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Haushaltsrede des Referenten für Wirtschaft, Wissenschaft und Finanzen und Stadtkämmerers Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß

I.

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lassen Sie mich meine Rede mit einer kurzen persönlichen Note beginnen. Ziemlich genau vor einem Jahr durfte ich der letzten Stadtratssitzung des Jahres 2019 im Sitzungssaal des Neuen Rathauses beiwohnen. Dort wurde ich vereidigt und ich bekam meine Ernennungsurkunde. Ich kann Ihnen sagen – und ich glaube, das hat man auch gemerkt – dass ich an diesem Tag zwar durchaus nervös, ab vor allem natürlich stolz und voller Tatendrang war. Es war für mich überwältigend, an etwas „ganz Großem“ mitarbeiten zu dürfen: daran, die Zukunft der Menschen in Regensburg zu gestalten! Meine Damen, meine Herren, seien Sie versichert, auch Corona und der schwere Start haben nicht ansatzweise etwas an meiner Motivation, an meinem Stolz, an meiner Begeisterung geändert, gemeinsam mit Ihnen den Bereich Wirtschaft, Wissenschaft und Finanzen in Regensburg voran zu bringen!

II.

Doch nun zum eigentlichen Anlass meiner Rede: dem Haushalt. Dass er überhaupt vorliegt, verdanke ich vor allem der beharrlichen Hingabe meiner Kämmerei. Die Kollegen dort haben wirklich – wie in anderen Bereichen auch – seit Ausbruch der Krise hart und lange gearbeitet. Die kurze Abfolge, ja beinahe Parallelität, von Nachtragshaushalt und Haushalt hat allen sehr zugesetzt und wir sind jetzt froh, mit Vorlage des Haushaltspakets in die Feiertage zu gehen. Vielen herzlichen Dank an meine Kämmerei für die vorbildliche Unterstützung!
Im Folgenden möchte ich Ihnen die derzeitige finanzielle Situation der Stadt Regensburg samt Rahmenbedingungen darlegen, sowie meine daraus folgenden Gedanken und deren Einordnung mit Ihnen teilen. Dabei werde ich neben dem „finanziellen Narrativ“ auch die Idee für einen „Stufenplan Finanzielle Stabilisierungsmaßnahmen“ (SFS) skizzieren.

III.

Aber der Reihe nach. Ich beginne mit der Wiederholung einiger zentralen „nackten“ Eckdaten unseres Haushaltspakets: Unser Gesamthaushalt für die Stadt Regensburg in 2021 beläuft sich auf rund 982 Mio. Euro (+1,7% im Vergleich zum Vorjahr). Der Haushalt setzt sich zusammen aus dem Verwaltungshaushalt mit rund 725 Mio. Euro (-2,9% i.V.z.V.) und dem Vermögenshaushalt mit rund 257 Mio. Euro (+17,1% i.V.z.V.). Das zur Abstimmung vorliegende Investitionsprogramm beläuft sich planerisch bis 2024 auf rund 681 Mio. Euro – rund 5% weniger, als das bislang gültige IP in Höhe von 721 Mio. Euro. Die Verschuldung wird bis 2024 planerisch auf 469 Mio. Euro steigen.
Meine sehr geehrten Stadträtinnen und Stadträte, ich durfte in den vergangenen Monaten immer wieder in den Austausch mit Ihnen gehen und diese finanzielle Situation besprechen. Daher ist Ihnen bestens vertraut, dass ich ein großer Freund davon bin, blanke Zahlen mit einem „Narrativ“ zu belegen. Ich habe in meiner langjährigen Finanzerfahrung gelernt, dass ein guter Controller „Zahlen liest und Worte spricht“ respektive „Worte hört und Zahlen schreibt“. Vor diesem Hintergrund möchte ich nochmals das Narrativ erklären, das viele von Ihnen ja bereits kennen. Es besteht aus einem Dreiklang und stellt sich wie folgt dar.

