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Haushaltsrede Fraktionsvorsitzender Benedikt Suttner, ÖDP

Rede von Benedikt Suttner, Fraktionsvorsitzender der ÖDP, anlässlich der Haushaltsdebatte im Plenum des Stadtrats am 13.12.2018

Es gilt das gesprochene Wort.

Wir haben Glück! 
Wir haben Geld!
Wir können Schulden abbauen und wir können politisch gestalten und Investitionen tätigen.
Wir sind in einer komfortablen Position.
Doch, das ist nicht alles. Wir müssen auch aufpassen. 

Wir verfolgen täglich einen Gerichts-Prozess der uns direkt oder indirekt betrifft.

Es geht dabei darum, ob ein paar wenige mehr Einfluss auf die Politik haben, als alle anderen. Es geht um Glaubwürdigkeit, und damit um das Wichtigste in der Politik überhaupt.

Der Kern des Übels scheint eine Art von Pflege zu sein.

Diese Art der Pflege hat aber nichts mit Mitmenschlichkeit zu tun, wie man das allgemeingültig unter Pflege versteht. Nein, es ist eine verdammt tückische Pflege, die hier seit Jahren um sich greift.

Diese Pflege nennt sich „politische Landschaftspflege“. 

Es scheint, als glaubten beide Großparteien, so angeschlagen, so geschwächt zu sein, dass sie von Bauträgern politisch gepflegt werden müssen.

Sie glauben oder glaubten, dass die gesetzliche Pflege nicht mehr ausreicht, dass stattdessen die private Pflege das Maß aller Dinge ist. 

All das passiert in einer Stadt, der es zwar wirtschaftlich gut geht,

in der jedoch sowohl Mangel als auch Übermaß herrschen:

  • Mangel an bezahlbarem Wohnraum
  • Mangel an Freiflächen für Natur und Erholung
  • Übermaß an Auto- und LKW-Verkehr
  • Übermaß an Luftschadstoffen und Klimagasen

Wie gesagt, der Blick in die Geldschatulle des Kämmerers ist schön. Doch es gilt aufzupassen, dass uns dieser Blick den Blick für das nicht vernebelt, was politisch mit zu bedenken ist:

Ich möchte Sie alle deshalb heute ermutigen, auf Ihre Parteien ein gutes Jahr vor der nächsten Kommunalwahl mit drei Anliegen einzuwirken:

  1. endlich zu Firmenspenden klar nein zu sagen,
  2. Versuche, Spenden zu stückeln sofort zu unterbinden und
  3. sich über ihre Bundesverbände vehement für eine Änderung des Parteispendengesetzes einzusetzen.

Wir brauchen andere Regularien, damit die „politische Landschaftspflege“ geächtet statt weiterhin eingefordert wird.

Sorgen Sie dafür, dass die politische Landschaft wieder mit Ideen statt mit Firmen-Geld gepflegt wird!

Und damit komme ich zum eigentlichen Haushalt!

Im letzten Jahr wies ich darauf hin, dass die Arbeit am Flächennutzungsplan immer weiter aufgeschoben wird. Heute nehme ich positiv zur Kenntnis, dass im Juni dieses Jahres einstimmig die Vorarbeiten zur Neuaufstellung des Stadtentwicklungsplans beschlossen wurden. Die Arbeit an diesem Plan dauert, sie wird uns in den nächsten Jahren begleiten und diese vorausschauende Arbeit spornt uns als ÖDP-Fraktion an, Ideen beizutragen. 

Diese konnten wir unter dem Überbegriff „Zukunftsfähige Stadtraumgestaltung“ vor kurzem den Medien vorstellen.

Schließlich brachten wir im Jahr 2018 als Dreier-Fraktion über 18 Anträge in die Ausschüsse ein und bewiesen damit dass uns das Ringen um Lösungen ein großes Anliegen ist.

Die Messlatte unserer Ideen ist stets die Nachhaltigkeit und die Förderung der Lebensbedingungen dieser sowie der zukünftigen Generationen.

Einige dieser Ideen fanden schon im Ganzen oder zumindest teilweise Zustimmung hier im Stadtrat. Lassen Sie mich auf die ein oder andere an dieser Stelle hinweisen. Auch sie haben schließlich unmittelbare Auswirkungen auf den Haushalt:

  • Ich sage Danke für erste politische Beschlüsse zu mehr Schulwegsicherheit. Kein Kind soll auf ein Elterntaxi mit dem Auto angewiesen sein. Dafür brauchen wir weitgehende Verkehrsberuhigung rund um unsere Bildungseinrichtungen. Zum Wohl unserer Kinder und ihrer Selbständigkeit!
  • Ich sage Danke für den einstimmigen Beschluss für eine Stadtbahn in Regensburg. Lassen Sie uns dieses Projekt so weit pflegen, dass die Stadtbahn zur Mobilitätsachse einer nachhaltigen Stadtentwicklung wird. Und lassen Sie uns Entwicklungsflächen sichern – entlang der Stadtbahnlinie!
  • Ich sage Danke für Ihr Ja zur Überarbeitung der Stellplatzsatzung. Wir brauchen eine Satzung, die der weiteren Versiegelung wertvollen Bodens durch Auto-Parkplätze Einhalt gebietet. Im Jahr 2018, in dem in Bayern täglich eine Fläche von 18 Fußballfeldern neu versiegelt wird, ist das ein ganz wichtiger urbaner Schritt.
  • Ich sage Danke für ihr Ja zu einem Verkehrsberuhigungskonzept für die Altstadt. Lassen Sie uns diesen Weg auch in Neubaugebieten von Anfang an beschreiten. Lassen Sie uns gemeinsam das Gebiet der Prinz-Leopold-Kaserne so weit wie möglich autofrei gestalten!
  • Ich sage Danke für Ihre Zustimmung zu mehr Fahrradstellplätzen am Hauptbahnhof. Jeder Radlstellplatz ist keiner zu viel!
  • Ich sage Danke für Ihr Ja zur Erstellung einer Freiflächensatzung. Ich bin gespannt, was uns Mitte kommenden Jahres vorgelegt wird. Ich freue mich auf ein gepflegtes Ringen um eine Satzung, die der Stadtplanung als scharfes Werkzeug dient.
  • Ich sage Danke für Ihre Fürsprache zu einem Bürgerhaushalt in Regensburg. Er böte die Chance, mehr Menschen für politisches Engagement in ihrem unmittelbaren Umfeld zu gewinnen. Wie beschlossen wollen wir in spätestens einem halben Jahr hier eine Verwaltungsvorlage sehen!
  • Ich danke an dieser Stelle meiner Kollegin Astrid Lamby und meinem Kollegen Joachim Graf für ihre vielen Impulse zu Anträgen und Initiativen und unserem Fraktionsassistenten Hannes Eberhardt für seine kontinuierliche aufmerksame Arbeit im Hintergrund.
  • Ich danke Ihnen als Vertreter anderer Fraktionen und Gruppierungen für Ihre Zustimmung zu einigen unserer Anträge.
  • Ich danke speziell der Bürgermeisterin für ihre des Öfteren gezeigte Bereitschaft zu Kompromissangeboten bei ÖDP-Anträgen.
  • Und ich danke all den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung. Sie sind es, die unsere Beschlüsse ausführen müssen. Und sollten Sie merken, dass das ein oder andere im Stadtrat in eine falsche Richtung, also nicht zum Wohl unserer Stadt, läuft, scheuen Sie sich nicht, auch von ihren Rechten Gebrauch zu machen und bei Ihren Vorgesetzten zu drängen: Unsere Referenten haben ein eigenes Antragsrecht, das wahrzunehmen, auch dafür sind sie gewählt.

