Verleihung der Silbernen Bürgermedaille an Frau Ilse Danziger
Mit Magistratsbeschluss vom 30.4.1913 wurde die Silberne Bürgermedaille geschaffen. Die Auszeichnung kann an Persönlichkeiten verliehen werden, die sich in besonderer Weise um das Wohl oder das Ansehen der Stadt Regensburg verdient gemacht haben. Die Gesamtzahl der lebenden Inhaber der Goldenen und Silbernen Bürgermedaille soll 25 nicht überschreiten
In diesem Jahr hat der Stadtrat beschlossen, Frau Ilse Danziger mit der Silbernen Bürgermedaille auszuzeichnen.
Sehr geehrte Frau Danziger,
seit vielen Jahren sind Sie Mitglied im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Regensburg und eine Persönlichkeit, die den offenen Dialog zwischen der Gemeinde und der Stadtgesellschaft sucht. Dabei treten Sie stets für ein friedliches Miteinander der Religionen ein.
Geboren in Passau, lernten Sie 1968 in Regensburg Ihren Ehemann, den ehemaligen Kürschner David Danziger, kennen. Praktisch von diesem Zeitpunkt an begann Ihre Arbeit für die Jüdische Gemeinde in unserer Stadt.
Bereits sechs Jahre nach der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entwickelte sich langsam wieder eine jüdische Kultur und jüdisches Gemeindeleben in Regensburg, wenn auch die Mitgliederzahl eher gering war.
Die meisten der jüdischen Flüchtlinge, die 1945 nach Regensburg kamen, wanderten entweder nach Palästina oder in die Vereinigten Staaten aus, und so war der Beginn Ihres Engagements für die Gemeinde durchaus von Sorgen um den Erhalt der jüdischen Kultur in Regensburg geprägt.
Das hatte nicht zuletzt Auswirkungen auf den Alltag in Erziehung und Bildung. Für Ihre Kinder gab es in den 1980 er Jahren keinen Religionslehrer, und letztendlich mussten Sie bei Ihrer Suche erfolglos aufgeben.
Auf Bitten der damaligen Vorstände Otto Schwerdt und Hans Rosengold kümmerten Sie sich im Folgenden um die Schule und den Kindergarten der Gemeinde in Regensburg.
Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs sollte sich einiges für eine der ältesten jüdischen Gemeinden im deutschsprachigen Raum ändern. Zahlreiche Spätaussiedler aus den sowjetischen Teilrepubliken kamen nach Regensburg, die die Mitgliederzahl auf etwa 1000 ansteigen ließen.
Liebevoll kümmerten Sie sich von Beginn an um jeden einzelnen der Aussiedler, organisierten Deutschkurse und halfen den Menschen, sich in Deutschland zurechtzufinden und zu integrieren.
Sie leisteten ein Vielfaches dessen, was durch die staatliche Förderung abgedeckt wurde. Der Erfolg gab Ihnen Recht. Mehrere hundert Kontingentflüchtlinge wurden schnell Teil des Zusammenlebens in Regensburg.
Seit 30 Jahren sind Sie Mitglied im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Regensburg. Sie traten damals die Nachfolge von Hans Rosengold an und sind somit die erste, die den Holocaust des III. Reiches nicht mehr selbst erlebt hat – ein Umstand, wie Sie selbst sagen, der jetzt alle Jüdischen Gemeinden ereilen wird.
Sie haben das Erbe Ihrer beiden Vorgänger Otto Schwerdt und Hans Rosengold angenommen und wollen deren Vermächtnis weitergeben, die Historie und die Zukunft des jüdischen Lebens in Regensburg.
Dafür stehen Sie mit all Ihrer Kraft.
Zahlreiche Veranstaltungen im Gemeindehaus oder an verschiedenen Orten in Regensburg besuchen Sie regelmäßig. Unermüdlich erzählen sie vor allem Jugendlichen von der Kultur des jüdischen Glaubens in Regensburg, aber auch von der grausamsten Zeit dieser Stadt während der menschenverachtenden Herrschaft des Nationalsozialismus.
Stets konkret und eindringlich – nie in angreifender Weise, doch man muss wachsam sein gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, besonders in diesen Tagen.
Eine besondere Herausforderung ist auch der derzeitige Bau der Neuen Regensburger Synagoge, die das im Jahre 1912 eröffnete und 1938 von den Nationalsozialisten zerstörte Gebetshaus ersetzen soll. Mit Selbstverständlichkeit engagieren Sie sich im Vorstand des Vereins „Neue Regensburger Synagoge e. V.“, damit für die Jüdische Gemeinde, die diese Stadt wesentlich mitgeprägt hat, wieder ein Platz an zentraler Stelle geschaffen wird.
Hans Rosengold hatte einmal persönlich zu Ihnen gesagt: „Du musst das jetzt für uns zu Ende führen“. Dieses Vermächtnis tragen Sie in Ihrem Herzen und arbeiten mit aller Kraft daran. Ihr Engagement gilt aber nicht nur der Jüdischen Gemeinde in Regensburg, Sie sind darüber hinaus Vizepräsidentin des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern und Mitglied im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks.
Sehr geehrte Frau Danziger,
Sie sind eine Kämpferin für jüdisches Leben in Regensburg, aber auch eine Frau, die den Ausgleich sucht zwischen den Religionen – zwischen den Menschen. Damit sind Sie eine eindrucksvolle Botschafterin für ein friedliches Miteinander in unserer Stadt.
Der Stadtrat der Stadt Regensburg hat Ihnen aufgrund Ihres bedeutenden Einsatzes für das gesellschaftliche Miteinander in Regensburg die Silberne Bürgermedaille verliehen. Zu der Auszeichnung gratuliere ich Ihnen sehr herzlich.