III.a)

Die erste Note des Dreiklangs ist das Wegbrechen der Gewerbesteuereinnahmen. Wie allen bekannt ist, werden sich die Gewerbesteuereinnahmen in diesem Jahr wohl auf rund 94 Mio. Euro belaufen. Im nächsten Jahr 2021 rechnen wir dann mit rund 127 Mio. Euro – doch selbst im Jahre 2024 werden wir nicht über 146 Mio. Euro hinauskommen. Das bedeutet im Schnitt ca. 54 Mio. Euro per annum weniger als wir es noch in der letzten „vor-Corona-Planung“ geschätzt hatten. Wenn Sie die Gewerbesteuereinnahmen 2021 heranziehen, werden Sie feststellen, dass die anvisierten 127 Mio. Euro ganze 100 Mio. Euro unter dem langjährigen Schnitt liegen, den viele von Ihnen noch aus den Jahren 2014-2018 kennen.

Ich darf an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen, dass wir in der Kämmerei nicht mit „Gürtel und Hosenträger“ geplant haben – wir „bunkern“ also keineswegs irgendwo noch die ein oder andere Million gleichsam als Reserve. Und selbstverständlich nehmen wir Abstand davon, die zukünftig geplanten Steuereinnahmen vorsätzlich in irgendeiner Weise schlechter zu rechnen. Im Gegenteil: wie ich dem Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen letzte Woche äußerst kurzfristig mitteilen musste, werden aufgrund von Veränderungen in der Berechnung der Schlüsselzuweisung die bislang angenommenen städtischen Einnahmen bis 2024 in Summe nochmals um rund 12 Mio. Euro niedriger ausfallen. Darüber hinaus sehe ich aufgrund der strukturellen Herausforderungen der deutschen Volkswirtschaft – die sich in Regensburg wie in einem Brennglas wiederfindet (als Stichworte mögen hier genügen: industrielle und exportorientierte Basis, Transformation der Automobilindustrie, Digitalisierung der Produktion/Industrie 4.0, Grüne Transformation) auch mittelfristig kein Zurück zu den Gewerbesteuereinnahmen jenseits der 200 Mio. Euro, wie wir sie bis 2018 zu verzeichnen hatten. Da es nichts bringt, sich in schlechten Zahlen zu suhlen – und das auch gar nicht meine Art ist – möchte ich nun zu den Konsequenzen kommen, welche diese anhaltend niedrigen Gewerbesteuereinnahmen meiner Ansicht nach haben.

Auf den Punkt gebracht bedeutet die schwache Einnahmenseite, dass wir - beginnend mit 2021 – planerisch in keinem der weiteren Jahre bis zum Ende des Betrachtungszeitraums 2024 für unsere laufenden Kosten gänzlich würden aufkommen können. Finanziell gesprochen: der Verwaltungshaushalt weißt eine strukturelle Unterdeckung auf. Da es nach der Gemeindeordnung nicht zulässig ist, den laufenden Haushalt über Schulden zu finanzieren - die Corona-bedingte Ausnahme des kommunalen Erleichterungspakets für 2021 und 2022 ziehen wir aus guten Gründen nicht in Betracht -, können wir die strukturelle Unterdeckung nur „heilen“, indem wir ab 2021 auf die Allgemeine Rücklage zurückgreifen, um dadurch den Haushaltsabgleich herstellen können. In diesem „Sparschwein“ befinden sich zum Ende des Jahres 2020 immerhin rund 177 Mio. Euro. Dieses Geld wird nun also ab 2021 verwendet, um die laufenden Kosten zu decken – bis wir die Rücklage dann Ende 2024 vollständig – bis auf die gesetzlich vorgeschriebene Mindestrücklage – geleert haben werden.

