der bisherigen Projektarbeiten ist.

Frau Dr. Wiesent ist auch eine ausgezeichnete Sportlerin und wir haben gemeinsam am Regensburger Firmenlauf teilgenommen, wo sie ihre sportlichen Qualitäten unter Beweis gestellt hat. Nach ihrer Promotion stellte Frau Dr. Wiesent ihre Vielseitigkeit als Software-Ingenieurin in der Industrie unter Beweis, blieb aber dem Labor verbunden und unterstützte großzügig ihre Kolleginnen und Kollegen.

Frau Dr. Lisa Wiesent ist nicht nur eine exzellente Forscherin, sondern auch eine inspirierende Persönlichkeit und eine verdiente Preisträgerin der Stadt Regensburg. Herzlichen Dank für diese verdiente Ehrung.