Christian Felber ist Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) und Autor des gleichnamigen Buches. Rund 10 Jahre nach Gründung der GWÖ unterstützen heute schon mehr als 2.000 Unternehmen Felbers Idee eines alternativen Wirtschaftsmodells, in dem statt Profit das Wohl aller im Fokus steht. Im Rahmen der Nachhaltigkeitswoche stellte Christian Felber im Degginger sein „Wirtschaftsmodell mit Zukunft“ vor.
Mit seiner gundlegenden Kritik am bestehenden System des Kapitalismus und den Auswirkungen auf unsere Umwelt und Gesellschaft zeigte Felber anhand anschaulicher Beispiele und Hochrechnungen Alternativen auf und machte klar, dass der vorherrschende Ansatz von TINA (There is no alternative - es gibt keine Alternative) falsch und vielmehr durch TAPAS (There are plenty of alternatives - es gibt viele Alternativen) zu ersetzen sei. Die Gemeinwohlökonomie sei dabei nur eine von vielen Ströumungen wie der Postwachstumsökonomie, Kreislaufökonomie oder auch die Doughnut Economics. Ziel der Gemeinwohlökonomie sei auch nicht eine anti-kapitalisitische Gegenbewegung, sondern vielmehr ein Mittelweg zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Anhand des Ansatzes der Gemeinwohl-Bilanzierung sollten erstmalig Einflüsse von Volkswirtschaft und Unternehmen auf Umwelt und Gesellschaft quantifiziert und in die Bewertung des wirtschaftlichen Erfolgs mit einbezogen werden. So könnte auf volkswirtschaftlicher Ebene ein Gemeinwohlprodukt das klassische Bruttoinlandsprodukt ersetzen, während Unternehmen statt des Finanzgewinns vielmehr eine Gemeinwohl-Bilanz aufstellen sollten.
Auch für Regensburg brachte Felber konkrete Ansätze zur gemeinwohlorientierten Entwicklung mit, beispielsweise durch die Aufstellung eines Gemeinwohlindex sowie eine durchgängige und intensive Bürger*innenbeteiligung, die sämtliche Vorschläge aufnimmt und sich schließlich diejenigen durchsetzen, die die meiste Resonanz in der Stadtgesellschaft finden. Anhand eines Experiments mit dem Publikum stellte Felber diesen Demokratisierungsprozess vor: Gesammelt wurden Vorschläge zum Verhältnis von Mindesteinkommen zu Spitzeneinkommen, die von 1:1 bis 1:50 reichten. In der nachfolgenden Abstimmung drückte das Publikum für jeden Vorschlag seine Zustimmung bzw. Ablehnung durch entweder keine (Zustimmung), eine (geringe Ablehnung) oder zwei (starke Ablehnung) erhobene Hände aus, sodass sich der Ansatz mit der geringsten Ablehnung als demokratische Lösung herauskristallisierte. Das Ergebnis des Experiments pendelte sich bei einem Verhältnis von 1:8 ein - dem Mittelweg zwischen dem sozialistischen (1:1) und dem kapitalisitischen (1:50) Ansatz und damit einhergehend mit der Richtung der Gemeinwohlökonomie, so Felber.
Im Anschluss an den Vortrag stand Christian Felber gemeinsam mit Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß, Referent für Wirtschaft, Wissenschaft und Finanzen der Stadt Regensburg, und Clara Gabel vom Netzwerk Nachhaltigkeit für eine Diskussion zur Verfügung. Besprochen wurden unter anderem die Umsetzbarkeit der Gemeinwohlbilanzierung für kleine Unternehmen und Sabine Thiele, Geschäftsführerin der Regensburg Tourismus GmbH, die 2020 bereits eine Gemeinwohl-Bilanz aufgestellt hat, fasste Bedeutung und Erkenntnisse aus der ersten Gemeinwohl-Bilanzierung zusammen.
Beim Bücherstand der Buchhandlung Dombrowsky versorgten sich im Anschluss viele Interessierte mit neuem Lesestoff zum gemeinwohlorientierten Wirtschaften.