III.b)

Die zweite Note im Dreiklang unseres Narrativs spielt im Vermögenshaushalt – dort, wo wir unser Investitionsprogramm finanzieren. Der Vermögenshaushalt wird sich im Jahre 2021 auf rund 257 Mio. Euro belaufen, davon sind allein für das Investitionsprogramms 158 Mio. Euro geplant. Hier stellt sich die Lage wie folgt dar: zum einen wird aus dem Verwaltungshaushalt kein Geld mehr in den Vermögenshaushalt gespült – es kommt kein einziger Euro mehr über diesen Weg an. Die sogenannte Freie Spitze – der Überhang an Geldern im Verwaltungshaushalt, welcher dann in den Vermögenshaushalt für Investitionen transferiert werden kann – ist negativ. Die zweite mögliche Finanzierungsquelle neben der freien Spitze, der Rückgriff auf die Allgemeine Rücklage, ist ebenfalls versperrt: diese wird – wie eben ausgeführt – zu 100 Prozent zur Deckung des Verwaltungshaushaltes verwendet. Somit bleibt für die Finanzierung unserer Investitionen nur eine Möglichkeit: die Verschuldung.

Meinen Damen, meine Herren: jeder Euro, den wir im betrachteten Finanzierungszeitraum bis 2024 investieren wollen, muss – abzüglich von etwaigen Zuschüssen, welche sich im Schnitt bei rund 25% bewegen – über die Aufnahme von Schulden finanziert werden. Nun befinden wir uns in der komfortablen Situation, dass Regensburg zum einen mit aktuell rund 78 Mio. Euro äußerst niedrig verschuldet ist und wir dadurch zum anderen eine exzellente Bonität besitzen. Ich habe beispielsweise erst kürzlich Kreditaufnahmen – noch zur Umschuldung - für 0% Zinsen auf 10 Jahre und zu Negativzinsen auf 5 Jahre unterzeichnet. Das darf uns aber nicht dazu verleiten, zu freizügig in die Schuldenaufnahme zu gehen! Auch wenn der Preis für Geld – die Zinsen – niedrig, ja teilweise sogar negativ ist, müssen diese Gelder ja irgendwann auch zurückbezahlt werden. Und so führt die vorliegende Finanzplanung – mit einem Investitionsprogramm von insgesamt rund 681 Mio. Euro - dazu, dass wir binnen weniger Jahre von den genannten 78 Mio. Euro Schulden heute auf eine knappe halbe Milliarde in 2024 springen. Das ist ein Anstieg der Verschuldung pro Kopf von 508 Euro auf 3.062 Euro. Natürlich sind Schulden generell nicht automatisch „schlecht“ – aber diese Entwicklung werden wir im Auge behalten müssen und Sie können versichert sein, dass ich hier besonderes achtsam sein werde.

III.c)

Der Schlusston unseres Akkordes im finanziellen Narrativ wird begleitet von einem Paukenschlag: die finanzielle Lage ab 2025. Selbstverständlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, wissen auch wir nicht, was sich bis dahin alles ändert. Somit spreche ich ausdrücklich von einer Planung, nach dem Motto von Dwight D. Eisenhower: „Pläne sind nichts, Planung ist alles“. Es geht also mitnichten darum die „Wahrheit“ zu treffen, sondern darum, durch den Planungsprozess ein Verständnis für Zahlen zu entwickeln und daraus abgeleitet bereits heute Handlungsräume zu definieren. Das Planungsszenario des vorliegenden Haushaltspakets zeigt uns eindeutig, dass wir es in 2025 mit zwei beachtlichen Herausforderungen zu tun haben werden.

Fangen wir mit dem Kleineren der beiden Herausforderungen an: Da laut derzeit gültigem Plan - wie in 2024 - auch in 2025 keine Freie Spitze vorliegt, fließt nach wie vor kein Geld aus dem Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt. Das bedeutet, dass wir auch ab 2025 weiterhin parallel mit unseren Investitionen auch unsere Verschuldung weiter in die Höhe werden treiben müssen – also auf die knappe halbe Milliarde Euro Schulden dann noch jedes Jahr, sagen wir, weitere rund 100 Millionen Euro (Investitionsprogramm pro Jahresscheibe abzüglich der Zuschüsse) oben draufsetzen müssen. Das dürfte in jeder Hinsicht zunehmend schwerer fallen, auch und vor allem im Hinblick auf eine mögliche Zinswende.

