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Haushaltsrede Stadtrat, Norbert Hartl

- Es gilt das gesprochene Wort -

Frau Bürgermeisterin, Kolleginnen und Kollegen,
geschätzte Damen und Herren der Stadtverwaltung,

vor den haushaltsrelevanten Aussagen ein kleiner Vorspann, den ich bitte, geduldig zur Kenntnis zu nehmen. Ich habe lange überlegt, ob ich nach 42 Jahren Stadtrat zum Abschied noch einmal eine Haushaltsrede halten soll. Habe mich dann aber doch dafür entschieden. Es wird eine sozialdemokratische Rede sein, obwohl ich aus der SPD und aus der Fraktion aus den bekannten Gründen ausgetreten bin.
Ich habe die Erlebnisse der letzten drei Jahre hier im Stadtrat abgehakt, es geht mir gut, ich blicke optimistisch in einen Lebensabschnitt ohne Stadtrat. Das Verhalten der Mehrheit hier im Stadtrat hat mir geholfen, mich auf ein Leben ohne Stadtrat zu freuen. Mein Freispruch hat vielleicht dem einen oder anderen aufgezeigt, mit vorschnellen Urteilen in Zukunft vorsichtig zu sein.
Ich werde die letzten 6 Monate bis zum 1.Mai 2020 mein Fachwissen wie immer einbringen und meine Stadtratstätigkeit ordentlich beenden.

Haushalt 2020

Den Haushalt 2020 betrachte ich als Abschlusshaushalt der letzten 12 Jahre, in denen ich 9 Jahre an führender Stelle Mitverantwortung getragen habe, deshalb stimme ich zu. Bedenken bezüglich der Entwicklung in den letzten drei Jahren möchte ich deshalb nicht am Haushalt 2020 festmachen, obwohl es notwendig gewesen wäre, die Leistungsfähigkeit der Stadt Regensburg für die Zukunft bereits im HH Jahr 2020 durch entsprechende Maßnahmen im Verwaltungshaushalt zu verbessern. Insbesondere wäre es notwendig gewesen, den Personalhaushalt zu durchforsten. Im letzten Jahr meiner Stadtratszugehörigkeit will ich keine Blockade des Haushalts, mit all den Auswirkungen für die Stadt. Ich stimme trotz Bedenken zu.
Mittelfristige Investitions- und Finanzplanung
Die Finanzplanung sieht nicht so gut aus, vom Verwaltungshaushalt kann ab 2023 nur noch die Mindestzuführung zum Vermögenshaushalt geleistet werden. Auf alle Fälle ist der Verwaltungshaushalt in allen Ausgabepositionen zu überprüfen. Das ist aber Aufgabe des neuen Stadtrats. Zusätzlich gibt es einige Unsicherheitsfaktoren, auf die ich später noch eingehe. Wenn ich dem nächsten Stadtrat angehören würde, wäre ich bereit für Wohnen, Schulen und Kindergärten, falls notwendig, eine Neuverschuldung einzugehen, zum jetzigen Zeitpunkt sicher nicht für ein drittes Rathaus. Warum seit drei Jahren das halbe Gebäude der Sparkassenzentrale leer steht und nicht für Dienststellen der Stadtverwaltung genutzt wird, ist in diesem Zusammenhang zu hinterfragen.

