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Haushaltsrede Referent für Wirtschaft, Wissenschaft und Finanzen und Stadtkämmerer, Dieter Damminger

-Es gilt das gesprochene Wort-

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrates,
sehr geehrte Kollegin und Kollegen Referenten,
liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Verwaltung,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

I.

Lassen Sie mich heute bitte mit einem Dank an meine Kolleginnen und Kollegen der Stadtkämmerei beginnen. Es ist ihnen gelungen, meine Vorgabe zu erfüllen, das Haushaltspaket 2020 in die November-sitzung des Stadtrates einzubringen. Viele Abende und einige Wochenenden wurden dafür geopfert, dieses wiederum umfang­reiche Werk ordnungsgemäß zusammen zu stellen. Danke für diesen außerordentli­chen Einsatz.

Auch für mich ist dieser Tag durchaus ein besonderer, darf ich doch meine letzte Haushaltsrede vor Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren des Stadtra­tes, halten. Am 31.12. dieses Jahres endet meine 34-jährige Tätigkeit für die Stadt Regensburg, 14 Jahre davon als berufs­mäßiges Stadtratsmitglied.

Keine Sorge, ich werde keinen Rundum­schlag veranstalten, sondern meiner Linie treu bleiben, Ihnen meine Einschätzung der Rahmenbedingungen und die wich­tigsten Fakten des vorliegenden Haus­haltspaketes erläutern.

II.

In meiner letztjährigen Haushaltsrede habe ich schon dargestellt, dass die sich ab­zeichnenden Handelskonflikte, insbeson­dere zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und China, aber auch zwi­schen Amerika und Europa, wirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Auswirkungen auf Regensburg haben kön­nen bzw. werden.

Die weltwirtschaftliche Entwicklung ist nach wie vor ge­prägt durch eine Politik zunehmender Ab­schottung, von Schutzzöllen und Sanktio­nen der Staaten untereinander. Die Philo­sophie des freien Handels ist zunehmend in Frage gestellt worden. Dies war und ist aber nicht eine theoretische Diskussion, sondern die Ankündigungen wurden auch in die Tat umgesetzt.

Ich will hier jetzt nicht eine volkswirtschaft­liche Debatte beginnen, aber in meinem Studium habe ich gelernt, dass der freie Handel die beste Grundlage für Wohlstand der Beteiligten ist; selbstverständlich sind dabei aber auch Regeln einzuhalten.

Die Eingriffe der Politik in den Welthandel haben dazu geführt, dass wir in einer zu­nehmend volatilen, unbeständigen, komplexen und mehrdeutigen Welt leben. Dafür hat sich der Begriff „VUCA-World“ etabliert für volatility, uncertainty, complexity, ambiguity. [1]

Eine zweite einschneidende Veränderung, die sich auf viele Lebens- und Wirtschafts­bereiche auswirkt, ist die Klimadiskussion. Der vielfältig ausgeprägte Automobilstand­ort Regensburg ist nachhaltig von den Ver­änderungsprozessen, die in sehr kurzer Zeit stattfinden sollen, betroffen, so dass dies zu disruptiven Entwicklungen führen kann.

Diese Umstände führen auch zu Unsicher­heit und nachlassender  Bereitschaft, in Deutschland zu investieren.

Jens Weidmann, Vorsitzender des Vor­standes der Deutschen Bundesbank wird in einem Artikel in der Süddeutschen Zei­tung vom 21.10.2019 folgendermaßen zi­tiert:

„Investitionen sind eine Wette auf die Zu­kunft. Wenn man unsicher ist, was die Zu­kunft bringt, wartet man ab und investiert nicht“.

III.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Regensburg ist ein Standort, der auf den internationalen Märkten vertreten ist. Un­sere Unternehmen, nicht nur die sog. Glo­bal Player, sondern auch viele mittelständi­sche, haben einen hohen Exportanteil.

Dies zeigt auch die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Unterneh­men auf; darauf dürfen wir durchaus stolz sein.

Auch unsere überdurchschnittlich hohen Gewerbesteuereinnahmen in den letzten Jahren verdanken wir diesem Umstand. Den in letzter Zeit geäußerten Bedenken, dass wir uns zu stark auf international tä­tige Unternehmen konzentriert hätten, möchte ich hier auch klar widersprechen. Ohne diese Aktivitäten unserer Unterneh­men hätten wir unseren derzeitigen Wohl­stand nicht erreichen können. 

In meiner Haushaltsrede 2018 habe ich  angekündigt, dass wir aufgrund der dargestellten Entwicklungen mit einer „Delle“ bei den Einnahmen aus der Gewer­besteuer rechnen müssen. Ich gebe zu, dass wir mit einem Rückgang in dieser Höhe anfangs nicht gerechnet haben. 50 Mio. € weniger in 2019 ist schon eine tiefe Delle.

Ich habe Sie, meine Damen und Herren des Stadtrates, unverzüglich und mehrmals über die Situation und Entwicklung auf dem Laufenden gehalten und werde nunmehr auf die Auswirkungen für die nächsten Jahre eingehen.

IV.

Der Ihnen vorliegende Entwurf des Haus­haltes 2020 weist ein Gesamtvolumen von 937.249.100 € aus, davon 694.617.600 € im Verwaltungshaushalt und 242.631.500 € im Vermögenshaushalt. Das Volumen ver­größert sich gegenüber dem bestehenden Plan 2019 um 65,3 Mio. €, das sind 7,5 %.

Die Verteilung, insbesondere der Ausga­ben nach Einzelplänen, ist eine unspekta­kuläre Weiterentwicklung, ohne gravie­rende Veränderungen. Der Einzelplan 4, Soziale Sicherung, umfasst im Verwal­tungshaushalt gut 186 Mio. € bzw. knapp 27 % und ist damit wie in 2019 volumen­mäßig der größte Einzelplan.

Das Investitionsprogramm 2019-2023 liegt bei 721,3 Mio. € und ist damit um 27,5 Mio. € geringer als im der­zeit noch gültigen. Dabei haben sich die Schwerpunkte der Investitionen nicht ver­ändert. In dem Bereich Bau- und Woh­nungswesen, Verkehr sollen 166,6 Mio. € investiert werden, gefolgt vom Schulbe­reich mit 152,7 Mio. €

In der nachfolgenden Debatte wird sicher wieder vorgebracht werden, dass dieses hohe Volumen auch bei einer stei­genden Personalkapazität nicht abgear­beitet werden kann. Ja, das ist so! Das In­vestitionsprogramm ist zum einen eine Willenserklärung der Politik, zum anderen zeigt es aber auch die Notwendigkeit der Investitionen in den verschiedenen Berei­chen auf. Ich möchte auch heuer wieder betonen, dass alle gesellschaftlichen Be­reiche bedacht worden sind, wenngleich die beiden erstgenannten deutlich ausge­prägt sind.

In den vorberatenden Fachausschüssen wurden alle Vorhaben dargestellt, diskutiert und beschlossen. Insoweit bitte ich um Verständnis, dass ich hier nicht mehr auf einzelne Vorhaben eingehen werde. Die Verwaltung wird weiterhin mit großem En­gagement die Realisierung der Vorhaben angehen.

V.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf nun zu dem Thema Finanzierung des Haushalts und des Investitionspro­gramms kommen. Hier gibt es gegenüber den letzten Jahren deutliche Veränderun­gen.

Ich habe schon dargestellt, dass heuer die Einnahmen aus der Gewerbesteuer nach unten angepasst werden mussten, was ich Ihnen auch mit dem Nachtragshaushalt im Juli vorgelegt und empfohlen habe.

Wir verfolgen die Meinungsäußerungen und Publikationen von Sachverständigen­rat, Bundesregierung, Arbeitskreis Steuer­schätzung etc. sehr aufmerksam. Die aktuellen Rahmenbedingungen, die ich kurz am Anfang meiner Rede be­lichtet habe, zu denen sicherlich auch die weiterhin bestehende Unsicherheit eines geordneten Brexit gehört, erschweren belastbare Prognosen. Nachdem das Wachstum der deutschen Wirtschaft in den vergangenen drei Monaten 0,1 Prozent betragen hat, ist Deutschland volkswirtschaftlich erstmals seit sieben Jahren nur knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 15. November 2019 werten deutsche Ökonomen die aktuellen Quartalszahlen als „Hoffnungsschimmer“. Timo Wollmershäuser, Konjunkturchef des Ifo-Instituts wird von der Süddeutschen wie folgt zitiert: „Erst verbesserten sich die Erwartungen und jetzt verbessert sich auch die Konjunktur“: Ich will nicht verhehlen, dass es in der Experteneinschätzung zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und den denkbaren Handlungsoptionen auch durchaus konträre Sichtweisen gibt.

Zudem ist bekannt, dass die Gewerbesteuer sehr abhängig von den Gegebenheiten der jeweiligen Kommune ist. Dies zeigt auch die Veröf­fentlichung des Bayerischen Städtetages zu den Steuereinnahmen der kreisfreien Städte.

Die beiden „Ausreißer“ im 1. Halbjahr 2019 gegenüber 2018 sind die Stadt Erlangen mit 323 % Steigerung und Regens­burg mit 31 % Rückgang.

Nach Auswertung aller zugänglichen Mei­nungen und eigener Bewertung der aktu­ellen Situation in Regensburg schlagen wir Ihnen vor, auch im Jahr 2020 von einer Gewerbesteuereinnahme von 170 Mio. € auszugehen, die dann in der mittelfristigen Finanzplanung gemäß den Angaben des Arbeitskreises Steuerschätzung der Bun­desregierung fortgeschrieben wird. Die „Delle“ ist nach unserer derzeitigen Auffas­sung keine Eintagsfliege, sondern kann ei­nige Jahre anhalten, wenn die derzeitigen Rahmenbedingungen – insbesondere in der Handelspolitik – bestehen bleiben. Wir fahren insoweit auf Sicht und können dann auch kurzfristig reagieren.

Dies führt aber dazu, dass in der mittelfris­tigen Finanzplanung eine - und ich betone - fiktive Verschuldung abgebildet werden muss. Fiktiv deshalb, da wir realistischer-weise davon aus­gehen müssen, dass das Ihnen vorlie­gende Investitionsprogramm nicht abgear­beitet werden kann.

Nach unseren heutigen Planungen werden die Schulden von heuer 81,8 Mio. € auch im nächsten Jahr 2020 leicht reduziert auf 79,6 Mio. €. Darin sind – wie Sie wissen – ca. 70 Mio. € Kredite enthalten - die in kostenrechnende Einrichtungen investiert worden sind und durch die Gebührenerhe­bung getilgt werden können.

In 2021 und besonders in 2022 und 2023 müssten bei Abarbeitung des gesamten In­vestitionsprogrammes dann Kredite aufge­nommen werden bis zu einer Höhe von 252 Mio. €. Gleichzeitig werden in der Planung – bis auf notwendige Vormerkungen – zum Ende 2021 die Rücklagen aufgebraucht sein. Ich betone hier ausdrücklich nochmals die „fiktive“ Nettokreditaufnahme.

Bitte verste­hen Sie mich nicht falsch, ich will als Stadt­kämmerer das Thema nicht verharmlosen, da würde ich meiner Aufgabe nicht gerecht werden. Aber bedenken Sie bitte auch, dass die Stadt in 2006, als ich das Amt übernommen habe, einen Schuldenstand von 287 Mio. € hatte. Wir hatten – außer beim Rückgang der Gewerbesteuer auf­grund der Finanzkrise 2008 auf 2009 -, eine lange Periode der außerordentlich hohen Steuereinnahmen. Deshalb konnten wir ein immer steigendes Investitionsniveau mit laufenden Steuereinnahmen und Rückla­gen finanzieren und gleichzeitig den Schuldenstand deutlich abbauen. Dass dies kein „Naturgesetz“ ist, haben wir alle gewusst.

Sollten wirklich Kredite aufgenommen werden müssen, sind diese aktuell und auch in den nächsten Jahren zu besonders günstigen Zinsen mit langer Laufzeit zu erhalten.

Wir müssen lernen mit der jetzigen Situa­tion zurecht zu kommen und – Sie erinnern sich an meine jährlichen Worte – die Bo­denhaftung und Demut beibehalten.

Es ist nach meiner Überzeugung aber auch unsere Aufgabe, den Lebens- und Wirt­schaftsstandort funktions- und konkur­renzfähig zu halten und die nötigen und unabweisbaren Investitionen zu tätigen. Bei Ihnen, meine Damen und Herren Stadt­räte, bleibt die Aufgabe, die richtigen Prio­ritäten zu setzen. Alles was wünschbar ist, wird nicht zu finanzieren sein.

VI.

Lassen Sie mich abschließend meine letzte Haushaltsrede aus meiner Referatssicht mit wenigen Punk­ten beenden:

1) Der Standort Regensburg ist im regio­nalen, überregionalen und internationalen Vergleich gut aufgestellt.

2) Die intensive Kooperation von Wissen­schaft, Wirtschaft und Verwaltung hat Re­gensburg zu einem wettbewerbsfähigen Standort entwickelt.

3) Die gesellschaftlichen Veränderungen und internationalen Entwicklungen werden ständig große Herausforderungen darstel­len, auf die sich Regensburg vorbereiten und einstellen muss. Es muss der Mut vor­handen sein, sich diesen Entwicklungen zu stellen und Neues zu wagen.

Meine Damen und Herren, mir hat die Tä­tigkeit bei der Stadt Regensburg als Lauf­bahnbeamter und seit 14 Jahren als Referent für Wirtschaft, Wissenschaft und Finanzen große Freude bereitet.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu meinem vorliegenden Haushaltspaket.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!