Die größere Herausforderung jedoch ist und bleibt der Verwaltungshaushalt. Auch in 2025 ist mit einer Unterdeckung zu rechnen – allerdings haben wir dann keine Allgemeine Rücklage mehr, um diese Unterdeckung auszugleichen. Anders formuliert: wir blicken für 2025 in ein millionentiefes Loch und haben - Stand Planung heute - keine Mittel, um dieses Loch zu füllen. Dies würde dann zu einem nicht genehmigungsfähigen Haushalt führen und uns in eine wahrlich unschöne Lage versetzen.
An dieser Stelle ist es meines Erachtens angebracht, nun auch diejenige Instanz zu Wort kommen zu lassen, welche über die Genehmigung unseres Haushaltes verfügt: die Regierung der Oberpfalz. Bereits zum kürzlich genehmigten Nachtragshaushalt 2020 hat uns die Regierung folgende Bewertung ins Stammbuch geschrieben: „Die Stadt Regensburg [wird] (auf)gefordert, sämtliche Ausgabenpositionen sowohl im Verwaltungs- als auch im Vermögenshaushalt auf den Prüfstand zu stellen, um handlungsfähig zu bleiben und notwendige Pflichtaufgaben erfüllen zu können.“
Meine Damen, meine Herren, werte Kolleginnen und Kollegen: Sie sehen, gesunde Finanzen sind das Gestaltungskapital unserer Demokratie! Ein nicht genehmigungsfähiger Haushalt bedeutet, die Stadt würde nur noch und ausschließlich ihren gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtaufgaben nachkommen. Für mein Referat würde das bedeuten, dass beispielsweise die Wirtschaftsförderung – keine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtaufgabe! – betroffen wäre. Sie können sich gerne ausmalen, welche Folgen eine ausschließliche Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtaufgaben in Ihrem Referat, Ihrem Direktorat bzw. in Ihrem – sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte - angestammten Politikfeld bedeuten würde. Ein Zustand, den wir uns dringend ersparen (buchstäblich!) sollten!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass mir ganz bewusst ist: dieses finanzielle Narrativ ist keine Gewissheit. Es muss nicht so kommen, ja einige von Ihnen werden sagen
„was ist mit den Ausgleichszahlungen von Bund und Freistaat?“,
„was ist mit den Anzeichen für eine schnelle konjunkturelle Erholung“, oder
„was ist mit der Tatsache, dass wir in der Vergangenheit das Investitionsprogramm noch nie in dem Maße umsetzen konnten, wie wir es geplant hatten?“
Ich kann Ihnen nur entgegnen, ja, Sie mögen Recht haben, ABER …

ABER: momentan steht es noch vollständig in den Sternen, ob Bund und Freistaat auch in 2021 den Kommunen finanziell in Form einer Kompensation für die Ausfälle bei der Gewerbesteuer zur Seite springen werden. Wir wissen es einfach nicht und sollten mögliche positive Auswirkungen nicht schon auf der Habenseite verbuchen, bevor sie auf unserem Konto eingegangen sind.

ABER: was die konjunkturelle Erholung betrifft - einige von Ihnen sind es gewohnt, ja erwarten es vielleicht sogar, in der Haushaltsrede einen volkswirtschaftlichen Rahmen gesteckt zu bekommen. Das hatte mein Vorgänger gerne und richtigerweise gemacht: ein Überblick über die weltweiten Handelsströme, Entwicklungen in den Wechselkursen, Inflationsraten, Zinskurven, etc.– und was das alles für unsere Wirtschaft in Regensburg und somit für unsere Steuereinnahmen und Arbeitsplätze bedeutet. Wie Sie vielleicht wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ich bin u.a. Volkswirt und bin dazu durchaus in der Lage – nur: in Zeiten von Corona macht das einfach keinen Sinn. Die Wahrheit ist doch: niemand weiß, wie es wirtschaftlich weitergehen wird – wir fahren auf Sicht! Daher habe ich mir erlaubt, ausnahmsweise auf dieses „volkswirtschaftliche Präludium“ in meiner heutigen Haushaltsrede verzichten.

