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Volkstrauertag 2019

Rede von Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer anlässlich der Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag am 17. November 2019 um 11.45 Uhr am Ehrenmal

- Es gilt das gesprochene Wort. -

Anrede

Heute ist ein stiller Tag, an dem wir bewusst innehalten und der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedenken. Wir gedenken der Millionen Toten, die ihr Leben in einem der beiden Weltkriege, aber auch in allen anderen Kriegen auf dieser Welt lassen mussten.

Wir wollen uns an all das Leid erinnern, das Kriege über uns Menschen bringen – weltweit: über Frauen, die ihre Männer verlieren, über Kinder, die ihre Eltern verlieren, und über Väter und Mütter, die ihre Kinder verlieren.   

Über 74 Millionen Menschen weltweit fanden allein im Ersten und Zweiten Weltkrieg den Tod. Die Städte, die Dörfer und die Herzen der Menschen lagen in Trümmern. Hass und Gewalt brachten Elend, Leid und nie wieder gut zu machendes Unrecht, das den von Nationalsozialisten verfolgten und getöteten Menschen angetan wurde.

Unsere Gedanken sind daher heute auch bei den Hinterbliebenen der Opfer der Weltkriege, die noch immer unter ihrem Verlust leiden.

Unsere Großeltern und Eltern waren Zeugen dieser schrecklichen Ereignisse. Doch die Erinnerung schwindet mit den Jahren. Die Zeitzeugen sterben und die Nachkommen der Kriegsgeneration verlieren den Bezug zu vergangenen Ereignissen. Damit genau das nicht passiert, sind Gedenktage wie der Volkstrauertag so wichtig.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke ich Ihnen, dass Sie sich an diesem Sonntagmorgen aufgemacht haben, um hier, am Ehrenmahl, diesen Gedenktag als einen Tag der Trauer und zugleich der Mahnung zu begehen. Möge er uns erinnern an unsere Aufgabe, den Frieden zu bewahren.

Wir haben das Glück, heute in einem friedlichen Europa leben zu dürfen. Unsere Familien dürfen sicher aufwachsen und wir können unser Leben weitgehend nach unseren Vorstellungen gestalten. Die Angst, Familienmitglieder und Freunde zu jung beerdigen zu müssen, unser Hab und Gut durch Bomben zu verlieren oder selbst Opfer eines Krieges zu werden, ist uns in der Regel fremd. Unsere Kinder wachsen in einem Land auf, in dem Frieden selbstverständlich ist.

Doch ist er das?

Ich finde nicht. Wenn wir uns die aktuellen politischen Entwicklungen auf der ganzen Welt ansehen, dann bin ich zugegebenermaßen in Sorge um den Frieden. In vielen Ländern dieser Erde setzen sich zunehmend Autokraten durch, die sich nicht gerade durch diplomatisches Verhalten auszeichnen: Offene Drohungen und Säbelrasseln gehören scheinbar wieder zum politischen Geschäft.

Die Außenpolitik mancher Staaten lässt sich bestenfalls chaotisch nennen. Da werden Verbündete brüskiert, mühsam zustande gekommene Abkommen gekündigt –   scheinbar nach Lust und Laune. Ich würde mir auch hier mehr Stille und weniger Getöse wünschen.

Der Weltfrieden ist in meinen Augen zu einem zerbrechlichen Gut geworden, dass wir mehr denn je schützen müssen. Damit das gelingen kann, sind auch wir selbst gefragt. 

Wir müssen Hass, Diskriminierung und Gewalt bereits im Keim ersticken. Lassen Sie uns daher hier und heute  bekunden, dass wir nicht den immer lauter werdenden Stimmen gehorchen, die Ängste schüren und Gräben vertiefen.

Unsere Gesellschaft lebt von Akzeptanz, Pluralismus, Individualität und Toleranz. Demokratische Grundprinzipien zu wahren, ist die Voraussetzung für eine friedvolle Gesellschaft. Wir müssen zusammenhalten und über Grenzen hinweg denken. Interkulturelle Begegnungen bauen Vorurteile ab und fördern gegenseitiges Verständnis. Wir müssen erkennen, dass unsere Nachbarn Freunde, und keineswegs Feinde sind.

Nicht überall auf der Welt funktioniert das so gut wie in Deutschland. Noch immer wüten Kriege unbarmherzig und fordern unzählige Opfer. Tag für Tag. Nicht alle Menschen haben das Glück so friedvoll aufzuwachsen. In einigen Teilen der Welt gehören Explosionen, Bomben, Vertreibung und Tod zum Alltag. Für diese Menschen ist ein Land wie Deutschland die Rettung. Lassen Sie uns auch in Zukunft diesen verzweifelten Menschen helfen.

Viele der Menschen, die zu uns kommen, haben alles verloren. Oft gehören sie zu den wenigen Überlebenden ihrer Familien, die voller Angst und Verzweiflung ihre Heimat verlassen mussten. Begleitet von Trauma und seelischem Schmerz, suchen diese Menschen bei uns Schutz. Schutz vor Bomben, Schutz vor Zerstörung und Verfolgung.

Helfen Sie ihnen!

Sie sind die Stimmen der Gegenwart, denen wir Gehör schenken müssen – genauso wie den mahnenden Stimmen unserer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern nie verstummen dürfen, damit Kriege der Vergangenheit angehören.

Bevor wir nun gleich das Totengedenken sprechen, lassen Sie mich noch einen ganz bestimmten Personenkreis ansprechen:

In unserer Mitte befinden sich immer noch Soldatinnen und Soldaten, die Krieg erlebt haben und darunter leiden. Ob seit 70 Jahren, oder erst seit kurzem. Sie haben Dinge erlebt, die zum Glück nur wenige unter den hier Anwesenden selbst erleben mussten. Ich bedaure sehr, was sie und Ihre Angehörigen ertragen mussten.

Ich möchte daher heute auch all unseren Bundeswehrsoldatinnen und Soldaten von ganzem Herzen danken, die in verschiedenen Ländern dieser Erde zu humanitären Einsätzen entsandt werden und so einen Beitrag zur Sicherung des Weltfriedens leisten.

Zum Abschluss möchte ich Sie nun bitten, bewusst inne zu halten und der Menschen zu gedenken, die dem Krieg zum Opfer gefallen sind oder unter den schrecklichen Auswirkungen eines Krieges leiden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

so denken wir heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.

Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.

Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.

Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.

Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.

Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind. Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz.

Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.

Lassen Sie uns dazu beitragen!

Vielen Dank!