Haushaltsrede der FW-Fraktionsvorsitzenden Kerstin Radler
-Es gilt das gesprochene Wort -
Rede der FW-Fraktionsvorsitzenden Kerstin Radler zum Haushalt 2025 und zum Investitionsprogramm 2024-2028 im Rahmen der Plenumssitzung des Regensburger Stadtrates am 12.12.2024
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
Frau Bürgermeisterin,
Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
werte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Medienvertreterinnen und –vertreter,
liebe Regensburgerinnen und Regensburger,
im kommunalpolitischen Kalender des zur Neige gehenden Jahres 2024 ragt vor allem ein Datum besonders heraus:
Der 14. Juni als der Tag, an dem die Oberbürgermeisterin und ihre SPD-Fraktion die bestehende Koalition aufgekündigt hat, nur wenige Tage, nachdem sich die Bürgerinnen und Bürger von Regensburg gegen die Fortführung der Planungen für die Stadtbahn entschieden haben.
Ja, es hatte in den Jahren zuvor immer wieder einmal gekracht in der Koalition, was zumeist in Konflikten zwischen den Fraktionen von CSU und SPD ihre Ursache hatte.
Gleichwohl: wir Freien Wähler hätten die Koalition allen Schwierigkeiten zum Trotz gerne bis zum Ende der Stadtratsperiode weitergeführt, weil nach unserer festen Überzeugung eine Stadt in der Größenordnung von Regensburg dauerhaft nur so verlässlich und stabil regiert werden kann.
Um einer Legendenbildung vorzubeugen, möchte ich die Zuweisung einer Mitschuld am Bruch dieser Koalition noch einmal in aller Deutlichkeit zurückweisen:
Die Fraktion der Freien Wähler hatte das Projekt Stadtbahn seit seinem Startschuss im Stadtrat im Jahr 2018 immer positiv begleitet; wir haben uns allerdings auch stets eine abschließende Bewertung und Entscheidung nach Vorlage der Kosten-Nutzen-Untersuchung (KNU), der Gesamtkosten, Aussagen zur Förderquote und der Machbarkeitsstudie, vorbehalten.
Zudem wollten wir wegen der Bedeutung und Tragweite des Projekts die Bürgerinnen und Bürger in dieser Frage im Rahmen eines durch ein Ratsbegehren eingeleiteten Bürgerentscheids selbst zu Wort kommen und entscheiden lassen.
Nachdem die Fakten Ende März diesen Jahres erstmals auf dem Tisch lagen, war für uns klar, dass wir den prognostizierten Eigenanteil von 464 Mio. Euro (+/- 30%), realistisch wohl eher 500-600 Mio. Euro, nie und nimmer würden schultern können, ohne die Fülle an Pflicht-und sonstigen Aufgaben, wie Schulneubauten und-Sanierungen, Investitionen in den Green Deal, Gebäudesanierungen sowie den Strom und-Nahwärmenetzausbau, um nur einige Beispiele zu nennen, zu vernachlässigen und unsere eigenen Spielräume, wie auch die unserer Kinder und Enkel über Gebühr einzuschränken zu müssen.
Letztlich wurde diese unsere Einschätzung nach der kürzlich erstellten Nachbefragung seitens der Bevölkerung auch bestätigt, über 90 Prozent der Stadtbahngegner nannten das Kostenargument!
In Wahrheit müsste doch allen schon jetzt klar sein, dass bereits ohne die Stadtbahn, nicht alle im IP enthaltenen Planungen in Bauvorhaben überführt werden können, weil dann Kosten in der Größenordnung von über 1 Milliarde Euro auf uns zukommen würden. Denn schon jetzt müssen die Investitionen zum Ende des Investitionszeitraumes nur noch mit Schulden und Zuschüssen und ohne Eigenmittel finanziert werden!
Nicht zuletzt deshalb hat die Regierung der Oberpfalz in ihrem Schreiben vom 29.01.2024 u.a. wie folgt ausgeführt: (Ich zitiere)
„Die zum Ausgleich des Verwaltungshaushalts aus der allgemeinen Rücklage bereitzustellenden Mittel fehlen in Folge der Finanzierung von Investitionen. Um das umfangreiche Investitionsprogramm trotzdem abbilden zu können, werden massive Kreditaufnahmen eingeplant. Der Schuldenstand wächst auf ein gewaltiges Niveau. Gemäß den Angaben im Vorbericht würde in 2027 die tägliche Belastung an Schuldzinsen voraussichtlich rund 50.000 Euro betragen.“
Und weiter:
„Eine Genehmigung der künftigen Haushalte kann angesichts der stark gefährdeten dauernden Leistungsfähigkeit nicht in Aussicht gestellt werden.“
Aus unserer Sicht muss deshalb das Projekt Stadtbahn nicht nur für die gesetzlich vorgesehene Bindungsfrist von einem Jahr, sondern dauerhaft, ad acta gelegt werden, weil nicht zuletzt auch deshalb dies der Respekt vor unserem Souverän, den Bürgerinnen und Bürger von Regensburg, gebietet.
Es gilt daher den Blick nach vorne zu richten und unserer Verantwortung als gewählte Stadträte gerecht zu werden!
Wir Freie Wähler waren in den vergangenen vier Jahren immer an einer konstruktiven, an Lösungen und Kompromissen orientierten Zusammenarbeit interessiert und haben uns auch insoweit positiv eingebracht und das werden wir auch weiterhin tun!
Ich freue mich deshalb, dass es zumindest für dieses Jahr mit unserer tatkräftigen Unterstützung gelungen ist, unter Berücksichtigung vieler verschiedener Schwerpunktsetzungen und unter Hintanstellung parteipolitischer, ideologischer Interessen, mit einer Mehrheit im Stadtrat, ein ausgeglichenes, zukunftsfähiges und hoffentlich auch genehmigungsfähiges Haushaltspaket zu schnüren.
Einige uns Freie Wähler wichtige Themenbereiche möchte ich hierbei besonders hervorheben:
Bildung und Schulen:
Den größten Brocken bildet mit 172 Millionen Euro der Bereich Schulen und das zu Recht, handelt es sich doch hierbei um Investitionen in die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder und damit auch um Investitionen in die Zukunft unserer Stadt.
Schulen werden neu gebaut und vor allem saniert, bis an die Grenzen dessen, was die Kapazitäten hergeben, aber auch, was in Hinblick auf die finanzielle Belastung möglich und leistbar ist.
So werden neben den laufenden Großprojekten Werner von Siemens Gymnasium, der Schule am Sallerner Berg, dem Sonderpädagogischen Förderzentrum Jakob Muth sowie der Grundschule im Kasernenviertel PLK, nunmehr auch erfreulicher Weise Planungskosten für die Berufsschule 3 vorgezogen. Eine längst fällige Maßnahme, sieht man sich den Zustand dieses Gebäudes an.
Der nunmehr vorgelegte 10- Jahresplan bietet uns weiter eine gute Orientierung, welche Projekte in der kommenden Zeit, in welcher Phase der Umsetzung sind, wofür wir uns an dieser Stelle nochmals ganz besonders beim zuständigen Bildungsreferat bedanken.
Wir werden darauf bedacht sein, dass die Planungen, welche seitens der Verwaltung in Aussicht gestellt wurden, politisch nicht durcheinander gewirbelt werden, sodass es der Verwaltung künftig möglich sein wird mit Planungssicherheit und Verlässlichkeit zu arbeiten.
Bei den Kinderbetreuungseinrichtungen geben wir Vollgas auf allen Ebenen, ob bei Horten, Kindergärten oder Kitas, um eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen und nicht zuletzt auch, um den Rechtsanspruch auf Betreuung gerecht zu werden.
Umwelt und Klimaschutz:
Mit dem Greendeal hat sich Regensburg ehrgeizige Ziele gesetzt. Diese Klimaziele aber werden wir nur erreichen können, wenn wir als Stadtgesellschaft insgesamt, also jeder einzelne, die Bürgerinnen und Bürger, die Vereine, wie auch der gesamte Bereich der Wirtschaft an einem Strang ziehen und die Stadt mit gutem Beispiel vorangeht.
Wir selbst haben jetzt auch für die in unserer Gebäudesanierungsstrategie als die „größten Dreckschleudern“ identifizierten Gebäude, nämlich für die Sanierung der Berufsschule 1 und 2 und dem Historischen Museum, Planungsmittel in unser IP aufgenommen. Um diese energetische Sanierung erfolgreich umzusetzen sind bei der Durchführung mit Kosten von insgesamt 57 Mio Euro bei der BS 1und 2 und beim Historischen Museum von 17 Mio Euro auszugehen, alles zusätzliche Belastungen, die in Zukunft auf den Haushalt der Stadt Regensburg zukommen werden.
Diese Sanierungen sind aber zwingend erforderlich, da allein damit, zusammen mit den anderen 4 in der Gebäudesanierungsstrategie aufgeführten Gebäuden der CO2 Ausstoß unseres Gesamtbestandes um 26 % reduziert werden kann!
Alle unsere neuen -wie auch alle generalsanierten Gebäude- werden mit PV Anlagen bestückt.
Für einen Teil unserer Bestandsgebäude läuft gerade eine Ausschreibung für die Installation von PV Anlagen, für PV Anlagen Privater wie auch der Wirtschaft haben wir ein eigenes Förderprogramm aufgelegt. Ab 2025 wird es neu das Programm „Regensburg resilient“ geben, mit dem Dach-und Fassadenbegrünungen sowie Entsieglungsmaßnahmen bei Bestandsgebäuden gefördert werden.
Besonders erfreulich ist, dass kurzfristig noch die Sanierung der Brunnenanlage in der Carl Anselm Allee in das IP aufgenommen worden ist und, wenn es gut geht, werden die beiden Brunnen bereits nächstes Jahr wieder sprudeln!
Wir stärken die REWAG mit erheblichen Mitteln, damit sie Investitionen in den Aus- bzw. Neubau ihrer Strom-und Wärmenetze tätigen kann.
Insgesamt müssen wir aber noch viel mehr grün und blau vor allem in die Altstadt, bringen, um Regensburg besser gegen die Folgen des Klimawandels zu rüsten.
Mobilität:
Besonders wichtig ist deshalb die zeitnahe Fortführung der Baumaßnahme „Mobilitätsdrehscheibe“, weil wir dort Parkplätze ersetzen werden müssen, die wir zum Beispiel beim Alten Kornmarkt wegnehmen wollen, um diesen wunderschönen Platz zu begrünen und mit einem Brunnen versehen zu können, aber auch, um das Jacobi Gelände künftig sinnvoller nutzen zu können.
Natürlich kann man nach dem Nein der Regensburgerinnen und Regensburger zur Stadtbahn nicht die Hände in den Schoß legen in Sachen höherwertige Mobilität.
Man wird die Mobilitätsfrage lediglich unter den veränderten Voraussetzungen neu denken müssen.
Hierzu gehören meines Erachtens Themen wie eigene Busspuren, um die Busse schneller und damit attraktiver zu machen, eine zügigere Umsetzung der Ziele des Radverkehrsentscheids, wie auch eine zügigere Umstellung auf E- Busse, um nur einige Schlagwörter hierfür zu nennen.
Bezüglich der Abarbeitung der Ziele des Radentscheides sind wir meines Erachtens bereits auf einem guten Weg schneller in die Umsetzung aller Forderungen zu kommen. Wir haben Planungsgelder für den Grieser- und den Safferlinger Steg ins IP eingestellt und es werden auch viele kleinere Maßnahmen ergriffen, die ein schnelleres, sichereres und komfortableres Fortkommen der Radfahrerinnen und Radfahrer innerhalb der Stadtgrenzen ermöglichen.
Wohnen:
Unsere Stadt ist so attraktiv, dass nach Vorausberechnungen des Bayerischen Landesamtes für Statistik bis zum Jahr 2042 mit einem Zuwachs von 10.000 Menschen zu rechnen ist. Regensburg bietet viele Anreize, es stehen aber nicht genügend Wohnungen zur Verfügung und deshalb ist es umso wichtiger Wohnraum zu schaffen, auch und vor allem geförderten Wohnraum, der Familien mit geringem und durchschnittlichem Einkommen, aber auch älteren Menschen mit einer kleinen Rente ermöglicht, sich wieder Wohnungen zu bezahlbaren Mieten leisten zu können. Genossenschaften sollen angemessen zum Zug kommen, auch in der fortschreitenden Umsetzung der Planungen zur Prinz Leopold Kaserne, die sich in Form eines nahezu energieautarkem und CO2 neutralen Quartiers als zukunftweisend, modern, grün und innovativ darstellt.
Wirtschaftsförderung:
Modern ist Regensburg auch im Bereich der Wirtschaftsförderung!
Wir fördern nachhaltig den Bereich Kultur- und Kreativwirtschaft in Form der weiterführenden Maßnahmen für die Entwicklung eines Kreativquartiers im Stadtlagerhaus, da es sich hierbei um ein Wirtschaftsfeld mit hoher Relevanz handelt, das zum Leuchtturmprojekt dieser Branche in Regensburg als Mittelpunkt werden kann.
Auch die Planungsmittel für den Techcampus 2, integriert mit dem Biopark 4, unterstützen wir, da wir damit u.a. auch Startups und Greentechfirmen Energieeffizienz und emissionsfreie Mobilität voranbringen
Kultur:
Das Staatstheater kommt mit großen Schritten! Nicht zuletzt deshalb müssen wir auch weiterhin bereit sein im Kulturbereich die vorgesehene Sanierung des Velodroms politisch positiv zu begleiten. Neben unserem so vielfältigen bunten Kulturprogramm ist das Velodrom als Spielstätte nicht wegzudenken und wird dringend benötigt. Mit viel Engagement und Kreativität wird vonseiten der Akteure daran gearbeitet eine möglichst kostengünstige Variante zu erstellen, die den Anforderungen der Bühnendarstellung und der Platzanzahl Rechnung trägt.
Zum Schluss möchte ich auf eine Veranstaltung im Januar diesen Jahres zurückblicken. Ca. 13000 Menschen hatten sich in der Innenstadt versammelt, um ein klares Bekenntnis gegen Rechts abzugeben. Die Bilder vom Haidplatz waren beeindruckend und haben wieder einmal gezeigt, wie stark und solidarisch sich unsere Stadtgesellschaft gegen rechte Strömungen und nationalsozialistisches Gedankengut zeigt. Auch hier können wir stolz sein auf unsere Stadtgesellschaft und unsere Stadt!
Zusammenhalt ist dabei das Zauberwort und eine konstruktive Zusammenarbeit erhoffe ich mir daher auch im kommenden Jahr hier im Stadtrat, denn wir, die demokratischen Parteien wollen alle eine Gesellschaft, die nicht gespalten ist und zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger und der kommenden Generationen Entscheidungen trifft.
Ich bedanke mich im Namen unserer Fraktion bei der Oberbürgermeisterin, der Bürgermeisterin, dem Bürgermeister, den Referenten und der Verwaltung sowie allen Kolleginnen und Kollegen, für die gute Zusammenarbeit und Sachkompetenz. Gerade in der letzten Sitzung des Stadtrates hat man gemerkt, wie gut sich insbesondere die Referenten untereinander verstehen, es herrscht ein positiver Spirit des Miteinanders. Persönliche Sympathien sind oft entscheidend dafür, ämterübergreifende Entscheidungen zu treffen, die in der Form früher nicht möglich waren.
Ich hoffe daher weiterhin auf einen vertrauensvollen Austausch unter geänderten Rahmenbedingungen und variablen Konstellationen unter uns Stadträtinnen und Stadträten, um Projekte und Planungen für unsere Stadt Regensburg auf den Weg zu bringen, denn wie heißt es bei Hermann Hesse in seinem Gedicht „Stufen“:
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“
Die Freie Wähler Stadtratsfraktion stimmt dem Haushalt 2025 und dem Investitionsprogramm in allen Bereichen zu!
Gesegnete Weihnachten und ein gutes neues Jahr 2025 für Sie alle und ihre Familien!