ABER: auch etwaige oder sogar wahrscheinliche Haushaltsreste im Investitionsprogramm werden das strukturelle Problem im Verwaltungshaushalt nicht lösen, sondern lediglich den Anstieg der Verschuldung bremsen. Zur Erinnerung: wir finanzieren die Investitionen über Neuverschuldung, nicht über die freie Spitze oder die allgemeine Rücklage. Erstere ist negativ, zweitere ist zu 100% reserviert für die Unterdeckung im Verwaltungshaushalt.
Kurzum: Hoffnungen sind gut und wichtig, als Kämmerer kann und darf ich aber nur mit „harter Währung“ rechnen!

IV.

Nein, meine Damen und Herren, positive, externe Entwicklungen nehmen wir zwar gerne und dankbar zur Kenntnis (und z.B. über den Finanzausschuss des bayerischen und deutschen Städtetages setze ich mich natürlich für weitere Unterstützungspakete für die Kommunen ein) – aber es darf meiner Überzeugung nach nicht unser Handlungsleitfaden sein. Ich möchte uns alle vielmehr dazu aufrufen, den Blick nach innen zu werfen und uns zu fragen: was haben wir selbst in der Hand, worauf haben wir unmittelbar Einfluss, was können wir tun? Hier kommt nun die zweite der eingangs angeführter Begrifflichkeit meiner Haushaltsrede ins Spiel: die Idee für eine Art „Stufenplan Finanzielle Stabilisierungsmaßnahmen“ (SFS).

Meine Damen, meine Herren, wir haben alle in den letzten Wochen und Monaten – eigentlich schon seit Beginn der Corona-Krise – gemeinsam darum gestritten, was die richtigen Reaktionen auf die schwierige finanzielle Lage der Stadt Regensburg ist. Da gab und gibt es viele gute Vorschläge – sowohl von Seiten des Stadtrats (Regierung und Opposition) als auch von Seiten der Verwaltung. Diese gilt es nun zu bündeln, zu konkretisieren, abzustimmen und dann in ein arbeitsfähiges Format zu bringen – sprich eine Art Stufenplan für finanzielle Stabilisierungsmaßnahmen zusammen zu stellen. Was meine ich damit?

Unter Stabilisierungsmaßnahmen verstehe ich alles, was uns die Handlungsfähigkeit im Verwaltungs- und Vermögenshaushalt aufrechterhält. Mit Stufenplan meine ich, dass es – abhängig von der Dringlichkeit der jeweiligen finanziellen Lage – verschiedene, klar definierte Maßnahmenpakete gibt, welche dann in einer akuten Notsituation nicht mehr konzipiert, sondern im Idealfall nur noch im Feinschliff diskutiert, und dann schnell umgesetzt werden müssen.

Warum ist mir der Stufenplan so wichtig? Zugegeben, wir alle wurden von der Wucht der Corona-Pandemie überrollt. Darüber hinaus ist die Krise nach wie vor nicht ausgestanden, es kann jederzeit zu erneuten, unerwarteten Verwerfungen kommen. Doch auch in einer Schock-Situation gilt es, kühlen Kopf zu bewahren.
Was ist nun also der präferierte Handlungspfad? Lassen Sie uns alle dankbar zur Kenntnis nehmen, dass uns die Allgemeine Rücklage wahrscheinlich bis 2024 den Rücken freihält, um angemessen, achtsam und erfolgreich auf die sich uns stellende Krise zu reagieren. Diese 177 Mio. Euro ermöglichen uns einen äußerst wertvollen „Zeitpuffer“, den wir verantwortungsvoll nutzen sollten. Es gilt nun,

zielstrebig aber nicht rücksichtslos,
gründlich aber nicht detailverliebt,
zügig aber nicht überhastet

eine Antwort zu finden, worin genau unsere finanziellen Stabilisierungsmaßnahmen bestehen. Je früher wir diesen Prozess zur Erstellung der Maßnahmen strukturiert aufgleisen, desto besser.

