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Haushaltsrede Fraktionsvorsitzender Freie Wähler, Ludwig Artinger

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr verehrte Frau Bürgermeisterin Maltz - Schwarzfischer,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Huber,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Vertreter der Verwaltung,
liebe Regensburgerinnen und Regensburger,
sehr geehrte Vertreter der Presse,

Zu Beginn dieser Stadtratsperiode hätte wohl kaum jemand einen Pfifferling darauf gewettet, dass diese Koalition auch nur ein Jahr hält.

Ich kann mich noch gut an die Aussage des früheren Fraktionsvorsitzenden der SPD,  Herrn Hartl, erinnern, der gesagt hat, man könne mit den sogenannten „Kleinen“ nicht zusammenarbeiten, es sei einfacher, einen Sack Flöhe zu hüten, als mit denen zu regieren.

All diesen düsteren Prophezeiungen, die gelegentlich auch Wunschvorstellungen waren, zum Trotz: Diese Koalition hat gehalten und nicht nur – cum grano salis – reibungslos funktioniert, sondern auch erfolgreich regiert.

Sie hat damit Verantwortung für diese Stadt in einer Zeit übernommen, die jedenfalls die letzten knapp 3 Jahre nicht einfach war; immerhin ist uns im Januar 2017 der Oberbürgermeister abhandengekommen!

Und wir Freie Wähler waren ein konstruktiver und verlässlicher Teil dieser Koalition.

Die gute wirtschaftliche Lage in den letzten Jahren hat viel Geld in die städtischen Kassen gespült und es uns damit ermöglicht, Jahr für Jahr ambitioniertere Investitionsprogramme aufzulegen, mit dem eine Vielzahl von Kinderbetreuungseinrichtungen, Generalsanierungen, Neu- und Erweiterungsbauten von Schulen, die Hauptfeuerwache, der Ankauf der Prinz-Leopold- und Pionierkaserne sowie zahlreiche weitere Projekte finanziert und die Infrastruktur damit  insgesamt deutlich verbessert werden konnte. Gleichzeitig konnten wir hohe, Jahr für Jahr wiederkehrende Defizite bei ÖPNV, Theater oder Bädern ausgleichen.

Trotzdem sind wir  sorgsam und verantwortlich mit dem Geld unserer Bürgerinnen und Bürger umgegangen.

Wir können deshalb stolz auf unsere Abschlussbilanz sein.

Wir haben Stand Ende 2013 161 Mio. an Schulden von der Vorgängerregierung übernommen, Ende 2019 werden es noch knapp 80 Mio. und damit nicht einmal mehr die Hälfte des übernommenen Anfangsbestandes an Schulden sein.

Leider Gottes hat sich die Konjunktur aus Gründen, die nicht in Regensburg, sondern in der weltwirtschaftlichen Entwicklung liegen, eingetrübt.

Wir werden deshalb auch in Regensburg in den nächsten Jahren kleinere Brötchen backen und noch mehr als bisher jeden Cent zweimal umdrehen müssen, bevor wir ihn ausgeben.

Trotz allem besteht aber kein Grund für Schwarzmalerei und Wehklagen.

Immerhin werden wir z. B. bei der Gewerbesteuer trotz des deutlichen Einbruchs von 50 Mio. immer noch 170 Mio. einnehmen und dieses Niveau auch in den nächsten Jahren voraussichtlich sogar  mit leicht steigender Tendenz halten können.

Viele andere Städte in Deutschland wären froh, wenn sie sich mit solchen Problemen herumschlagen müssten! Deshalb wird heuer auch nicht auf das IP, wie in all den Jahren zuvor, noch etwas darauf gesattelt, sondern von zuletzt 749 Mio. auf 721 Mio. abgeschmolzen, wobei ohnehin jeder weiß, dass diese Beträge  aus vielerlei Gründen nie abgearbeitet werden könnten. Die Haushaltsreste lassen grüßen!  Auch der Anstieg der Schulden ab 2021 ist deshalb letztlich auch nur dem haushalterischen Regelwerk geschuldet, der aber nicht Wirklichkeit werden wird.

Ein Schwerpunkt der Koalition lag und liegt auch im aktuellen IP im Bereich Schulen, für den fast 153 Mio. angesetzt sind.

Damit werden zahlreiche Neu- und Umbauten, sowie Generalsanierungen finanziert.

Gut angelegtes Geld, weil es Investitionen in die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder sind!

Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu stärken, wurden seit Beginn der Stadtratsperiode zahlreiche Kinderbetreuungseinrichtungen geschaffen, allein im IP sind 13 Neu- und Erweiterungsbauten vorgesehen.

Die Koalition hat auch die Sozialpolitik neu ausgerichtet:

Weg von einer Politik der sozialen Kälte, hin zu einer Politik, die näher am Menschen ist, näher an all jenen, die nicht in der 1. Reihe unserer Gesellschaft stehen.

Um diesen Menschen ein Stück weit Mobilität und Teilhabe zu ermöglichen, haben wir den Sozialpass eingeführt. Wir haben Tarifungerechtigkeiten bei den Mitarbeitern des Sauren Gockel und zuletzt bei den Busfahrern beseitigt und so dem Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ Geltung verschafft. Zahlreiche befristete Arbeitsverhältnisse wurden in unbefristete umgewandelt, um diesen Menschen eine planbare Zukunft zu ermöglichen.

Der größte Brocken im Investitionsprogramm ist mit fast 167 Mio. der Bereich Bau-, Wohnungswesen und Verkehr, die in den Ausbau und die Verbesserung unserer Infrastruktur fließen.

Damit leisten wir einen substantiellen Beitrag zur  nachhaltigen Verbesserung der Qualität und Attraktivität des Standortes Regensburg.

Allerdings ist die Leistungsfähigkeit unserer innerstädtischen Verkehrsinfrastruktur an ihren Grenzen angelangt; kein Wunder bei jährlich gut 2000 Neubürgern und 80 000 Einpendlern täglich.

Eine der Kehrseiten der Attraktivität unserer Stadt.

Weil der vorhandene Verkehrsraum zwar optimiert, nicht aber erweitert werden kann, muss dieser neu geordnet und zwischen MIV einerseits und ÖPNV, Radfahrern und Fußgängern andererseits neu aufgeteilt werden.

Natürlich wird auch auf absehbare Zeit noch das Auto das vorherrschende Verkehrsmittel sein, weil wir uns die Welt nicht schönreden und die Menschen nicht umerziehen können. Nicht Verbotsorgien sind angesagt, sondern optimale und attraktive Angebote, die die Menschen dazu bewegen vom Auto auf den ÖPNV oder das Fahrrad umzusteigen.

Deshalb muss die Attraktivität des ÖPNV in den nächsten Jahren, bis wir die Stadtbahn haben, noch deutlich gesteigert werden, etwa durch eigene Busspuren, Taktverdichtungen und eine Optimierung vorhandener Buslinien.

Die bereits zu 100 % elektrifizierte Altstadtlinie soll künftig die Altstadt nicht mehr durchfahren, sondern in einem engen Ring ohne Bindung an Taktzeiten umkreisen, die weiterführenden Linien sollen sternförmig daran angeschlossen werden. Das Schienennetz der Bundesbahn muss um zusätzliche Haltepunkte erweitert und so zu einem S-Bahn-System ausgebaut werden.

Die Koalition hat den Radverkehr durch die Öffnung des Alleengürtels und der Altstadt bereits nachhaltig gestärkt. Lückenschlüsse im Radwegenetz sind in der Grünthaler Straße und im Unterislinger Weg, Brücken für den Geh- und Radverkehr von Weichs zum Gieser Spitz und von Regensburg nach Sinzing im IP vorgesehen, um nur einige, zwar wichtige, aber wenige Beispiele daraus zu nennen.

Durch die Übernahme der Ziele des Bürgerbegehrens „Radentscheid Regensburg“ wird zwar das Rad nicht völlig neu erfunden, aber sicher der Auf- und Ausbau des Radwegenetzes beschleunigt und optimiert werden können. Vielleicht kann ja auch im Zusammenhang damit der Kern der Altstadt ein Stück weit den Fußgängern wieder rückgegeben werden.

Eines der drängendsten Probleme der vergangenen Jahre war und wird wohl auch auf absehbare Zeit noch die Frage sein, wie schaffe ich mehr und vor allem bezahlbaren Wohnraum.

Es kann und darf nicht sein, dass für den Normalverdiener eine angemessene Wohnung zum Luxusgut wird, für das er einen Großteil seines Einkommens ausgeben muss.

Zwar sind in den letzten Jahren viele neue Quartiere mit tausenden neuer Wohnungen, wie Candis, Marina und Dörnberg entstanden; auch wurden von der Koalition  - ohne Anspruch auf Vollständigkeit – zahlreiche Neubaugebiete, wie die Nibelungenkaserne, Brandlberg, Königswiesen- Nord oder das Lerag -Gelände entwickelt, zwei weitere Areale wurden als urbane Gebiete ausgemacht und ein Nachverdichtungsprogramm beschlossen. Die Eigenkapitalausstattung bei der Stadtbau wurde durch städtische Grundstückseinlagen verbessert. Im IP ist für das kommunale Wohnungsbauprogramm ein hoher einstelliger Millionenbetrag angesetzt. Bei den Baugenehmigungen nimmt Regensburg bayern- ja sogar bundesweit einen Spitzenplatz ein. Zuletzt haben wir die 20 % Quote für geförderten Wohnraum auf 40 % angehoben.

In der Prinz-Leopold- und Pionierkaserne allein werden bis zu 1000 neue, preisgünstige Wohnungen entstehen, 60 % davon öffentlich gefördert, auch Genossenschaften sollen dort zum Zuge kommen.

Dank des Führungswechsels bei der Stadtbau werden wir deren Rolle als soziales Instrument städtischer Wohnungsbaupolitik noch weiter schärfen können, etwa in dem wir gesetzlich vorhandene Spielräume für Mieterhöhungen bei Neu- oder Bestandsmieten nach Sanierungen weniger als bisher ausreizen, weil unsere städtische Tochter nicht wie ein privates Wohnungsbauunternehmen auf Gewinnmaximierung, sondern auf den Bau maximal vieler und maximal günstiger Wohnungen ausgerichtet seien muss, ohne freilich am städtischen Finanztropf zu hängen.

Bei größeren Grundstücksarealen muss es unser Ziel sein, diese in städtischem Eigentum zu halten oder durch Ankauf zu bekommen, um sie dann im Rahmen einer Konzeptausschreibung selbst zu entwickeln, um am Ende den Regensburgerinnen und Regensburgern möglichst günstige Miet-Wohnungen anbieten zu können. Aber auch dort, wo uns der Ankauf nicht gelingt, sollten wir in Zukunft über die bereits bekannten Instrumente hinaus Investoren an den Gemein- und Folgekosten einer Bebauung beteiligen, damit die Wertsteigerung, die eine solche Baurechtschaffung mit sich bringt, mehr als bisher auch der Allgemeinheit zu Gute kommt.  

Zu guter Letzt möchte ich mich bei all jenen entschuldigen, denen gegenüber ich mich in dieser Stadtratsperiode im Eifer des Gefechts zuweilen unangemessen verhalten habe.

Bedanken möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats für die gute Zusammenarbeit.

Bei der Stadtverwaltung, allen voran der Referentin und den Referenten und den Amtsleiterinnen und den Amtsleitern für die Hilfe und Unterstützung bei unserer Stadtratsarbeit, ohne die wir unserem Wählerauftrag nicht hätten gerecht werden können.

Bedanken möchte ich mich auch bei den aktuellen und ehemaligen Mitgliedern des Koalitionsausschusses,  dem früheren Fraktionsvorsitzenden der SPD, Herrn Norbert Hartl, seinem Nachfolger Dr. Klaus Rappert, bei der Fraktionsvorsitzenden der Grünen Frau Margit Kunc und dem Fraktionsvorsitzenden der FDP, Herrn Horst Meierhofer für die kollegiale und konstruktive Zusammenarbeit, die menschlich wie auch politisch hervorragend und reibungslos all die Jahre funktioniert hat.

Zu guter Letzt möchte ich mich bei den beiden Bürgermeistern bedanken, bei Herrn Bürgermeister Jürgen Huber, für den fairen Umgang auch in schwierigeren Zeiten und bei Ihnen, Frau Maltz-Schwarzfischer, für ihre ausgleichende und moderierende Art,und zu aller Letzt bei Ihnen allen für ihre Geduld und Aufmerksamkeit.