Wohnungspolitik

In Sachen Wohnungsbau genügt das mittelfristige Programm den Erfordernissen des Bedarfs nicht. Die Initiativen der großen Koalition 2008 - 2014 und der Gestaltungsmehrheit von 2014 - 2017 wirken sich auf die Bautätigkeit bis 2020 aus. Die letzten drei Jahre wurden leider nicht genutzt, diese Erfolge fortzusetzen. In den Jahren 2020 - 2023 entstehen deshalb Lücken bei fertiggestellten Wohnungen in erheblichem Umfang. Erforderliche Bebauungspläne werden zu langsam umgesetzt. Besondere Bemühungen des Stadtrats sind leider nicht erkennbar. Es gibt genügend Beispiele. Bei neuen Ideen wie bei der Prüfung einer Wohnbaumöglichkeit im Gleisdreieck, wird die Richtlinienkompetenz des Stadtrates nicht ausreichend wahrgenommen. Hier regiert die Stadtverwaltung und nicht der Stadtrat, wie man an dem Nein der Verwaltung zu Wohnungen im Gleisdreieck und an vielen anderen Beispielen sieht.
Das Instrument Stadtbau wird völlig unzureichend genutzt. Eine Eigenkapitalaufstockung durch Zuschüsse, Übereignung von weiteren Erbbaurechtsgrundstücken oder durch Zuweisung von kostenlosen Grundstücken, wie in der Nibelungenkaserne auf meine Initiative geschehen, sind Fehlanzeige.
Einschließlich zweier Wohnbauten mit 75 WE, die die Stadtbau mit dem Programm Wohnungspakt Bayern für die Stadt durchführt, sollen 2020 – 2023 nur dreihundert Wohnungen fertiggestellt werden. Von der Stadtbau also 225 WE. Das ist für vier Jahre viel zu wenig. Die angeblich 2024 fertiggestellten 350 Wohnungen in der Prinz - Leopold - Kaserne würden zwar die Bilanz verbessern, die Zweifel daran sind aber berechtigt, wenn man sich die Programmplanung des Bebauungsplans betrachtet.
Wer in der Prinz-Leopold-Kaserne keine 800 Wohnungen unterbringt, braucht sich über teure Baupreise in Regensburg und fehlende Flächen nicht zu wundern. Die Nutzung weiterer Instrumente, wie etwa eine Bautätigkeit durch die Stiftungen, ebenfalls Fehlanzeige. Eine enge Kooperation mit der Stadtbau findet nicht statt.
Das einzige Projekt, bei dem neben dem Bau von Sozialwohnungen auch bei Eigentumswohnungen eine Mietpreisbeschränkung eingeführt wurde, ist die Nibelungenkaserne. Dieses von mir angeregte Instrument sollte bei allen künftigen Baugebieten Bestandteil der Verträge sein. Nur auf diese Weise ist eine echte Mietpreisdämpfung in unserer Zuständigkeit, zusätzlich zu den Bundesgesetzen, möglich.
Ebenso ist künftig auf die Nebenkosten, wie in der Nibelungenkaserne geschehen, Einfluss zu nehmen. Dort zahlen die Bewohner die niedrigsten Nebenkosten in ganz Regensburg. Was wurden hier im Stadtrat für Schauermärchen noch vor einem Jahr erzählt. Eine 40 % Sozialquote wäre, wenn es nach mir gegangen wäre, bereits 2016 eingeführt worden, die Koalition aber war erst drei Jahre später bereit hier zu handeln.

Gewerbegebiete

Die Erschließung neuer Gewerbegebiete ist zu zögerlich in das Investitionsprogramm eingestellt. Durch neue Gewerbegebiete wird die Finanzkraft der Stadt zur Realisierung z. B. von Schulen gestärkt. Hier sind in der Mittelfristigen Investitionsplanung Anpassungen durch entsprechende Erschließungsmaßnahmen vorzunehmen. Die Vorstellung wegen fehlender Wohnungen keine Gewerbegebiete mehr auszuweisen, wie hier kürzlich beantragt, ist ein ganz neuer Ansatz. Es ist nur zu hoffen, dass solche und andere abwegige Ideen auch im nächsten Stadtrat Minderheitsmeinungen bleiben.

Straßenbau

Straßenbau zu einer Zeit zu forcieren, in der der Wohnungsbau und der Bau von Schulen und Kindergärten Vorrang haben müssen, ist natürlich nicht geboten.
Trotzdem ist dort, wo das Wohnen bzw. die Sicherheit erheblich beeinträchtigt ist, Abhilfe zu schaffen wie bei der Obertraublinger Straße, der Prüfeninger Straße oder der Sallerner Regenbrücke.
Die Eisackbrücke zu bauen ohne gleichzeitiger Verlängerung der Leibnizstraße, um den Durchgangsverkehr aus Irl herauszubekommen, ist ein Hirschauer Stückl.
Das Trauerspiel um die Sallerner Regenbrücke hat nun einen neuen Höhepunkt. Durch die gerichtlichen Auflagen 2016 mussten die Planfeststellungsunterlagen überarbeitet werden. Nachdem die Überarbeitung nun abgeschlossen ist, sagt die Regierung, jetzt muss noch einmal überarbeitet werden, weil die Verkehrsprognose statt bis 2030 bis 2035 ausgedehnt werden soll. Also die Arbeit weitgehend für die Katz. Die Planfeststellung verzögert sich weiter, die Gegner einer Sallerner Regenbrücke freuen sich. Nun gilt es aufzuklären, wer für diesen Wirrwarr verantwortlich ist, die Regierung oder die Stadt.

Radverkehr

Das Radverkehrsprogramm im Investitionsprogramm erhält meine volle Zustimmung. Verwaltung und Stadtrat nehmen sich hier viel vor. Auch die zusätzlichen Maßnahmen, resultierend aus dem Bürgerbegehren, haben meine volle Zustimmung. Interessant ist nur, dass die Feldwege nun geteert werden sollen, weil nur so der Radfahrweg ganzjährig nutzbar ist, was ich unterstütze. Vor ein paar Jahren gab es ein Riesentheater bezüglich des Radweges an der Donau, der nicht geteert werden durfte. So ändern sich die Zeiten. Bezüglich des Verhaltens der Radfahrer im Straßenverkehr erlaube ich mir eine kleine Anmerkung: Ein vernünftiges Miteinander Fußgänger, Radfahrer und Autoverkehr ist nur möglich, wenn auch die Radfahrer sich an die Verkehrsregeln halten wie Fahren mit Licht, keine Geisterradler und Rücksicht auf Fußgänger, besonders im Altstadtbereich.

Mobilitätsdrehscheibe, ÖPNV, ZOB, Stadtbahn

Stadtbahn ja, wann und wie eine Realisierung möglich ist, wird sich zeigen. Bis dahin ist eine weitere Optimierung der Buslinien notwendig. Über Tangentiallinien wird seit 20 Jahren geredet, gemacht wird jedoch nichts. Für einen neuen Zentralen Omnibusbahnhof fehlt es ebenfalls am notwendigen Nachdruck, bzw. wird hier sehr viel zerredet, wie zum Beispiel die unsinnige Debatte über einen Erhalt des Kepler Baus zeigte. Ebenfalls zu langsam geht es mit dem Bau einer Mobilitätsdrehscheibe am Unteren Wöhrd voran, die vielleicht 2026 realisiert wird. Statt 1500 - 2000 Parkplätze, die ohne Problem machbar sind, darf die Verwaltung einen Vorschlag mit 1100 Stellplätzen dem Stadtrat vorlegen. Wo bleibt hier die Richtlinienkompetenz der Politik? Nur mit mehr Stellplätzen an der Mobilitätsdrehscheibe, einer besseren Ausnutzung der Stellplätze an der Conti- und der Donau Arena und dem Bau zusätzlicher Anwohnerstellplätze ist ein schlüssiges Gesamtkonzept für die Altstadt möglich.
Am Dienstag im Planungsausschuss haben Sie, Frau Bürgermeisterin, meine Anregung aufgegriffen, die Frage der
Stellplatzkapazität im Beschluss offen zu lassen. Nur ohne diese Vorfestlegung ist ein sachgerechter Bürgerdialog und ein ergebnisoffener Realisierungswettbewerb möglich.

Schulen – Kindergärten – Horte – Krabbelstuben

Das mittelfristige Programm sieht viele Maßnahmen vor, die positiv zu bewerten sind, trotzdem ist das Programm vom neuen Stadtrat unverzüglich zu überarbeiten. Es muss überprüft werden, ob die mit diesem Programm erfolgten Verschiebungen nach hinten rückgängig zu machen sind. Bei den Gymnasien sind zusätzliche Maßnahmen, insbesondere für das G9, erforderlich. Im sonstigen Schulbereich fehlt es an Ganztagseinrichtungen. Ebenso sind zusätzliche Maßnahmen im Vorschulbereich erforderlich. Wie ich schon gesagt habe, wäre ich bereit, für den Teilbereich Schulen und Vorschuleinrichtungen auch eine Neuverschuldung in Kauf zu nehmen. Natürlich ist mir klar, dass dies besonderer zusätzlicher Anstrengungen bedarf, was nicht so einfach ist. Hier ist der neue Stadtrat gefordert.
Extra erwähnen möchte ich ein Projekt Kinderhaus Burgweinting mit drei Kindergartengruppen, zwei Krippengruppen und einer Integrativgruppe, welches auf der ehemaligen Hofstelle Bergmann an der Obertraublinger Straße im Jahr 2021 entstehen soll. Allen Respekt den Erben, die eine dem Gemeinwohl dienende Nutzung wollen und auf eine lukrative Verwertung des Grundstücks verzichten.

Städtische Töchter

Zur Stadtbau habe ich schon einiges gesagt, zur Evangelischen Stiftung und den dortigen Mängeln, wie z. B. eine Entscheidungsunfähigkeit in Sachen Evangelisches Krankenhaus oder des Einbringens von Stiftungsgrund zum Zwecke einer Wohnbebauung, will ich mich gar nicht weiter äußern.
Beim Bürgerheim Kumpfmühl ist das jährliche Defizit ca. zwei Mio. Eine Reihe an Verbesserungsvorschläge, die eine Arbeitsgruppe ausgearbeitet hat, der ich angehörte, sind die letzten drei Jahre nicht realisiert worden. Einnahmeverbesserungen durch Lohndumping beim Pflegepersonal meine ich dabei nicht.

REWAG / SWR

Die Defizite der Stadtwerke, bis dato durch die Gewinne der Rewag weitgehend abgedeckt, steigen laut Mittelfristige Finanzplanung auf ca. 20 Millionen pro Jahr, die von der Stadt auszugleichen sind. Gleichzeitig rechnet man bei der Rewag mit weiteren Gewinnsteigerungen. Dieses Szenario glaube ich, ist angesichts der Marktsituation bei Strom und Gas nicht möglich, ohne Kunden zu verlieren. Das heißt, der städtische Haushalt wird noch höhere Ausgleichszahlungen leisten müssen als im Finanzplan abgebildet, um die Aufgaben bei Bus, Bädern, Arena usw. leisten zu können. Bisher waren Strom- und Gaspreise bei der Rewag maßvoll, die Erhöhungen zum 1.1.2020 für einen Haushalt bei Strom und Gas von fast 140 Euro pro Jahr, bzw. ca. 7% sind nicht angemessen und werden von mir abgelehnt. Es kann auch nicht sein, dass die massiven Kostensteigerungen beim Bau des neuen Rewag - SWR Verwaltungsgebäudes auf die Strom- und Gaskunden abgewälzt werden. Die Fläche des bisherigen Rewag Gebäudes sollte für Wohnungsbau verwendet werden. Bei den Stadtwerken finde ich äußerst positiv, dass das Jobticket und die Jahreskarte ab Januar 2020 noch attraktiver werden.
Noch ein Wort zur Arena: Es war goldrichtig, die Arena als wichtige Infrastrukturmaßnahme zu bauen. All die Bedenkenträger hier im Stadtrat und bei der Presse hatten unrecht. Die Zuständigkeiten für die Arena sollten ausschließlich auf die Stadtwerke übergehen. Die jetzige Doppelzuständigkeit Stadt und SWR verzögert Entscheidungen.

Schlussworte

Wie schon gesagt, ich stimme dem Haushalt 2020 zu, der Mittelfristigen Finanzplanung und dem Mittelfristigen Investitionsprogramm nicht. Ich wünsche dem neuen Stadtrat, der die nächsten Haushalte zu verantworten hat, alles Gute zum Wohle der Stadt Regensburg. Ich bedanke mich bei der Verwaltung, die mich in den 42 Jahren, die ich diesem Haus angehörte, immer sachgerecht beraten hat. Ich habe in den 42 Jahren mein Bestes gegeben, war immer leistungsorientiert und vor allem, was heute ja nicht mehr so selbstverständlich ist, ein zuverlässiger Partner der Verwaltung und auch der jeweiligen Koalitionen, denen ich angehörte.
An oberster Stelle stand immer mein Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger, insbesondere für meine Burgweintinger und Hartinger.
Sicher war ich nicht immer ein bequemer Partner, aber jedermanns Liebling zu sein, war auch nicht mein Ziel. Dass die Presse an meinem Wissen interessiert war, aber meinen Einsatz wenig schätzte, weiß ich, kann aber damit gut leben.
Ich bedanke mich bei all denen im Stadtrat, die mir kollegial verbunden waren und sind.
Danke für das geduldige Zuhören