Im Übrigen ist ein solcher Stabilisierungsplan auch ein Nachweis unserer Professionalität (nennen Sie es gerne auch „Vertrauensbeweis“) gegenüber der Regierung, aber auch gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern, gegenüber den Unternehmen und anderen Organisationen in Regensburg: Wir haben den Ernst der Lage erkannt und werden angemessen und klug reagieren! Eine solche Vorgehensweise wäre auch im Sinne der Aufforderung unserer Regierung, die ich abschließend nochmals zu Worten kommen lassen möchte: „die derzeit vorhandenen Rücklagenmittel verschaffen der Stadt ein finanzielles Polster und einen zeitlichen Puffer, den die Stadt ohne Verzögerung nutzen sollte, die erforderlichen Veränderungen auf den Weg zu bringen.“

Meine Damen, meine Herren, die gute Nachricht ist: das, was den Kernbereich der Stabilisierungsmaßnahmen bilden kann, kennen Sie bereits. Es ist die Aufgaben- und Ausgabenkritik, welcher sich die Stadtverwaltung stellen möchte und welche vom Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband (BKPV) durchgeführt werden soll. Die Ergebnisse daraus werden dann in unseren Stabilisierungsmaßnahmen Eingang finden und uns einen ersten Rahmen für die zukünftigen Herausforderungen stecken. An diesem Punkt möchte ich aber an meine weiter oben vertretene Aussage anknüpfen, dass wir uns nicht zu sehr auf externe Faktoren verlassen dürfen. Deswegen meine ich in Bezug auf den BKPV: ja, das ist wichtig und relevant – es darf uns aber nicht davon abhalten, selbst mutig und mit Tatendrang unsere eigenen Ideen zu Papier zu bringen. Hier gilt es vor allem im Verwaltungshaushalt den Bereich der Personalaufwendungen anzugehen und konstruktive Lösungen zu finden. Wir stehen in der Verantwortung und sollten diese auch selbst wahrnehmen! Sie kennen das Bonmot der Krise als Chance – ganz im Sinne der alten Griechen – um eine entscheidende Wendung herbeizuführen. Hoffentlich gelingt es uns, die derzeitigen finanziellen Verwerfungen tatsächlich auch als eine solche Chance zu sehen. Nämlich als den berühmten „Piks in den Hintern“, den es manchmal braucht, um die Dinge grundsätzlich und gründlich zu hinterfragen und wo nötig beherzt anzupacken - anstatt nur leichte Veränderungen an der Oberfläche vorzunehmen.

V.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss meiner Rede: alles in allem haben wir es in der eigenen Hand! Wir haben ein gutes Blatt: die Allgemeine Rücklage gibt uns den nötigen Zeitpuffer, um in den nächsten Monaten eine Transformation sowohl im engeren (finanziellen) Sinne, als auch im weiteren (Aufgaben-, und Organisationskritik im Spiegelbild der gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen) Sinne auf den Weg zu bringen. Mit Verlaub: dabei lenken Diskussionen über mögliche Ausgleichszahlungen von Bund/Freistaat nur ab. Mich stimmt etwas anderes äußerst positiv: Nach den vielen und intensiven Gesprächen, die ich draußen in den Regensburger Unternehmen führe, stelle ich fest: viele warten nur darauf, dass Corona wieder vorbei ist und sie an die alte Dynamik anknüpfen können. Auch unsere Hochschulen sowie die Handwerks- und Industriebetriebe schlagen sich tapfer in der Krise und bilden nach wie vor die jungen und motivierten Menschen aus, die unsere Zukunft maßgeblich gestalten werden. Wir haben gemeinsame Ideen und Konzepte in der Pipeline, die wir umsetzen, sobald es wieder möglich ist. Ich bin überzeugt: wenn wir unser Blatt klug spielen, werden wir in der post-Corona Zeit in der Lage sein, Regensburg auf den nächsten Entwicklungspfad zu setzen und somit gemeinsam wieder dorthin zu bringen, wohin es finanziell, aber eben auch gesellschaftlich, sozial und technologisch gehört: Regensburg - Spitze an der Donau!

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung für das vorliegende Haushaltspaket und Mitwirkung auf dem weiteren gemeinsamen Weg zu soliden Finanzen in Regensburg, vielen herzlichen Dank.
Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß.