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Haushaltsrede des Stadtrats Ingo Frank, Die PARTEI

Sehr geehrte Oberbürger- und -bürgerinnenmeisterin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine verehrten Bürger und Bürgerinnen.

Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sage ich.

Eigentlich wollte ich mir es ja nicht so schwer machen für meine erste Haushaltsrede und einfach eine regensburger Oppositionsrede aus den letzten Jahr nehmen, habe mich dann am Ende aber doch dagegen entschieden. War alles nicht so mein Stil. Aber ein paar schöne Sachen waren schon dabei, und wie schnell sich die Dinge ändern... Luftschlösser heißen jetzt z.B. Maßnahmen auf der Vormerkliste.

Sicherlich wird auch an anderer Stelle erklärt werden, wo im Haushaltsplan eine bereifte Tram auftaucht, wohnen für 7,50 €/m2 oder warum ich beim nächsten Mal nicht gleich die csU wählen kann. Aber egal...

Gelernt habe ich auf jeden Fall, dass ein guter Haushalt ausgeglichen ist oder sogar ein Plus aufweist? Bleiben wir bei dieser gängigen aktuellen Bewertungsmethode.

Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sage ich nochmal.

Wie komme ich auf sowas, da doch solche Herausforderungen auf uns warten und die Koalition doch so viel Zeit geopfert hat und nun einen so super guten Haushaltsentwurf vorlegen kann? Wer bin ich, dass ich nun Ratschläge erteilen möchte?

Meine Kurzbewerbung in Form meines persönlichen Haushaltsplanes: Ich persönlich habe auf der Einnahmenseite für 2021; 12 mal monatliche Aufwandsentschädigung plus mittlere zweistellige Anzahl von Sitzungsgelder. Auf der Ausgabenseite, mein Investitionsprogramm quasi, nimmt nur der Kauf eines grauen Anzuges, niedriger dreistelliger Betrag, seinen Platz ein. Sie sehen, ich werde einen Überschuss erzielen und sogar etwas sparen können, also bin ich ein sehr guter Haushalter, Fakt!

Doch was macht einen guten Haushalt wirklich aus. Bleiben wir zunächst bei der herkömmlichen Bewertungsmethode.

Reden wir über das, was vorliegt: Wichtig ist dann natürlich die Neuverschuldung, diese wird bis zum Ende des Haushaltsplans auf rund 480 Mio.€ ansteigen. Wie sieht’s mit der Tilgung dieses Berges aus? In den letzten 4 Jahren 2017-2020, wo wir uns ja einig sind, dass die richtig super waren, konnten 24 Mio.€ Schulden abgebaut werden, also 24 Mio.€ in 4 Jahren. Dies ergibt 6 Mio.€ pro Jahr, also kann sich jeder ausrechnen um den neuen Schuldenberg abzubauen, werden wir 80 Jahre brauchen.

Dies ist, wie jeder weiß, coronabedingt. Ist das ein Regensburger Phänomen?

Nein! Schauen wir uns um, jede Stadt und Gemeinde ist davon betroffen. Es ist utopisch zu glauben, dass hier nicht eine bundesweite Vermögensverteilung von den Profiteuren der Krise zu uns allen, also dem Staat, der dieses Abschöpfen von Besitztum ermöglicht, vorgenommen werden muss.
Achso stimmt, im Bund sitzen ja die gleichen Farben wie hier, also wette ich doch auf die 80 Jahre.

In diesem Zusammenhang wird häufig die Generationengerechtigkeit bemüht, ein schönes Wort, wenn man mit etwas wohlklingendem verbergen möchte, dass man nichts tut und auch am liebsten weiterhin nichts tun möchte.
Dummerweise ist der Schuldenstand einer Stadt, die eine Kennzahl, die nun wirklich nichts darüber aussagen kann, ob ein Haushalt der Generationengerechtigkeit dient oder schadet. Die Schulden des einen sind das Vermögen des Anderen, wenn dem nicht so wäre, würde es keinen stören, wenn man die Schulden einfach streichen würde. Innerhalb einer Generation ist der Schuldenaufbau in diesem Haushalt, also ein Nullsummenspiel, denn irgendwer wird in gleicher Höhe Vermögen aufbauen, wäre dieser Aufbau gleichmäßig verteilt auf alle, könnte man sogar von einer Intragenerationengerechtigkeit sprechen. Da dies nicht der Fall ist, müsste man sich als Staat dann doch mittels Vermögenssteuer der Schulden entledigen, dies übersteigt aber unsere Gesetzgebungskompetenz als Stadtrat.
Doch zurück zu den 80 Jahren, das müsste dann natürlich schon die nächste Generation zum Teil auch für uns übernehmen, das wäre echt ungerecht, wenn nicht zum Glück auch das Vermögen vererbt werden würde, also auch hier in der Intergenerationgerechtigkeit ein Nullsummenspiel. Zum Thema Schuldenaufbauvermeidung plädiere ich für diese Legislaturperiode also auf Nichtzuständigkeit des Stadtrates! Dies muss in einem New Deal die neue graue Bundesregierung unter Die PARTEI-Führung für uns richten.