Und weil ich an die Handlungsfähigkeit des Kollegialorgans Stadtrat, quer über Koalitionsgrenzen hinweg glaube, möchte ich die Chance nutzen, um für weitere Ideen zu werben, die wir als ÖDP-Fraktion im kommenden Jahr voranbringen wollen.

  • Wir brauchen im Baubereich die ständige Wiederholung der Frage „Was nützt der konkrete Bau den Menschen dieser Stadt? Welchen Mehrwert schafft er für die Allgemeinheit?“
  • Wir brauchen eine Stadtbau, die ihre Rolle im Sinne der öffentlichen Daseinsvorsorge wirklich ausüben kann. Die Schlagworte für die Stadtbau heißen in unseren Augen „Haushaltsgelder freischaufeln“ und „politische Aufträge beschließen“. Allein ein Wechsel an der Stadtbauspitze ist zu wenig. Wir müssen politische Rahmenbeschlüsse fällen. Das ist unser aller Job. Und das sollten wir nicht den paar Vertretern im Aufsichtsrat überlassen!
  • Wir brauchen Gestaltung und Einflussnahme durch die Politik, um private Bauprojekte im Sinne der Allgemeinheit zu beeinflussen:

Da geht es

  • um Sozialquoten,
  • um Bodenbevorratung,
  • um Erbbaurechte,
  • um Bebauungspläne statt nach dem 34-er-Paragraphen,
  • also um Beteiligungen an den Infrastrukturkosten
  • um kleinteilige Parzellierungen,
  • um Mobilitätsmanagement,
  • um soziale Bodennutzung,
  • um klare Auflagen für die Umwidmung von Arealen im Flächennutzungsplan
  • usw.

Trotz des Drucks auf dem Wohnungsmarkt muss es uns statt um reinen Siedlungsbau um die städtebauliche Planung und Entwicklung von ökologisch und sozial nachhaltigen Quartieren gehen.

  • Wir brauchen das Planen mit nachhaltigen Baumaterialien , mehr Holzbau und die Forderung nach Qualität statt Quantität in der Nachverdichtung.
  • Wir brauchen die Sonne als Energietank. Mit einem ambitionierten Ausbauplan für die Photovoltaik auf öffentlichen, gewerblichen und privaten Gebäuden in unserer Stadt kann das Solardachkataster endlich aus seiner Schublade gezogen werden!
  • Wir brauchen mehr Tempo 30, endlich Radschnellwege und kreuzungsfreie Radrouten.
  • Wir brauchen den Erhalt statt die weitere Zerstörung der letzten Frischluftschneisen in dieser Stadt.
  • Wir brauchen Anreize und Vorgaben für Betriebe wenn es um nachhaltige Mobilitätskonzepte geht. Danke an die Betriebe, die hier erste Ansätze liefern!
  • Wir brauchen eine Verwaltung, in der neue Konzepte ämterübergreifend und teilweise revolutionär erdacht werden. Wir brauchen die Stärkung von kreativen Ideen, egal auf welcher hierarchischen Ebene.
  • Wir brauchen Kostentransparenz bei Aufträgen von Anfang an. Wird der Preis zu Beginn zu gering geschätzt, hilft das niemandem. Eine vorsichtige, aber konservative Kostenangabe ist hier besser angebracht als ständige Nachträge und Kostensteigerungen.

Aufgrund der hohen Ausgaben für die Daseinsvorsorge, insbesondere für die Schulen, aufgrund erster Schritte zu einem höherwertigen ÖPNV im kommenden Jahr stimmen wir dem Haushalt 2019, dem Stellenplan, den freiwilligen Leistungen und aufgrund des weiteren Schuldenabbaus der mittelfristigen Finanzplanung zu.

Aufgrund vieler offener oder noch bisher zu zögerlich aufgemachter Baustellen fordern wir eine nachhaltige Priorisierung und eine Überarbeitung der enormen Investitionen und lehnen das Investitionsprogramm weiterhin ab.