Aber was wäre denn jetzt eine geeignete Methode einen Haushalt zu bewerten? Neben ökonomischen Kennzahlen sollten auf jeden Fall noch ökologische und soziale Kennzahlen betrachtet werden. 

Ökonomisch fällt die Kennzahl Schulden raus, dafür könnte die Einkommensschere oder der Anteil von Kindern, die unterhalb der Armutsgrenze aufwachsen müssen, genommen werden. Seit Ludwig Erhard die soziale Marktwirtschaft gekillt hat, Gerhard Schröder sie beerdigt hat und Angela Merkel nichts tuend an ihrem Grab steht, bürdet der Bund den Kommunen in diesem Bereich eine große Last auf. Diese kann in der Regel keine Kommune stemmen. Aber was kann die Stadt dann leisten?

Lassen wir das Geld mal hinter uns. Beleuchten wir einen anderen Teil der Generationengerechtigkeit, wäre es nicht gerecht, wenn meine Generation der frischsten aller Generationen eine genauso intakte und gesunde Umwelt übergeben würde, wie wir sie jetzt vorfinden? Auch hier starten wir bundbedingt mit einem großen ökologischen Minus. Bundesweit mehr Emissionen emittiert als aufgenommen, mehr Fläche verbraucht als renaturiert und mehr Müll produziert als wiederverwendet. Verrückterweise können wir das überholte herkömmliche Gedankenmodell aus der Haushaltsbewertung übernehmen und es ist gar nicht mal so schwer, ich meine damit, genauso viel Einnehmen wie Ausgeben. Also genauso viele Bäume im Stadtgebiet auswachsen lassen wie fällen, genauso viel CO2 emittieren wie aufnehmen, genauso viel Müll entstehen lassen wie wiederverwenden usw. 

Momentan ist unser Beitrag in der Ökologie jedes Jahr negativ, es herrscht Generationenungerechtigkeit.

Jetzt haben Andere natürlich darauf verwiesen, dass sehr wichtige und tolle und gute Projekte umgesetzt werden, bspw. Radwege. Nun ist es aber so, und da werde ich mich auch mal in einem Fußballmannschaftsvergleich probieren, ich hoffe der Kollege Burger verzeiht mir das. Wenn ich also im Team Öko Regensburg spiele und ein Tor erziele, sinnbildlich jetzt für den Radweg, dann kann ich durchaus von einem erfolgreichen Beitrag reden. Wenn ich aber gleichzeitig noch 2 Eigentore erziele, 3 Elfmeter verschulde und 5mal das Abseits aufhebe mit Gegentorfolge, dann kann ich trotz Tor leider eben nicht mehr von einem positiven Beitrag reden. Wenn wir es jetzt noch genau nehmen würden, stellt man fest, dass ja so ein Radweg auch keinen positiven Beitrag leistet im Sinne von CO2-Speicherung, Humusaufbau im Boden oder ähnlichen ökologischen Kennzahlen, es führt nur dazu, dass eben der Schaden reduziert wird, weil dann eben hoffentlich nicht Auto gefahren wird. Also um aufs Fußballbeispiel zurückzukommen, ist das genannte erzielte Tor eher ein vermiedener Fehlpass.

Kommen wir zum schwierigsten Teil, der intakten Gesellschaft, die in die nächste Generation übergehen soll, dem sozialen Frieden. Schwierig hier genaue Kennzahlen mit klarer Ursache und Wirkung zu finden, aber ich denke, ein Blick in den Haushalt reicht und zeigt es deutlich was Parteien mit einem S im Namen bewegt.

Erstens, am meisten wurde im Sozialbudget gespart, wenn das nicht schädlich für die soziale Balance ist, muss man sich fragen, warum es das überhaupt gibt und Zweitens, um einen einzelnen Punkt rauszunehmen: Privatisierung der städtischen Reinigung bzw. Fremdvergabe, sozial förderlich natürlich für den Besitzer der Reinigungsfirma, also top. Der Leistungsträger bekommt auf jeden Fall seinen gerechten Lohn, der Leistungserbringer ... weiß man nicht, denken Sie er bekommt mehr als wenn er bei der Stadt angestellt wäre? Wenn ja, wer zahlt dann drauf, der Staat, also wir? Oder doch nicht etwa doch der bescheidene Leistungsträger? Naja egal um sie nicht länger von ihren Stühlen zu reißen, fasse ich kurz zusammen: Die Utopie ist nicht nur das so weitermachen wie bisher, sondern auch mit Schuldenvermeidung Generationengerechtigkeit herstellen zu wollen, anstatt mit einer intakten Umwelt und einem gefestigten sozialen Frieden.

Zur Bewältigung der anstehenden wirtschaftlichen Krise durch die Corona Pandemie bei sparenden Privathaushalten und Unternehmen, als Staat auch zu sparen, empfehlen nur gute Makronomen, sehr gute nicht.

Darum lehne ich diesen Haushalt ab.

Dem Anlass entsprechende Grüße
Herr Stadtrat Ingo Frank Die PARTEI Regensburg